Dienstag4. November 2025

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LeserforumAußenpolitik braucht Verantwortung – nicht Eskalation

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Ist sich Deutschland eigentlich bewusst, welche Wirkung seine gegenwärtige Außen- und Rüstungspolitik auf Russland haben kann? Die massive Aufrüstung, die Militarisierung der Sprache und das ständige Säbelrasseln gegenüber Moskau wirken auf viele Menschen in Russland nicht nur als Provokation – sie wecken tief verwurzelte historische Traumata.

Im Zweiten Weltkrieg hatte die Sowjetunion rund 20 Millionen Todesopfer zu beklagen – die große Mehrheit davon russische Zivilist:innen. Die Zerstörung, das Leid und die bis heute spürbaren Traumatisierungen sind Teil des kollektiven Gedächtnisses. Wer sich in Russland für eine gemäßigte Politik einsetzt, wird durch das westliche Auftreten zunehmend in die Defensive gedrängt. Dir nationalistischen Falken hingegen erhalten Auftrieb. Auch die russische Medienlandschaft wird nicht zögern, die westliche Rhetorik als Beleg für die eigene Propaganda zu nutzen –mit dem Effekt, dass sich die Bevölkerung hinter ihre Regierung stellt. Und wir im Westen? Wir reagieren mit Unverständnis, stellen uns als Unschuldslämmer dar und halten am Feindbild des „bösen Russen“ fest – als wäre es nie anders gewesen.

Dabei drängt sich die eigentliche Frage auf: Wo bleibt die Diplomatie? Gerade in einer so angespannten Lage müsste ein Außenminister oder eine Außenministerin mit klarem Profil, mit Weitsicht und Haltung an die Öffentlichkeit treten – und betonen, dass diplomatische Lösungen und Verhandlungen oberste Priorität haben müssen. Nicht nur, weil es der einzige Weg zum Frieden ist, sondern auch, weil es die verdammte Pflicht eines zivilisierten Staatswesens ist, Eskalationen zu verhindern. Sich damit herauszureden, man sei nur ein kleines Land mit wenig Einfluss, ist nicht nur feige – es ist politisch verantwortungslos. Geschichte wird nicht nur von den Großen geschrieben. Auch kleine Staaten haben Möglichkeit – und die Pflicht –, eine kluge, ausreichende Rolle zu spielen. Außenpolitik darf nicht zur Showbühne verkommen, auf der man smart posiert, schöne Worte findet und das „Eingemachte“ anderen überlässt. Wer ein hohes Amt bekleidet, trägt Verantwortung. Und diese Verantwortung beginnt dort, wo andere schweigen: bei der aktiven Suche nach Frieden.