Freitag31. Oktober 2025

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Domaine TageblattEndlich selber lesen: Wie wir mehr als zwei Tonnen Trauben von den Reben holten

Domaine Tageblatt / Endlich selber lesen: Wie wir mehr als zwei Tonnen Trauben von den Reben holten
Etwas erschöpft und sehr zufrieden: das Tageblatt-Team im Weinberg Foto: Editpress/Alain Rischard

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Nach neun Monaten im Weinberg war es am Samstag endlich so weit. Wir konnten unsere Rivaner-Trauben lesen. Das Ergebnis erstaunte nicht nur uns, sondern auch unsere Winzer von der Familie Kox.

Am Ende hat es länger gedauert, als die Winzer Corinne und Laurent Kox uns vorhergesagt hatten. Das lag an uns, bestimmt. Wenn Hobbywinzer ihre erste Lese hinter sich bringen, ist der genaue Ausgang schwer vorauszusagen. Das lag aber auch am Wetter. Nicht dem vom Samstag (na gut, vielleicht ein bisschen – immerhin hatten wir nach anfänglichem Nebel, passend zum für uns doch sehr feierlichen Termin, strahlenden Sonnenschein), sondern vor allem am Wetter während der vergangenen Monate – das unseren Reben offenbar so gut bekam, dass sie prächtig gediehen sind. Und wodurch wir eine Menge Trauben vor uns hatten, mit der niemand ernsthaft hatte rechnen können.

Auf den Nebel am frühen Samstagmorgen folgte bald strahlender Sonnenschein
Auf den Nebel am frühen Samstagmorgen folgte bald strahlender Sonnenschein Foto: Editpress/Alain Rischard

Am Ende unserer samstäglichen Schicht im Weinberg, bei einem Stück Flammkuchen im Hof des Domaine Kox in Remich, lieferten uns Gabelstapler und Waage die Gewissheit: 2.601 Kilogramm Rivaner-Trauben hatten wir in den Stunden zuvor säuberlich von den Reben geschnitten, wenig zimperlich in schnell schwer werdende Bottiche gefüllt und diese die steilen Hänge unserer kleinen Parzelle in Remich hinunter zum wartenden Traktor bugsiert. Tatkräftig unterstützt von Laurent und Corinne Kox (Vater und Tochter), dem kleinen Théo (nachdem er sich mit zwei Croissants gestärkt hatte) und Familienfreund Joël war es für uns vom Team „Domaine Tageblatt“ – wir waren zu 13 zu Werke an diesem Morgen – ein sehr spezieller Termin: unser letzter im Weinberg, weiter geht es nun im Weinkeller. Unter die Freude, es so weit geschafft zu haben, mischte sich anfangs also auch eine leichte Nostalgie. Die aber schnell wich – merklich zeitgleich mit dem Schweiß, den die Arbeit in dem steilen Hang uns rasch auf die Stirn trieb.

„Huet een eng Plooschter?“

Bei der telefonischen Vorbesprechung hatte Laurent Kox uns noch mit auf den Weg gegeben, dass wir einen Verbandskasten mitbringen sollten. Was wir anfangs für einen Scherz hielten, stellte sich als nicht verkehrt heraus, wenn mehr als ein Dutzend Novizen sich mit Gartenscheren durch steile Hänge arbeiten. Und dass das gut mitgedacht war, bestätigten wir dem Winzer bereits um fünf vor neun. „Huet een eng Plooschter?“, rief es plötzlich. Und wie es wohl nur beim Tageblatt möglich ist, hatte sich der Fotograf verletzt – der einzige, der an diesem Morgen ohne Schere unterwegs war. Alles war aber halb so schlimm und Alain schnell verpflastert – sodass dem kleinen Théo später noch Zeit blieb, ihn zu fragen: „Firwat méchs du just Fotoen?“ Dementsprechend: Für Gelächter war auch an diesem Tag im Weinberg gesorgt. Wie an all jenen zuvor auch.

Das Team Tageblatt, der Ertrag einer Lese und Winzer Laurent Kox
Das Team Tageblatt, der Ertrag einer Lese und Winzer Laurent Kox Foto: Editpress/Alain Rischard

Die Lese haben wir nun also hinter uns. Ein bedeutender Schritt für uns, doch noch längst nicht das Ende unseres Weges. Aus den Trauben muss ja erst noch Wein werden. Rückblickend bleibt trotzdem schon festzuhalten: Wer hätte das noch vor wenigen Monaten gedacht, als mein Co-Chefredakteur Chris Schleimer mit der „Domaine Tageblatt“-Idee kam und Cédric Feyereisen, Leiter unseres Lokalressorts, sie mit ihm gemeinsam plante? Chris und Cédric und die vielen Redaktionsmitglieder, die immer wieder begeistert mit bei der Sache waren, haben dafür geackert und nicht zuletzt viele spannende Stunden abseits des Büros miteinander verbracht.

Seien wir ehrlich …

Editpress-Generaldirektorin Michelle Cloos und Winzerin Corinne Kox
Editpress-Generaldirektorin Michelle Cloos und Winzerin Corinne Kox Foto: Editpress/Alain Rischard

Aber seien wir ehrlich, dass wir Anfang September und nach nicht gezählten Stunden im Weinberg sowie lehrreichen Terminen beim „Institut viti-vinicole“, in der Ackerbauschule, im Landwirtschaftsministerium, dem Besuch von Ministerin Martine Hansen in unserem Weinberg, dem Austausch mit interessierten Leserinnen und Lesern, auf der „Fête des vins et crémants“ auf dem Glacis und einem Stand beim „Wäimoart“ in Grevenmacher sowie einem Besuch im Schweizer Weinbauinstitut in Wädenswil, wo wir uns die Rivaner-Urrebe anschauten, die dort Müller-Thurgau heißt, ja, dass wir nun mit der Aussicht auf derart viele Flaschen Rivaner da stehen, haben wir uns vielleicht ein klitzekleines bisschen erträumt – erwartet haben wir das nicht. Es wäre auch anmaßend gewesen. Umso größer ist die Freude jetzt. 

2.601 Kilo Trauben haben wir am Samstag aus unserem „Wéngert“ geschnitten. Seit November vergangenen Jahres berichten wir wöchentlich, immer mittwochs, und per Newsletter von unserem Weg von der Traube zum Wein. Eine gewichtige Etappe ist jetzt geschafft. Aber es geht weiter. Chris erzählt kommende Woche, wie viele Liter Wein wir haben werden und ob es dank der Menge vielleicht Spielraum für ein paar kleine Experimente gibt. Am Sonntag nach der Lese war er bereits im Weinkeller des Domaine Kox. Ein bisschen was erzählt hat er auch schon. Eine Sache kann ich bereits verraten: Es wird dreckig.


Drei Fragen an: Winzerin Corinne Kox

Tageblatt: Corinne, wir sind ganz schön stolz auf uns. Wir haben das richtig gut gemacht, oder?

Corinne Kox: Die Stimmung war super! Aber ich habe schon eine gewisse Dynamik beobachtet. Einige waren supermotiviert, andere sind es lockerer angegangen (Warum fühle ich mich gerade angesprochen?, Anm. d. Red.). Trotzdem: Das war zu easy für euch. So eine Schönwetter-Traubenlese entspricht nicht unbedingt der Realität. Eigentlich habe ich euch eine viel schwierigere Erfahrung gewünscht (lacht). Denn stellt euch mal vor, ihr macht das fünf Tage die Woche und euer „Wéngert“ ist nicht so schön wie dieser hier. Dann müsst ihr die richtigen Trauben auswählen. Und wenn eine Selektion nötig ist, wird es gleich viel komplizierter, dauert erheblich länger – und macht entsprechend weniger Spaß. Ich habe euch wirklich etwas Schwierigeres gewünscht!

Eigentlich wolltet ihr auch noch früher anfangen und wir haben uns am Ende auf acht Uhr morgens geeinigt. Warum die Eile?

Das hat Qualitätsgründe. Je früher der Tag, desto niedriger die Temperaturen. Die Frische im Saft hilft dabei, ihn stabil zu halten. Die Trauben gehen dann nicht gleich in die Gärung. Das Aroma bleibt so in der Beere drin und das geht in den Traubensaft über. Kurzum: All das erhöht die Aussicht auf einen besseren Wein.

Tatkräftige Helfer mit viel Fachwissen: Joël, Théo und Corinne
Tatkräftige Helfer mit viel Fachwissen: Joël, Théo und Corinne Foto: Editpress/Alain Rischard

Ich habe schon schlechtere Gründe gehört, einen frühen Wecker zu stellen. Aber zurück dazu, dass du uns schwierigere Bedingungen gewünscht hättest. Wie sieht es denn in euren anderen Weinbergen aus, wie geht es den anderen Rebsorten? Und macht ihr die ganze Lese, so wie wir heute, nicht maschinell und nur per Hand?

Ja, wir lesen nur per Hand. Das hat ganz praktische Gründe. Wir produzieren viel Crémant – und die Trauben dafür dürfen nicht maschinell gelesen werden, das ist so reglementiert. Was die restliche Lese angeht, haben wir vor zwei Wochen angefangen. Aber vor allem, um mal zu schauen. Richtig begonnen haben wir am Dienstag. Das wird jetzt alles ganz schön stressig. Wir haben dieses Jahr wirklich viele Trauben. Es regnete nicht in die Blüten, so dass diese, wie wir sagen, gut durchgegangen sind. Und wir hatten weniger Krankheiten als im vergangenen Jahr. Der Ertrag wird also höher liegen. Aber fast alle Trauben sind gleichauf. Sogar der Riesling, der sonst später reif ist, will schon gelesen werden. Alles kommt miteinander, schneller als sonst. Das werden jetzt richtig stressige Tage für uns. Aber wir freuen uns drauf. Eine große Menge an Trauben bedeutet immer auch, dass wir viel experimentieren können – und das macht richtig Spaß!