Die Haare im Nacken zu einem strengen Knoten gesteckt, strenger Blick hinter der dicken Brille, graue Kleidung. Und dann mit dem Zeigefinger vor dem Mund ein lautes „Psst!“: Das Klischee der Bibliothekarin hält sich wacker, auch im 21. Jahrhundert. Dabei sind Bibliotheken heute weitaus mehr als einfache Lesesäle. Und Bibliothekare keine langweiligen Leseratten. Davon kann man sich auch in Luxemburg überzeugen. Am Freitag jedenfalls feiert die Jugendorganisation der Bibliothekare, Archivare und Dokumentaristen, kurz „Jonk BAD“, ihren zehnten Geburtstag.
„Unsere Berufe sind nicht so bekannt und wir sind nicht besonders viele“, erklärt Emilie Bissener, Sekretärin der Jonk BAD, im Gespräch mit dem Tageblatt, an dem auch Präsident Alexej Graf und Kassenwartin Julie Sauerwein teilnehmen. Sie alle sind Studenten, obwohl Alexej Graf sein Bibliotheks- und Informationswissenschaftsstudium vor einigen Monaten abgeschlossen hat und nun auf Jobsuche ist. „Studiengänge in unserer Sparte gibt es an der Uni Luxemburg nicht, wir müssen im Ausland studieren, was die Sache nicht einfach macht“, sagt er. „Genau deshalb sind wir da, um die Schüler über die Möglichkeiten eines Studiums im Bereich des Bibliothekswesens, der Archivistik oder Dokumentation aufzuklären“, ergänzt Julie Sauerwein.
Jedes Jahr werden unzählige Stellen in unserem Bereich ausgeschrieben. Gleichzeitig haben lediglich drei von uns ihr Studium in diesem Sommer abgeschlossen.
Die aktiven Mitglieder von Jonk BAD, momentan sind es 15, gehen also auf die im Oktober stattfindende Studentenmesse und in Schulen, um die Jugendlichen über die Berufe und Studienmöglichkeiten aufzuklären. In anderen Worten: um Werbung für ihre Berufssparte zu machen. Dass das nötig ist, unterstreicht Alexej Graf: „Jedes Jahr werden unzählige Stellen in unserem Bereich ausgeschrieben. Gleichzeitig haben lediglich drei von uns ihr Studium in diesem Sommer abgeschlossen.“

Seit 2018 hat Luxemburg ein Archivgesetz. Darin werden Verwaltungen aufgefordert, ihre Dokumente gemäß einem Klassifizierungssystem zu verwalten. Wobei die Pflege von Archiven kein Nebenjob ist, wie die drei betonen. Auch die Stadt Esch baut momentan ihr Archiv auf und schrieb vor rund zwei Jahren den Posten des Archivars aus. Ein solcher war aber nicht zu bekommen, weshalb schlussendlich ein Historiker eingestellt wurde. Dabei gibt es einen wesentlichen Unterschied, wie Emilie Bissener erklärt: „Unser Beruf ist es, Informationen zugänglich zu machen. Wir müssen wissen, wie wir an Informationen herankommen. Wir managen also Infos, bewerten sie aber nicht.“ Für Kontext und Bewertung sind die Historiker verantwortlich. Bei den Jobausschreibungen werden ebenfalls andere Berufsbezeichnungen wie Sekretär oder Administrator benutzt, was die Jobfindung nicht vereinfacht, ergänzt Alexej Graf.
Praxiserfahrung wichtig
Julie Sauerwein kam im Alter von 15 Jahren durch ihr schulisches Orientierungspraktikum erstmals mit der Berufssparte in Kontakt. Danach hatte sie immer wieder Schüler- und Studentenjobs. Nun absolviert sie den Lehrgang „Library and Information Studies“ in Österreichs Hauptstadt Wien. „Studentenjobs und Praktika sind in unserer Sparte sehr wichtig“, sagt sie. Auch und vor allem, um in Luxemburg Erfahrung zu sammeln. Denn: „Jedes Land hat ein etwas anderes System bei der Archivierung“, so Alexej Graf. Und alle drei wollen nach Abschluss ihres Studiums ins Großherzogtum zurückkehren. Weil man um die Wichtigkeit der Praxiserfahrung weiß, hilft die Jonk BAD auch bei der Suche nach einer Praktikumsstelle und bei der Bewerbung.
Vor allem ist man aber ein Studentenzirkel und informiert über die entsprechenden Studiengänge. Eine beeindruckende Liste der möglichen Studienorte halten die Mitglieder der Jonk BAD stets auf dem neuesten Stand. Dort sind Universitäten und Hochschulen in zwölf Ländern aufgeführt sowie ihre Studiengänge, unterteilt in Datenmanagement, Archivistik, Dokumentation und Bibliothekswissenschaften. Die meisten Mitglieder studieren in Deutschland, Belgien und Frankreich, aber auch Irland, Slowenien, Schweden oder Kanada bieten solche Studiengänge an. „Es gibt in Europa relativ viele Studiengänge, man muss nur wissen, wo man sie findet“, sagt Alexej Graf und resümiert damit die Hauptaufgabe der Jonk BAD.
„Jonk BAD“
Vereinigung der Luxemburger Studenten in Bibliothekswissenschaft, Dokumentation, Datenmanagement und Archivistik.
Kontakt: [email protected]
Interessierte Schüler müssen nicht auf einer A-Sektion sein, um Bibliothekar, Archivar oder Dokumentarist zu werden. „Alle Sektionen haben Vorteile für den Beruf. A-Schüler haben zum Beispiel den Vorteil der Sprache und der inhaltlichen Analyse, G-Schüler den des Allgemeinwissens. Und so geht es weiter quer durch alle Sektionen“, sagt Emilie Bissener. Aber natürlich sind Sprachen von Vorteil, schließlich gibt es in Bibliotheken nicht nur Bücher in Luxemburgs Amtssprachen zu lesen. Weil Luxemburg ein Land mit einer großen Sprachenvielfalt ist, sei jede Sprache von Vorteil, so Julie Sauerwein und Alexej Graf.
Bibliotheken als „Dritter Ort“
In Bibliotheken geht es aber längst nicht mehr „nur“ um das Lesen und Ausleihen von Büchern. Sie sind zu einem sogenannten „Dritten Ort“ geworden. Soziologen bezeichnen als „Dritter Ort“ einen Platz außerhalb des eigenen Zuhauses (Erster Ort) oder des Arbeitsplatzes (Zweiter Ort). Also ein Ort, an dem Menschen sich treffen und austauschen können sowie die Gemeinschaft gepflegt wird. „In einer Bibliothek gibt es keinen kommerziellen Druck, etwas zu kaufen. Sie lädt also zum Verweilen ein“, sagt Alexej Graf. Für Julie Sauerwein ist eine Bibliothek „ein Platz, wo man existieren kann“. Sie verweist ebenfalls auf Beispiele im Ausland, wie die „Library of things“ (Bibliothek der Dinge), in denen man Bohrmaschinen oder Instrumente ausleihen könne.
In der Nationalbibliothek steht ein Klavier in einem schallisolierten Saal, auf dem man üben könne. In der BnL findet heute auch die Feier zum zehnjährigen Bestehen von Jonk BAD statt. Neben einem historischen Rückblick wird es u.a. ein Rundtischgespräch mit dem Titel „Go BAD: Beruffsentwécklung an de leschten 10 Joer“ geben.
De Maart

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