Die konservativ-liberale Partei „Nationale Sammlung“ (KoK) hatte im Frühjahr unter ihrem Vorsitzenden Petteri Orpo die Wahlen gewonnen, da sie die angekündigte Sparpolitik mit dem Versprechen von 100.000 neuen Arbeitsplätzen verbunden hatte. Die harten Schnitte im Sozialwesen wurden und werden umgesetzt, doch immer mehr Finninnen und Finnen verlieren ihren Job.
„Ich möchte betonen, dass das Umfeld für Finnland derzeit sehr herausfordernd ist“ so der 35-jährige Marttinen, der weiterhin offiziell an den 100.000 neuen Arbeitsplätzen festhält. Als Begründung führt der jugendlich wirkende Minister die Zoll-Auseinandersetzungen zwischen den USA und der EU an, sowie der fortschreitende Einfluss der Künstlichen Intelligenz. Und er versprach Investitionen in die Berufsausbildung. Allerdings hat die Regierung hier bereits Kürzungen von 100 Millionen Euro umgesetzt.
Finnland ist im Umbruch – es herrscht eine starke Landflucht, da die klassischen Jobs in der Holzindustrie zurückgehen, traditionelle Unternehmen der Papierindustrie gehen derzeit pleite. Gleichzeitig findet ein starker Innovationsschub statt. Die UN nannte die Republik bereits 2022 das Land mit der höchsten technologischen Entwicklung weltweit. Doch diese Entwicklung in dem Land mit 5,5 Millionen Einwohnern kann die vielen Arbeitssuchenden nicht auffangen.
Auf der anderen Seite hat Finnland einen Wohlfahrtsstaat nach schwedischem Vorbild, wenn auch in einer schlankeren Version, der nun abgebaut wird, um das Haushaltsloch zu stopfen, das vor zwei Jahren noch auf 140 Milliarden Euro beziffert wurde.
Vor allem Frauen in Finnland, das sich Gleichberechtigung und Feminismus auf die Fahnen geschrieben hat, sind von Arbeitslosigkeit betroffen. Von den 64.000, die es an Erwerbstätigkeiten weniger nach Regierungsantritt gibt, sind 46.000 Finninnen. Der öffentlich-rechtliche Sender Yle erklärt dies damit, dass Frauen vor allem im sozialen Bereich tätig sind, wo die Regierung primär Stellen streicht.
Keine Steuererhöhung
Und ein Ende der Schnitte scheint nicht in Sicht: Finanzministerin Riikka Purra ist gerade aus dem Sommerurlaub zurückgekehrt und will für den kommenden Haushalt 900 Millionen Euro einsparen. Dabei soll vor allem auch bei den Unternehmensförderungen gestrichen werden. Zudem will sie den Bildungsrat, der das Schulwesen mitbestimmt, abschaffen, da er nach Ansicht der rechten Politikerin den Schülern „woke Ideologie“ vermittle. Die linke Opposition warf der ehemaligen Lehrerin deshalb „Trumpismus“ vor, zumal auch im Asylwesen eingespart werden soll.
Bezeichnend: Eine Steuererhöhung ist nicht vorgesehen. Die finnischen Sozialdemokraten, die bis 2023 die Regierung gestellt hatten, verweisen darauf, dass allein die wirklich Wohlhabenden von den Steuersenkungen profitieren. Die Kürzungen von Leistungen wie Arbeitslosenhilfe, die Verschärfungen der Bedingungen, jene in Anspruch zu nehmen, die Lockerungen des Kündigungsschutzes haben zum weiteren sozialen Abstieg der Einkommensschwachen geführt, wie die Gewerkschaft SAK meint, die von 100.000 Menschen ausgeht, die unterhalb der Armutsgrenze leben.
Der finnische Arbeitsminister glaubt nun, dass der private Konsum die Wirtschaft ankurbeln werde, während die Handelskammer des Landes auf 10.000 Entlassungen im Einzelhandel verweist. Auch die Staatsverschuldung soll dieses Jahr auf 85 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ansteigen.
Keine guten Prognosen aus dem Land, das die UN seit Jahren zum „glücklichsten der Welt“ kürt.
De Maart
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