Sonntag19. Oktober 2025

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SpanienWer zu lange braucht, zahlt mehr: Gastro-Regeln sorgen für hitzige Debatten

Spanien / Wer zu lange braucht, zahlt mehr: Gastro-Regeln sorgen für hitzige Debatten
Lockeres Beisammensein ja – doch zu viel Gemütlichkeit eher unerwünscht Foto: AFP

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Vor der gleißenden mediterranen Sonne in den rettenden Schatten einer Terrasse flüchten: Das war einmal in Spanien. Immer mehr Gastronomen stoppen mittlerweile die Zeit, wie lange Gäste sitzen bleiben dürfen.

War’s das mit dem stundenlangen Kaffeetrinken und Plaudern im Straßencafé? In manchen spanischen Bars und Kaffeehäusern sieht es ganz danach aus. Das neue Aushängeschild einiger gastronomischer Terrassen in Spanien ist kein Hinweis auf frisches Gebäck oder kaltes Bier, sondern auf begrenzte Aufenthaltszeiten je nach Verzehr. Nicht jeder Gast klatscht Beifall zur neuen „Stoppuhr-Gastronomie“.

„Jede Bestellung: 50 Minuten. Wir bitten um Ihr Verständnis“, steht da etwa. Oder noch präziser: „Aufenthaltsdauer je nach Verzehr: 20 Minuten für einen Kaffee, 25 für ein Bier, 35 für ein Erfrischungsgetränk und 40 Minuten für ein Sandwich“ – Zeittarife fast wie am Parkautomaten.

Spaniens bekanntester Kellner, Jesús Soriano, kennt viele solcher Ankündigungen. In den sozialen Netzwerken veröffentlicht Soriano regelmäßig Kurioses aus dem gastronomischen Leben und wurde damit im ganzen Land bekannt. Unter dem Pseudonym „SoyCamarero“ (Ich bin Kellner) spießt er fragwürdiges Verhalten von Gastronomen und ihrer Kundschaft auf.

Stoppuhr oder Menschenverstand

„Wenn du solche Schilder siehst – würdest du dich hinsetzen oder lieber woanders hingehen?“, fragt er. Das Thema spaltet: Manche sind empört, sprechen von Missbrauch und dem Ende der gastronomischen Kultur. Andere zeigen Verständnis und appellieren an den Gemeinsinn: „Wenn Tische frei sind, bleibe ich so lange, wie ich will“, erklärt ein regelmäßiger Café-Besucher. „Aber wenn andere am Eingang warten, stehe ich auf. Dafür braucht es kein Schild – nur gesunden Menschenverstand.“

Die Gastronomen verweisen derweil darauf, dass sie mit ihren Lokalen auch Geld verdienen müssen. Wenn eine Person mit einer Tasse Kaffee zwei Stunden einen Tisch blockiere, sei das nicht wirtschaftlich. Immer mehr Betriebe reagieren deshalb mit Schildern, die die Aufenthaltsdauer begrenzen – oder zum Beispiel auch verbieten, mit Laptops stundenlang bei einer Tasse Kaffee zu arbeiten.

Café-Office

Andere Lokale haben derweil aus dem Trend zum Homeoffice und Coworking ein Geschäft gemacht. Das Osom Coffee House in Madrid beispielsweise wirbt mit dem Satz: „Kaffee-Spezialitäten, frische Küche, Coworking-Bereich, Events und mehr.“ Es gibt klimatisierte Arbeitszonen, ein leistungsstarkes WLAN-Netz, aber auch Benutzungstarife, bei denen nach Zeit abgerechnet wird.

Mit einem ähnlichen Angebot hat sich auch das Nófin Madrid etabliert: „Eine Stunde Laptop-Nutzung mit beliebiger Bestellung kostet nichts“, steht auf der Karte. Für einen halben Arbeitstag werden 15 Euro, für einen ganzen Tag 25 Euro fällig.

Abrechnung nach Zeit, das gibt es ebenfalls im Caffè Perfetto in Barcelona – aber fürs Kaffeetrinken. „Preis für einen Milchkaffee: 1,60 Euro. Wenn du länger als eine halbe Stunde bleibst: 2,50 Euro. Und wenn du mehr als eine Stunde brauchst: 4 Euro“. Das Foto mit der Preistabelle, die auf allen Tischen klebt, ging durch Spaniens Medien und sorgte für hitzige Debatten.

Der Besitzer des betroffenen Lokals verteidigte das Vorgehen mit dem Hinweis, dass es sich um eine „rein orientative Maßnahme“ handele, um die Gäste zu sensibilisieren. Nur in extremen Fällen werde die Zeitregel auch durchgesetzt – etwa wenn ein Tisch stundenlang ohne weitere Bestellung besetzt werde und vor dem Lokal viele Leute auf einen freien Platz warten.

Auf dem Menü: Mindestumsatz

Zu den in der spanischen Gastronomie um sich greifenden Restriktionen gehört jetzt im Sommer gleichfalls, dass viele Gasthäuser ihre Außenterrasse während der Hauptessenszeiten für Getränke-Gäste sperren: „Die Terrassentische sind für den Mittagstisch (von 13.00 bis 16.30 Uhr) und das Abendessen (von 20.00 bis 23.30 Uhr) reserviert“, kann man auf Hinweisschildern lesen.

Auch Touristen erleben immer wieder, dass sie beim Zutritt gut besuchter Außenterrassen vom Kellner gefragt werden: „Möchten Sie essen oder nur etwas trinken?“ Je nach Antwort geht der Daumen dann nach oben oder unten. Oder es wird, wenn nur Getränke gewünscht werden, ein Sitzplatz im Inneren des Lokals zugewiesen.

Mancherorts pochen trendige Restaurants sogar auf Mindestumsätze pro Person. „Um einen hervorragenden Service zu bieten und die bestmögliche Produktqualität zu gewährleisten, beträgt der Mindestpreis pro Gedeck 50 Euro“, erklärt ein Speisetempel in der Mittelmeerstadt Valencia. Wenn dieser Betrag nicht mit dem Verzehr erreicht werde, müsse der festgelegte Mindestpreis berechnet werden.

Reinertz Barriera Manfred
4. August 2025 - 15.45

Klar es geht um das liebe Geld....das man eben verzehren muss um auf einer Terrasse zu sitzen ...und das wird auch mal bei uns so kommen...