Das Tageblatt berichtete vor Kurzem über mehrere BIL-Kundinnen, die Opfer von einem Online-Betrug wurden. Ihnen wurden über eine Fake-Version der Bankwebsite Tausende Euro abgebucht. Von ihrer Bank fühlen sie sich im Stich gelassen. Diese gibt ihnen die Schuld und entzieht sich jeglicher Verantwortung.
Eine Situation, die der Rechtsanwalt Tom Krieps im Gespräch mit dem Tageblatt als „unmöglich“ beschreibt. Die Menschen seien gezwungen, das Online-Banking zu benutzen. Die Banken könnten jedoch keine Versicherung anbieten, wenn die Leute freiwillig ihre Daten weitergeben. Falle man auf gefälschte Internetseiten herein, gebe man jedoch „natürlich freiwillig die Daten ein“ – niemand halte einem einen Revolver an den Kopf. Das Problem des Onlinebetrugs nehme alarmierende Proportionen an – jeden Tag kämen neue Fälle hinzu.
Das Gesetz sieht tatsächlich vor, dass der Kunde bei Nachlässigkeit haftet. Doch wie genau diese Nachlässigkeit zu definieren ist, fragt sich auch der Anwalt. „Es ist, als würde jeden Tag jemand versuchen, bei Ihnen einzubrechen – die Leute schlafen nicht mehr“, sagt Krieps. Den Opfern werde dabei oft einfach Dummheit unterstellt.
Es wird sehr viel Lärm darum gemacht, wenn in der Groussgaass Schmuck gestohlen wird – aber, dass den Leuten quasi täglich hohe Geldsummen gestohlen werden, scheint niemanden zu interessieren
Doch er habe das Gefühl, dass sich niemand wirklich dafür interessiert. Nicht die Politik, und auch nicht die Polizei: „Die Akten werden schneller ad acta gelegt, als die Leute Anzeige erstatten können.“ Das vermittle ein Gefühl von „behördlich anerkannter Straflosigkeit“. Ihn ärgere, dass die Behörden oft so täten, als seien es Verstöße, gegen die man nichts machen könne. „Es wird sehr viel Lärm darum gemacht, wenn in der Groussgaass Schmuck gestohlen wird – aber, dass den Leuten quasi täglich hohe Geldsummen gestohlen werden, scheint niemanden zu interessieren“, sagt Krieps. Weder der Innenminister noch die Justizministerin sprächen davon. Ohne einen passenden Gesetzestext ändere sich nichts – und dieser komme nicht, „weil einfach gesagt wird, jeder muss aufpassen“. Es müsste viel proaktiver gearbeitet werden.
Kriminalität „immer einen Schritt voraus“
Die bestehenden Gesetze sind laut Krieps nicht hilfreich – die Täter wüssten genau, dass ihnen nichts passiert. Dabei müsse man eigentlich den Verbraucher schützen. Oft würden Betroffene sich nicht trauen, sich zu melden. „Es ist eine unerhörte Sauerei“, sagt Krieps. Er rät Betroffenen, eine „Groupe de pression“ aufzubauen, um die öffentliche Aufmerksamkeit durch Lobbyarbeit auf das Problem zu lenken.
Luxemburg täte als Bankenlandschaft alles dafür, keinen gesetzlichen Rahmen vorzugeben. Denn: Man wolle nicht dastehen als „diejenigen, die die Banken kujonieren“. Wenn etwas passiere, wüssten kleine Kunden nicht mehr, an wen sie sich wenden sollen – es gebe keinen persönlichen Kontakt zu den Banken mehr. „Die Leute verlieren ihr Erspartes, weil ihnen der Aufwand zu groß ist.“ Auch der volkswirtschaftliche Schaden sei erheblich. „Die Kriminalität ist uns immer einen Schritt voraus, das ist das Prinzip der Kriminalität“, sagt Krieps – und fordert mehr Resilienz in Sachen Cyberkriminalität.
Gemeinsam gegen Online-Betrug
Einige Betroffene haben sich inzwischen tatsächlich zu einer Gruppe zusammengefunden – um sich gegenseitig zu unterstützen, aber auch, um auf das Problem aufmerksam zu machen und sich darüber zu informieren, wie man gegen Online-Betrug vorgehen kann. Sie wollen gemeinsam versuchen, ihr Geld zurückzubekommen. Mitte August soll in diesem Zusammenhang ein erstes Treffen stattfinden.
„Man hat das Gefühl, die Leute kommen aus einem Loch heraus, sie fühlen sich nicht mehr allein“, sagt Gruppenmitglied und Betrugsopfer Alice Pauly. „Wir wachsen zu einer Gruppe zusammen, in der wir uns gegenseitig stützen. Wir machen einander Mut, geben uns Halt und schauen, wie wir das zusammen hinbekommen.“ Es gehe um eine wichtige Botschaft: „Ich bin nicht allein, ich muss mich nicht schämen.“
Man hat das Gefühl, es geht nur noch darum, die Taschen der Aktionäre zu füllen – und die kleinen Leute sollen dafür sorgen, dass das so ist. Aber wenn wir selbst ein Anliegen haben, werden wir im Regen stehen gelassen.
Ihre Bank sei „genervt, sobald ein Kunde kommt und Fragen stellt – sie wollen einen einfach abspeisen“. Ihre Fragen seien nicht klar beantwortet und die Tatsachen heruntergespielt worden. Hinter allen Vorfällen stünden jedoch Schicksale – ein Mitglied der Gruppe stehe durch den Betrug vor einer Zwangsvollstreckung. Auch die psychische Belastung sei erheblich.
„Wenn ich sehe, dass etwas abgebucht wurde, wird mir warm und kalt. Auch wenn ich weiß, dass es eine normale Transaktion ist – die Angst sitzt tief“, sagt Alice. „Ich fühle mich in keiner Hinsicht sicher.“ Die Betroffene kritisiert die Schließungen von Bankfilialen und das Verschwinden von persönlichem Kontakt. Alles sei anonym, fremd und per Computer. „Man hat das Gefühl, es geht nur noch darum, die Taschen der Aktionäre zu füllen – und die kleinen Leute sollen dafür sorgen, dass das so ist“, sagt Alice. „Aber wenn wir selbst ein Anliegen haben, werden wir im Regen stehen gelassen.“
Fälle müssen einzeln betrachtet werden
Inwiefern die Verantwortung bei der Bank liegt, lässt sich laut dem Europäischen Verbraucherschutz nicht pauschal beantworten. Wurde eine vom Kunden nicht autorisierte Überweisung getätigt, müsse die Bank diese erstatten. Wer jedoch seine Daten auf einer gefälschten Seite eingebe, ermögliche es den Betrügern, sich bei der echten Bank einzuloggen. Es komme darauf an, ob eine grobe Fahrlässigkeit vonseiten des Verbrauchers vorliegt: Wenn man den Betrug hätte erkennen können, sei die Bank berechtigt, die Schuld von sich zu weisen. Liege das nicht vor, könne man prüfen, wie das Ganze abgelaufen ist. Tatsächlich müsse jeder Fall einzeln betrachtet werden.
Das bestätigt auch der Luxemburger Verbraucherschutz: „Natürlich haben Banken eine Beratungs- und Informationspflicht, aber ein Nullrisiko gibt es nicht“, sagt die Rechtsabteilung. Es komme schnell zu einem Punkt, an dem jeder dem anderen die Verantwortung zuschiebe. Je raffinierter der Betrug, desto schwieriger sei es für beide Seiten.
De Maart

"Die Regierung' ist die Exekutive, die hat in juristischen Fragen den Mund zu halten, da ist die Justiz gefragt.
P.S. zu meinem Post von gestern.
Inzwischen wurde der Hergang des Betrugs publiziert und man muss fair sein:
daran hat BIL KEINE Schuld.
Wie es scheint, wurde die Bank in diesen Fällen gegoogelt, statt bil.com einzugeben oder einen selbst gespeicherten Link anzuklicken.
(Das ändert aber nichts an meiner Kritik zur Bankensicherheit und zum Service. Die werden immer schlechter)
"aber ein Nullrisiko gibt es nicht"
Aber das Risiko hat sich erheblich erhöht, zum Nachteil der Kunden.
Früher gab man das Geld zur Bank, weil es dort sicherer war. Heute hat man besser einen Notgroschen zu Hause, denn die Banken garantieren für gar nichts mehr, weder für Service, noch für Sicherheit.
Im Gegenteil ! Man steht da wie ein Bettler, wenn man sein Recht fordert.
Die Banken haben sich in eine komfortable Situation hineinmanövriert. Sie dürfen die Kunden herumschubsen, wie es grad gefällt (siehe ING und auch BIL). Plötzlich haftet der Kunde für den Zwang, den die Banken ausüben.
Es ist klar dass die BIL (und andere Banken auch ) hier in der Bringer Schuld ist sie muss sich mehr einsetzen und ihre Kunden schützen....mal sehen wie Justia die Sache dann mal sieht!
Können auch "nocht nicht betrogene" Leute sich melden um die Gruppe zu unterstützen?
Bitte um mehr Informationen zur Gruppe...