Mittwoch22. Oktober 2025

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EditorialGeschlechtertests im Sport: Ein Abstrich mit weitreichenden Konsequenzen

Editorial / Geschlechtertests im Sport: Ein Abstrich mit weitreichenden Konsequenzen
 Foto: AFP/Andy Buchanan

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Ab dem 1. September müssen alle Leichtathletinnen, die an internationalen Wettkämpfen teilnehmen wollen, per Gentest nachweisen, dass sie laut Definition weiblich sind. Weltverbandschef Sebastian Coe will durch diese Maßnahme einen fairen Wettbewerb garantieren und die „Integrität des Frauensports gewährleisten“.

Für den Leichtathletik-Weltverband ist es der nächste logische Schritt. Seit 2023 sind Transgender-Athletinnen, die eine männliche Pubertät durchlaufen haben, von den Wettkämpfen ausgeschlossen. Sportlerinnen mit zu hohen Testosteronwerten oder „Abweichung in der sexuellen Entwicklung“ (DSD) dürfen auch nicht mehr starten. Nun also kommen die Tests, die das Fehlen des SRY-Gens und damit die „Weiblichkeit“ einer Person nachweisen sollen.

Es ist eine Diskussion, die schon sehr lange hitzig geführt wird. Viele Kritiker prangern die Verletzung der Privatsphäre durch solche Tests an. Das Leben einer Frau kann sich durch die Offenlegung der Resultate von einem Tag auf den anderen verändern. Sie wird nicht nur von den Wettbewerben ausgeschlossen, sondern muss sich wahrscheinlich auch einen medialen und privaten Spießrutenlauf gefallen lassen. Auch heutzutage ist es nämlich durchaus möglich, dass eine Frau ein SRY-Gen hat, es aber nicht weiß. Die psychische Belastung, die durch den Eingriff in die Privatsphäre erzeugt wird, ist enorm. „Ich werde gezwungen, mich zu rechtfertigen, obwohl ich einfach nur ich bin“, sagte schon Caster Semenya. Die südafrikanische Mittelstreckenläuferin hatte Ende der 2000er-Jahre die Debatte über Gentests erst so richtig ausgelöst. 

Viele Sportler heißen die Methoden, die ab dem 1. September eingeführt werden, jedoch gut. Für sie ist es nichts anderes als ein Dopingtest. Die Sportler, die diese Meinung vertreten, tun dies auch, weil es um ihr eigenes Brot geht. Wer ein Finale verpasst und dadurch einen Sponsor verliert, weil eine laut ihnen verdächtige Athletin am Start ist, wird sich dagegen wehren wollen.

Von vielen Experten wird die Testmethode jedoch als unzureichend bewertet. Wer weiblich oder männlich ist, kann nicht durch diesen einfachen Speichel-Abstrich definiert werden. Die Forschung hat im Laufe der Jahre festgestellt, dass es viele „Zwischenkategorien“ gibt.

Für die Menschenrechte sind die neuen Regeln der „World Athletics“ mit Sicherheit ein Rückschritt. Ob mehr Fairness durch diese Tests geschaffen wird, ist auch mehr als fraglich. Fest steht nur, dass ein kleiner Speichel-Abstrich weitreichende Konsequenzen privater Natur für einen Menschen haben kann. Und das sollte es eigentlich im Sport nicht geben.

In unserer Samstagsausgabe werden wir im Detail auf dieses Thema eingehen. Luxemburgs Spitzenathleten kommen zu Wort und im Artikel wird auch erklärt, wie diese Prozedur technisch abläuft.

Campagna Norbert
28. August 2025 - 22.03

Müssten dann auch im Sport alle diese ´Zwischenkategorien’ eingeführt werden? Der Bezug auf das SRY Gen ist objektiv, auch wenn der Speicheltest eventuell nicht immer zuverlässig sein kann. Was wäre die Alternative? Sollte man jeder Person erlauben, dort teilzunehmen, wo sie von ihrem subjektiven Empfinden her glaubt hinzugehören? Biologische Männer würden dann beim Frauenrugby mitmachen, mit grösseren Verletzungsrisiken für die biologischen Frauen. Ob Menschenrechte gefährdet sind, muss zunächst einmal gründlich aus ethischer Warte diskutiert werden und kann nicht einfach pauschal so behauptet werden. Es werden sicherlich Informationen über die Privatsphäre mitgeteilt. Aber geschieht das nicht auch, wenn ein Spitzensportler aufhören muss, weil man plötzlich ein Herzproblem entdeckt hat? Wer bestimmte Dinge unternimmt, muss damit rechnen, dass bestimmte Informationen über ihn oder sie bekannt gegeben werden, die für die Ausübung der Aktivität relevant sind.