Die Schaumstoff-Waffe mitsamt LED-Effekten ist eingepackt. 1,85 Meter misst sie in vollem Umfang. Für die Reise nach Buenos Aires muss sie in mehrere Teile zerlegt werden, der Wiederaufbau erfolgt vor Ort, genau wie Maske, Perücke und das aufwändige Make-up. Am 7. September wird Jéson alias Jazou Cosplay Belgien und Luxemburg beim Yamato Cup, einem der ältesten und bekanntesten Cosplay-Wettbewerbe, vertreten. Im April ging der junge Mann aus Mons, der sich ebenfalls für Natur und Kochen interessiert, beim Japan Day in Arlon als „dauphin“ hervor – und rückt nun für den Erstplatzierten, Orriix, nach. Dieser verzichtet wegen beruflicher Verpflichtungen auf die Teilnahme und drückt seinem „dauphin“ nun die Daumen. Doch dieser Tag in Arlon war reich an Emotionen.
Cosplay – leicht erklärt
Cosplay ist ein Bereich der Performance Art und kann, stark vereinfacht, als Do-it-yourself-Theater oder als Kombination von Schauspiel und Handarbeit bezeichnet werden. Im Vordergrund steht die Liebe zum dargestellten Charakter, der aus allen möglichen Bereichen stammen kann. Obwohl das Hobby häufig mit Japan oder Manga in Verbindung gebracht wird, waren die ersten Cosplayer US-Amerikaner und Science-Fiction-Fans. Bei der Luxcon 2025 waren sogar Cosplayer des „Roude Léif“ vertreten. In Japan wurde es popularisiert und internationale Wettbewerbe wie der World Cosplay Summit finden dort statt. Posen sind wichtig, Kostüme können gekauft, teilweise oder komplett selbstgemacht sein. Der Yamato Cup wurde in den 2000er-Jahren in Brasilien ins Leben gerufen und feiert nun sein großes Comeback in Argentinien. Hier müssen die Kostüme und Vorführungen fast vollständige Eigenproduktionen sein. Wann? Ab 18.30 Uhr (MESZ). Wo? Auf dem Instagram-Konto @yamatocosplaycup.
Was war passiert? Wie beim kommenden Yamato Cup trat er als Kayn aus dem Videospiel „League of Legends“ auf. Doch aufgrund eines technischen Fehlers wurde das falsche Video im Hintergrund abgespielt. Die Performance spielt eine wichtige Rolle bei Cosplay-Wettbewerben: Detaillierte Videos mit selbst gesprochenen Texten sowie komplette Sets mit Requisiten sind mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme. „Statt der End-Performance wurde der Entwurf abgespielt“, berichtet der Do-it-yourself-Fan. „Ich hatte nie dazu geprobt und musste improvisieren. Nach dem Auftritt dachte ich mir: Das ist ein Komplettversagen. Ich bin danach in Tränen ausgebrochen.“
Vielleicht meinte es das Schicksal doch gut mit ihm, denn genau für diese Fähigkeit, auf der Stelle zu improvisieren, erntete er viel Lob. Eine Jury vergibt Punkte in verschiedenen Kategorien, die von der Verarbeitung der Nähte bis hin zur Verständlichkeit des Erzählten reichen – und die Kriterien beim „concours confirmé“ beim Japan Day in Arlon gelten, im Gegensatz zum für alle zugänglichen Wettbewerb, als besonders rigoros. „Eine große Überraschung“, meint Jéson, der stets bescheiden bleibt und sich als Anfänger bezeichnet. Erst vor knapp drei Jahren hat ihn das Cosplay-Fieber gepackt. „Ich hätte nie damit gerechnet.“
Der Charakter Kayn ist häufig seine erste Wahl beim Spielen von „League of Legends“. Jemanden cosplayen, den er nicht kennt, käme nicht infrage. Als „Persönlichkeit, die immer hundert Prozent gibt und bis ans Äußere geht“ bezeichnet er den Schattenkrieger. „Er hat es mir ermöglicht, an Selbstvertrauen zu gewinnen“, sei aber nicht ohne Fehler: „Sehr selbstbewusst, vielleicht auch etwas zu viel.“ Vorher sei der 28-Jährige das komplette Gegenteil gewesen: Er habe viel an sich gezweifelt. Dieses Mal ist jedoch Mut gefragt, denn zum ersten Mal überhaupt wird der Belgier in ein Flugzeug steigen. Besonders fasziniert ihn „der mentale Kampf, den Kayn mit seiner Waffe führt: Der eine versucht, den anderen zu beherrschen.“

Schneiden, bauen, modellieren
Jéson verrät dem Tageblatt, wie das Kernstück des Kostüms, Waffe und Rüstung, zustande gekommen ist. Die Vorlage hat er selber an seinem eigenen Körper erstellt, doch auch Papierschnittmuster können verwendet werden. Das Material – hier EVA-Schaumstoff – wird per Cutter der Vorlage entsprechend ausgeschnitten und mit Kontaktkleber zusammengesetzt. Per Heißluftföhn kann es auch erhitzt und modelliert werden. Anschließend folgen ein bis zwei Schichten Grundierung, mehrere Farbschichten mitsamt Effekten und ein matter oder metallischer Lack.
Die Perücke hat eine Freundin geschnitten und gestylt. „Das ist das Tolle am Cosplay: Jeder hat so seine Stärken. Einige sind besser im Nähen, andere im Bauen von Rüstungen, andere im Performen. Wir teilen dieses Universum miteinander und können uns gegenseitig helfen.“ Besagte Freundin hat auch beim Nähen geholfen – etwas, das Jéson erst vor Kurzem erlernt hat. „Ich wollte mich weiterentwickeln“, sagt er, „dass alles von mir kommt. Außerdem ist es sehr praktisch im Alltag.“ Und in der Tat: In kaum einem anderen Bereich wie im Cosplay trifft man auf so viele Männer, die nähen.
Was erwartet die luxemburgischen und belgischen Supporter nun beim Yamato Cup? Sehr physisch soll es werden, mit viel Bewegungen und Nutzung der gesamten Bühnenfläche, aber auch einer mitreißenden Geschichte. „Ich habe mich viel mit der Art, wie sich Kayn bewegt, und seiner Mimik befasst“, sagt der Do-it-yourself-Fan. Am ursprünglichen Auftritt hat er wenig geändert, er verspricht jedoch eine verbesserte Version. Die Dialoge hat er von Anfang an selber geschrieben und aufgenommen, inklusive der Stimmen im Off. Ob KI eine Hilfe gewesen wäre? Jéson gibt zu, dass er einen kurzen Versuch damit gestartet hat. „Doch mit KI gab es keine Emotionen.“
Genau darauf kommt es ihm aber an. Denn so professionell es bei internationalen Cosplay-Wettbewerben wie dem Yamato Cup, mit Konkurrenten aus u.a. Italien und Uruguay, zugeht, für Jéson steht der Spaß im Vordergrund. Er denkt selber nicht, dass er das Level für ein solches Turnier habe. „Ich gehe in erster Linie dahin, um mich auszutoben und diese schöne Chance zu nutzen.“ Doch ein Versprechen hat er: „Ich möchte für Belgien und Luxemburg alles geben.“
De Maart


















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