Samstag1. November 2025

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GroßbritannienKritik an Premier Starmer nach immer neuen Personalquerelen

Großbritannien / Kritik an Premier Starmer nach immer neuen Personalquerelen
Der britische Premierminister Keir Starmer (l.), mit im Hintergrund seiner Bildungsministerin Bridget Phillipson, schafft es nicht, seiner Amtszeit eine reibungslosere Wendung zu verleihen Foto: Toby Melville/Pool/AFP

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Wenn nur der September endlich zu Ende wäre! Der sollte eigentlich der britischen Regierung einen „Neuanfang“ bringen, wie Premierminister Keir Starmer am ersten Tag nach der Sommerpause vollmundig verkündete.

Stattdessen taumeln der Regierungschef und seine erst seit 14 Monaten regierende Partei von einer Krise in die andere – und widmen sich einer intensiven Nabelschau bis tief in den Oktober hinein: Erst dann wird feststehen, wer die neue Vizevorsitzende der Labour-Party sein wird. Die Amtsinhaberin Angela Rayner musste vor einer Woche wegen einer Steueraffäre zurücktreten.

An diesem Wochenende aber gibt es für die politisch Interessierten auf der Insel erst einmal nur zwei Themen. Kommende Woche steht der Staatsbesuch von US-Präsident Donald Trump auf dem Programm. Dass der Unberechenbare und auf der Insel hochgradig Unbeliebte nicht allzu viel Porzellan zerschlägt, dafür sollte neben anderen Peter Mandelson sorgen. Den früheren Minister und EU-Kommissar, vor allem aber Strippenzieher par excellence hatte Starmer eigens als Botschafter nach Washington geschickt, damit dieser dort mit Hilfe seiner glänzenden Kontakte für gut Wetter im Weißen Haus sorgen würde.

Aus und vorbei: Wie der Problem-Prinz und Königsbruder Andrew stolperte Mandelson über seine frühere Freundschaft zum verstorbenen New Yorker Sexualverbrecher Jeffrey Epstein. Immer neue Enthüllungen der Medien zwangen Starmer am Donnerstag zum Handeln, gerade mal sieben Monate nachdem er den einst als „Fürst der Finsternis“ verschrienen 71-Jährigen Richtung Washington in Marsch gesetzt hatte. „Viel zu viele Fehler“ mache der Regierungschef, heißt es in der Labour Party, sein Mangel an Urteilsvermögen werde zunehmend zur Belastung.

Die unappetitlichen Kontakte Mandelsons zum mittlerweile verstorbenen Finanzjongleur Epstein bescherten der konservativen Oppositionsführerin Kemi Badenoch zum ersten Mal seit ihrem Amtsantritt vor zehn Monaten einen Sieg über Starmer. Eindringlich und mit guten Argumenten versehen, forderte sie den Premier am Mittwoch im Unterhaus zur Entlassung des Botschafters auf. Dieser leiste gute Arbeit und habe „mein volles Vertrauen“, entgegnete der Regierungschef. Knapp 24 Stunden später veröffentlichte das Foreign Office eine knappe Mitteilung: „Der Premierminister hat die Außenministerin gebeten, Mandelson mit sofortiger Wirkung als Botschafter abzuberufen.“

Politische Instinktlosigkeit

Nicht nur stand Starmer wieder einmal als urteilsschwach und wankelmütig da. Die Begründung für die Entlassung – neu aufgetauchte E-Mails, in denen Mandelson Zweifel an Epsteins Verurteilung wegen Sexualdelikten äußerte – ist auch nur begrenzt glaubwürdig.

Wer den Beteuerungen eines „besten Kumpels“ (O-Ton Mandelson) Glauben schenkt, wird naturgemäß ein negatives Gerichtsurteil nicht unbedingt für korrekt halten. Jedenfalls ließ sich der stets Luxus-orientierte Labour-Mann, wie übrigens auch Prinz Andrew, weiterhin zu kostenlosen Aufenthalten in Epsteins luxuriöse Absteigen einladen, selbst als sein Freund gerade im Gefängnis saß. Diese politische Instinktlosigkeit war bekannt, seit die Investmentbank JP Morgan 2019 die Verbindungen ihres einstigen Großkunden offenlegte.

Delikat ist die Entlassung wenige Tage vor dem Großereignis eines Staatsbesuches nicht nur aus organisatorischen Gründen. Die Mandelson-Affäre schiebt auch den mittlerweile toxischen Namen Epstein wieder in die Öffentlichkeit, was der Besucher doch unter allen Umständen vermeiden will. Denn das Gratulationsbuch, in dem sich Mandelson 2003 an den gerade 50 Jahre alt gewordenen Epstein anbiederte, enthält allem Anschein nach auch warme Worte, eine primitive Zeichnung und die Unterschrift von niemand anderem als Donald Trump, was dieser allerdings als „fake news“ abtut.

Keine fröhlichen Zeiten in Aussicht

Unterdessen formieren sich in der Labour-Party die beiden Lager der Kandidatinnen um den Vizeposten in der Nachfolge der zurückgetretenen Angela Rayner. Deren Posten als Vize-Regierungschefin hat Starmer vorsichtshalber an Justizminister David Lammy vergeben. Zur Wahl stehen nun die Bildungsministerin Bridget Phillipson sowie die gerade erst vor Wochenfrist aus der Regierung geworfene Abgeordnete Lucy Powell. Deren Wahl wäre eine Peinlichkeit für den Chef. Starmer hat die bisher für Labours Gesetzgebungsprogramm zuständige Ex-Ministerin entlassen und öffentlich als inkompetent dargestellt, während andere Minister nur versetzt wurden.

Nun stehen der Premier und sein Stabschef Morgan McSweeney unter massivem internen Beschuss. Beim Parteitag Ende des Monats dürfte der ganze Zorn der Basis-Aktivisten gegen die Regierenden deutlich werden. Für Zündstoff sorgen Themen wie Israels Gaza-Krieg und die britische Haltung dazu, das Null-Wachstum der lahmenden Wirtschaft bei steigender Inflation, die einstweilen ausbleibenden Verbesserungen im Nationalen Gesundheitssystem NHS, die immer höheren Sozialausgaben. Bis zur Haushaltsvorlage Ende November droht eine kontroverse Debatte darüber, wie Finanzministerin Rachel Reeves die neuen Milliardenlöcher in der Staatskasse stopfen kann.

Viel fröhlicher wird die Stimmung also auf absehbare Zeit nicht werden.

Grober J-P.
12. September 2025 - 20.47

Freund Gregory aus Manchester sagt, Our „soidisant “political Elite is degenerating constantly, pour England, the brave are in heaven!
„Hätten wir nur unseren Winston zurück“. Ist das jetzt Nostalgie oder kennt er die gesamte Geschichte nicht?
Habe gesagt, nicht nur "puuur" England. Konnte ihm kein Land zum auswandern nennen. Vor dem Brexit wollte er immer nach Bordeaux oder Biaritz. Bleib da weg, mit 800 £ Rente findest du vielleicht einen Platz im Sabaou!