Die Genauigkeit von Wettervorhersagen hat in den letzten Jahren immer wieder Anlass zur Diskussion gegeben. Besonders im Sommer, wenn unvorhersehbare Wetterphänomene auftreten, scheinen die Prognosen oft ungenau zu sein, und viele fragen sich: Warum ist das so?
Die Antwort liegt jedoch weniger in den Jahreszeiten als vielmehr in den komplexen meteorologischen Prozessen, die es den Wissenschaftlern erschweren, präzise Vorhersagen zu treffen, erklärt Philippe Ernzer von Météo Boulaide auf Tageblatt-Nachfrage. Dabei nennt er das klassische Beispiel vom Nebel, der vor allem im Herbst und Winter die Vorhersagen gerne mal durcheinanderbringt. Denn häufig wird berechnet, dass der Tag sonnig wird – und dann bleibt er aber trüb und grau. Die Sonne scheint dann oft nur in den Höhenlagen.
Kleine Phänomene – große Wirkung
Ein weiteres Phänomen, das die Wettervorhersage herausfordert, ist der sogenannte „Kaltlufttropfen“, auch als „Höhentiefs“ bekannt. Diese „Höhentiefs“, die in höheren Luftschichten entstehen und viel kälter sind als die umliegenden Druckgebiete, können am Boden für überraschende Regenfälle oder plötzliche Temperaturänderungen sorgen. Ihre genaue Bewegung sowie ihre Auswirkungen sind schwer vorhersagbar, was sie zu einem, wie Ernzer es nennt, „Haar in der Suppe“ macht. Es „eiert“ einfach herum – was es genau macht und wohin es zieht, sei schwer herauszufinden, sagt der Wetterexperte.
Besonders komplex sind auch die sogenannten „Randtiefs“. Diese entstehen am Rand größerer Tiefdruckgebiete und bewegen sich mit hoher Geschwindigkeit. Diese kleinen, aber schnell ziehenden Systeme können die Wetterlage maßgeblich beeinflussen, vor allem, wenn ihre Position nur um wenige Kilometer variiert. In kleinen Ländern wie Luxemburg können solche Verschiebungen erhebliche Unterschiede im Wetter verursachen. Randtiefs bergen immer eine große Unsicherheit, was regelmäßig dazu führt, dass man länger an einer Prognose arbeitet, so der Wetterexperte.
Die Problematik langfristiger Prognosen
Wetter-Apps auf Smartphones versprechen oft präzise Vorhersagen für bis zu 14 Tage im Voraus. Doch Meteorologen warnen: Solche langfristigen Prognosen sind äußerst unzuverlässig. Wie Ernzer erklärt, ist es in der Meteorologie derzeit nur möglich, das allgemeine Muster der Großwetterlage für den Zeitraum der kommenden 14 Tage vorherzusagen – also, ob es tendenziell mehr Hoch- oder Tiefdruckgebiete geben wird. Genauere Vorhersagen für einen bestimmten Tag oder eine bestimmte Stunde sind schlichtweg nicht machbar, da sich Wetterphänomene in dieser Zeitspanne noch zu sehr verändern können.
Am zuverlässigsten ist die Prognose für einen Zeitraum von ein bis drei Tagen, während die Genauigkeit bei komplexeren Wetterlagen wie Gewittern oder schnellen Randtiefs auf nur wenige Stunden begrenzt ist.
Nun könnte man sich die Frage stellen, warum Meteorologen trotz begrenzter Vorhersagegenauigkeit häufig auf „Langzeitmodelle“ zurückgreifen, um zum Beispiel eine Prognose für den kommenden Monat zu erstellen. Hier muss laut Ernzer klar differenziert werden: Es geht nicht darum, ein präzises Wetterereignis für einen bestimmten Tag vorherzusagen. Vielmehr dienen diese Modelle dazu, ein allgemeines Muster der Verteilung der Druckgebiete abzuschätzen. Diese Informationen ermöglichen es, Trends wie eine insgesamt kältere, wärmere, trockenere oder feuchtere Phase im Vergleich zum Durchschnitt zu erkennen.
Der Einfluss des Jetstreams
Der Sommer hat in den letzten Jahren immer wieder Überraschungen parat gehabt – extreme Hitzewellen oder plötzliche Regengüsse sind keine Seltenheit. Immer öfter taucht somit die Frage auf, ob das unvorhersehbare Sommerwetter und die stärkeren Wetterextreme ein Anzeichen für den Klimawandel sind. Ernzer betont, dass die variablen Sommermuster – wie wir sie auch in diesem Jahr in Luxemburg erleben – nichts Außergewöhnliches für Mitteleuropa sind. Es gibt jedoch Anzeichen dafür, dass längere Phasen mit stabilem Hochdruckwetter, die zu Hitzewellen und Trockenperioden führen, zunehmend häufiger auftreten.
Die Studienlage hierzu ist laut Ernzer noch umstritten. Doch dieser Trend könnte mit den Veränderungen im Jetstream zusammenhängen, einem starken Windband in acht bis zwölf Kilometern Höhe in der oberen Atmosphäre. Wenn der Temperaturunterschied zwischen Äquator und Nordpol kleiner wird, verlangsamt sich der Jetstream, wodurch sich Hoch- und Tiefdrucksysteme nur noch langsam oder gar nicht mehr bewegen. Dies kann entweder zu intensiven Hitzewellen oder, je nach Position des Großherzogtums, auch zu langen Regenperioden mit Hochwasserpotenzial führen.
Es sei allerdings noch schwierig, direkte Auswirkungen des Klimawandels auf einzelne Wetterereignisse zu erkennen, betont Ernzer. Bei lokalen Phänomenen wie Starkregen oder Überschwemmungen ist eine klare Zuordnung zu klimatischen Veränderungen derzeit nicht möglich. Die Forschung läuft jedoch, vieles werde derzeit beobachtet und statistisch festgehalten – was in Zukunft zu genaueren Aussagen führen sollte.
De Maart

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