Als wir am Freitag zwischen den Feldern bei Tarchamps stehen, neigt sich der August dem Ende zu. Eine kühle Brise weht am frühen Morgen über das Maisfeld, das meterhoch gegenüber den Weiden von Marc Koos liegt. Er ist Landwirt und im Gemeinderat der Stauseegemeinde. Auf seinem Gut hält er zurzeit etwa 50 Kühe für die Milchgewinnung. Doch heute geht es um die Bäume, die entlang der Weiden am Zaun stehen. Sie alle wurden im Rahmen des Programms „ReStruktur“ von der Stiftung „Hëllef fir d’Natur“ von „natur&ëmwelt“ gestellt. Derzeit wirbt die Stiftung mit der Aktion „Bam an d’Gewan“ dafür, weitere Bäume in das Gewann, also in den landwirtschaftlichen Raum, pflanzen zu wollen.

Alessandro Collarini arbeitet bei „natur&ëmwelt“ als Agraringenieur. Zusammen gehen wir am Freitagmorgen die junge Baumreihe entlang. Es handelt sich dabei vor allem um heimische Baumarten, darunter Ahorne, Kastanien oder verschiedene Sorbus-Arten. „Wichtig für uns ist, dass die Bäume in die Landschaft kommen“, sagt Collarini, „Wildkirschen werden auch gerne gepflanzt, weil diese gut alleine zurechtkommen.“
Die Wildobstbäume tragen zur Biodiversität in der Umgebung bei, da sie durch ihre Blüten und Früchte eine wichtige Nahrungsquelle für Insekten und Vögel darstellen, erklärt der Agraringenieur. Im Vergleich zu Kulturobstbäumen benötigen die Wildvarianten zudem kaum Unterhalt. Meistens würde die Stiftung ganze Baumreihen pflanzen, da die Landwirte die Bäume am liebsten am Rand ihrer Parzelle haben.
Schatten und Fliegenschutz

Ein Kleinwagen hält am Feldweg. Er gehört Bauer Koos. Er steigt aus und erzählt uns, wie ein Förster sich einmal darüber beschwerte, dass nach der Landumlegung im Jahr 1970 viele Bäume gefällt wurden. „Irgendwann sah ich die Anzeige von ‚Bam an d’Gewan’ im Lëtzeburger Bauer und ich habe gleich angerufen“, erzählt Koos. Später räumt er ein, dass auch seine Tochter die Entscheidung beeinflusste. Diese meinte, dass Nussbäume die Fliegen von den Pferden am Hof fernhalten würden. Die Fliegen sind immer noch da, doch jetzt stehen beinahe hundert Bäume auf dem Grundstück der Familie Koos-Berg. „Wir sind ja Naturleute“, sagt der Landwirt schmunzelnd. Zudem würden die Bäume Schatten für seine Kühe spenden.
Auch wenn die Aktion „Bam an d’Gewan“ vor allem Landwirte und Personen mit viel Grundstücksfläche anvisiert, können sich auch andere Eigentümer bei der Stiftung „Hëllef fir d’Natur“ melden, um einen Baum zu erhalten. Laut Collarini ist das wichtigste Kriterium, dass sich das Grundstück in einer Grünzone befindet. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, kann ein Baum bereits innerhalb eines Monats gepflanzt werden. Die Einpflanzung werde immer im Winter und meistens von sozialen Unternehmen, wie z.B. „Comité national de défense sociale“ (CNDS), „Fonds pour l’emploi“ oder „ProAktiv“ durchgeführt. Auch die Jahre nach der Pflanzung würden die Eigentümer weiterhin unterstützt werden, selbst wenn ein Baum beispielsweise ersetzt werden müsste. Die Setzlinge sind Collarini zufolge meist zwischen zwei und drei Jahren alt und stammen zum Teil aus dem eigenen Anbau vom „NaturService“ in Schwebsingen. Andere müssten bestellt werden.
Pro Jahr pflanzt die Stiftung durch die Aktion landesweit zwischen 100 und 150 Bäume. Die Kosten für die Pflanzung liegen laut Collarini je Baum zwischen 250 und 300 Euro. Zwei Drittel des Preises gehen dabei auf die Arbeitszeit und die Schutzstruktur zurück. Seit 2024 und bis 2028 wird die Pflanzung der Bäume vom staatlichen Umweltfonds finanziert.
Bäume gegen Hitzestress

Collarini zufolge sind die Auswirkungen des Klimawandels bereits spürbar. Immer mehr Landwirte pflanzen Bäume, damit ihre Tiere im Schatten Zuflucht vor der Hitze finden. Was auffällt: Vor allem Landwirte, die Vieh halten, wollen neue Bäume entlang ihrer Parzellen. So auch Roger Brachmond. Der Hobbyschafzüchter besitzt eine Parzelle bei Dahl. Der Weg dahin führt zwischen Maisfeldern hindurch. Als wir eintreffen, grasen die Schafe der Texel-Rasse auf der Weide, während Brachmond nach dem Rechten sieht. Auf seinem Grundstück stehen am Weg entlang mehrere Bäume. Sie alle wurden in den letzten Jahren gepflanzt. Der Schafzüchter erzählt, dass es wichtig sei, in Anbetracht des Klimawandels zu handeln. „Die Sommer sind wärmer geworden und die Bauern müssen verstehen, dass wenn es dem Tier gut geht, der Ertrag auch besser ist“, sagt er.
Stattdessen würden sich viele Bauern an den Bäumen stören, da sie dem Boden Nährstoffe entziehen. Mais oder Gras würden dann weniger hoch wachsen. Doch Brachmond sieht das anders: „Eine Kuh, die im Schatten steht, gibt mehr Milch als jene, die in der Sonne steht.“ Denn: Auch Tiere leiden unter Hitzestress. Aus diesem Grund hat er sich dazu entschieden, mehrere Bäume entlang seines Grundstücks einzupflanzen – sehr zum Unmut seiner Nachbarn, die ihren Ertrag dadurch gefährdet sehen. Der Züchter sorgt sich hingegen vor allem um das Wohl seiner Schafe.
Was ist ein Gewann?
Es handelt sich um Ackerstreifen, deren längliche Form auf die landwirtschaftliche Nutzung mit dem Pflug zurückgeht. Um das schwerfällige Wenden des Pflugs möglichst zu vermeiden, wurden die Parzellen in lange Streifen aufgeteilt. Der Begriff „wenden“ spiegelt sich im Wort Gewann wider.
Weitere Informationen zur Aktion „Bam an d’Gewan“:
E-Mail: [email protected]
Telefon: +352 29 04 04-323
De Maart

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