Montag1. Dezember 2025

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Land der Nichtschwimmer?Alle Altersklassen betroffen: Viele können in Luxemburg nicht mehr richtig schwimmen

Land der Nichtschwimmer? / Alle Altersklassen betroffen: Viele können in Luxemburg nicht mehr richtig schwimmen
Angesichts sinkender Schwimmfähigkeiten wächst die Verantwortung derjenigen, die für die Sicherheit zuständig sind Foto: L'essentiel/Vincent Lescaut

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Die Nachricht lässt aufhorchen: Der Leiter der Rettungswache der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) am saarländischen Bostalsee, ein im Sommer viel frequentiertes Naturgewässer, beobachtet, dass viele Gäste nur noch schlecht schwimmen können. Das berichtet die Saarbrücker Zeitung am 19. Juli 2025. Gilt das auch für Luxemburg? Und wenn ja, was sind die Gründe? Wir haben nachgefragt.

Joseph Grüneisen (63) wundert das überhaupt nicht. 38 Jahre hat er selbst als „Schwammmeeschter“ neben diversen Beckenrändern verbracht. Zuletzt bringt er im interkommunalen Schwimmbad Monnerich/Dippach vor allem Schulkindern das Schwimmen bei. Er ist seit 2021 in Pension. Seit rund 20 Jahren vertritt er als Präsident der „Association luxembourgeoise des instructeurs de natation“ (ALIN), dem Berufsverband der Bademeister im Land, die Interessen seines Berufsstandes.

„Ich kann die Aussagen der DLRG nur bestätigen“, sagt er. Das gesunkene Schwimmniveau betrifft im Falle der Kinder nicht nur Grundschüler, sondern auch Lycée-Schüler. „Das melden mir die Mitglieder zurück“, sagt Grüneisen. Die ALIN hat in der Vergangenheit schon mehrfach darauf aufmerksam gemacht, dass es Probleme beim Schwimmen gibt. Nicht nur sie. Im Sinne der Kinder hat gerade zuletzt im März 2025 erst die „Fédération générale de la fonction communale“ (FGFC) einen Appell lanciert.

ALIN-Präsident Joseph Grüneisen
ALIN-Präsident Joseph Grüneisen Foto: Editpress-Archiv/Isabella Finzi

Bademeister fehlen

Unter dem Titel „Warum die Politik unsere Kinder im Stich lässt“ bemängelt sie, dass Kinder nicht mehr richtig schwimmen lernen, weil es an qualifiziertem Fachpersonal, sprich Bademeistern, im Land fehlt. Der Beruf ist unattraktiv geworden und es gibt zu wenige. In Grüneisens Augen sind drei weitere Gründe schuld an der Entwicklung. Viele Badegäste kommen neuerdings aus Ländern, in denen Schwimmen nicht zur Kultur gehört. „Sie haben keinen Bezug zum Element Wasser“, sagt Grüneisen.

Darüber hinaus fehlt es in diesen Ländern an jeglicher Infrastruktur, um das Schwimmen zu erlernen. Aber auch sie suchen an heißen Tagen Abkühlung in der Nähe von Badegewässern. Das betrifft Einwanderer aus dem Nahen Osten oder aus afrikanischen Staaten. Als zweiten Grund nennt Grüneisen die gesunkene Konzentrationsfähigkeit von Kindern. „Mitglieder melden mir zurück, dass sie viel öfter einschreiten müssen, um sich Gehör zu verschaffen, als noch vor zehn Jahren“, sagt Grüneisen.

Klassen zu groß

Manon Sagramola, Bademeisterin in Remerschen
Manon Sagramola, Bademeisterin in Remerschen Foto: Editpress/Alain Rischard

Größere Klassen kommen hinzu. „Es ist ein Unterschied, ob man mit zehn oder mit 15 Nichtschwimmern arbeitet“, sagt der ehemalige „Schwammmeeschter“ aus eigener Erfahrung. Er plädiert dafür, zusätzliche Schwimmlehrer im Schulunterricht einzusetzen.

Das ist die pädagogische Seite der Geschichte. Die praktische sieht ähnlich aus. „Das Schwimmniveau ist bei allen Altersgruppen gesunken“, bestätigen auch Praktiker wie Manon Sagramola (35). 

Sie ist seit 12 Jahren Bademeisterin und seit drei Jahren an den „Remerscher Baggerweieren“ für die Sicherheit der Badegäste verantwortlich. An sonnig-heißen Wochenenden kommen bis zu 3.000 Badegäste auf dem Gelände zusammen. „Die motorischen Fähigkeiten haben abgenommen“, sagt sie. „Wir sind heute alle viel digitaler als früher unterwegs.“ Auch sie beklagt, dass gerade im Falle von Kindern der Sport- und insbesondere der Schwimmunterricht zu kurz kommt.

Gesunkene Anforderungen

Außerdem sind die Anforderungen im schulischen Schwimmunterricht gesunken. „Es reicht oft schon, wenn sie sich über Wasser halten können“, sagt sie. „Das reicht nicht“, sagt ALIN-Präsident Grüneisen. „Nur über Wasser bleiben zu können, schlägt schnell in Panik um und dann kommt es zu Fehlern.“ Gute Schwimmer fühlen sich im Wasser wohl. Sie beherrschen das Element Wasser: Richtige Atmung, Drehungen und Wendungen im Wasser, ohne dass es in die Nase gelangt, und Distanzen bewältigen.

An den Baggerweihern gibt es laut Bademeisterin Sagramola pro Saison, zwischen 1. Mai und 15. September, zehn bis 15 Fälle, in denen sie Menschen aus dem Wasser holen müssen. Das sind die Notfälle. Zu ihrer täglichen Arbeit gehört es, weit heraus schwimmenden Menschen eine Boje zu bringen. „So sehen wir sie besser“, sagt sie. Außerdem wurde das Personal aufgestockt. Welches zu finden, ist in Remerschen kein Problem.

Natascha Roszak: Bademeisterin in Grevenmacher
Natascha Roszak: Bademeisterin in Grevenmacher Foto: Editpress/Claude Lenert

Remerschen bildet aus

Die ASBL „Erliefnis Baggerweier“, Betreiber des Freizeitgeländes, bildet selbst zum „Lake and River Lifeguard“ aus. Allein in den letzten drei Jahren hat sie 53 Rettungsschwimmer ausgebildet. Einig mit ihren Kollegen über die Gründe für das gesunkene Schwimmniveau ist sich auch Natascha Roszak (42), die im Verhältnis zu Grüneisen oder Sagramola noch relativ neu im Metier ist.

Sie hat 2022 ihre Ausbildung zur Bademeisterin im Pidal in Walferdingen beendet. 2025 ist ihre erste Saison im Freibad von Grevenmacher. Doch auch sie beobachtet dasselbe. „Es ist erschreckend, wie viele Menschen gar nicht mehr richtig schwimmen können“, sagt sie. Sie selbst hat das Schwimmen noch von ihrem Vater erlernt. „Heute gibt es viele Eltern, die gar nicht mehr mit ihren Kindern ins Wasser gehen, sondern am Beckenrand stehen bleiben“, sagt sie.

An sonnigen Tagen sind im Grevenmacher Freibad 2.000 Menschen unterwegs. Das stellt die Bademeister – gerade im Sommer und nicht nur dort – vor eine große Aufgabe. „Wir müssen richtig große Augen haben“, sagt Roszak – wohlwissend, dass sie nie alles im Blick haben kann. Sie und ihre Kollegen sind bei den Entwicklungen und mit dem Maß an Verantwortung nicht zu beneiden.

John G.
6. August 2025 - 18.11

Angesichts der allmählich und unaufhaltsam steigenden Meeresspiegeln sollte man sich tatsächlich auch in unseren Breitengraden endlich näher mit dem Sinn des Schwimmenlernens beschäftigen.
Und mit dem Auf-die-Bäume-Klettern allemal, spätestens wenn die Horden von tatsächlich in Not Geratenen und Ersatz für ihr in den Fluten verlorenes Territorium Suchenden auch ihren Platz in den täglichen Schlagzeilen finden.

JJ
6. August 2025 - 12.16

Als Bengels lagen wir von klein an jeden Tag an der Sauer. Ohne Bademeister schwimmen gelernt. Das hat man im Blut. So wie heute viele Kinder noch nie auf einen Baum geklettert sind,werden sie auch nie schwimmen lernen. Gibt's eigentlich keine Schwimm-App?

Steve
6. August 2025 - 9.58

Puttes, dat ass eng Verallgemengerung ouni Fundamenent. Videospiller am Vakuum sinn net aleng Schold, a ginn et och scho säit den 80er Joeren, soudass an déier Logik de Réckgang u Schwammkompetenz scho viru Joerzingten hätt misse stattfannen. Villméi läit et wéi am Artikel duergeluecht un enger Kombinatioun vu Faktoren, déi zu dësem Mëssstand féieren.

Nomi
6. August 2025 - 9.20

Firun Johren war Mol eng Diskussio'un dass d'Schwammmeeschter beim Scho'ulschwammen ecarteiu'ert go'ufen an den Scho'ulmeeschter den Schwammcours huet missen haalen !!!

Wei' ass dann elo den Stand domadder ??

Puttes
6. August 2025 - 7.46

Méi Souen, fir méi Schwëmmen, méi Schwammméschter(inen) etc … ? Firwart dann, vun där Generatioun geet dach keen méi (fräiwëlleg) an d’Schwëmm fir just ze schwammen- léiwer mat den Kolleegen op der PlayStation, iwwregens kanns Du do och op der PS schwammen léieren. Gesellschaftsprobleem!