Montag10. November 2025

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Tour de FranceTadej Pogacar: Müde und genervt zur Nummer vier

Tour de France / Tadej Pogacar: Müde und genervt zur Nummer vier
Tadej Pogacar war froh über das Ende einer langen Tour Foto: AFP/Loïc Venance

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Tadej Pogacar dominierte erneut die Tour de France und könnte das Rennen noch über Jahre beherrschen. Wenn er denn will.

Tadej Pogacar wirkte nach dem nächsten historischen Triumph seiner schon jetzt einzigartigen Karriere, als hätte er eine lästige Besorgungsfahrt erledigt. Ein höfliches Lächeln vom Siegerpodest auf den Champs-Elysées hinab zu den Fans, professionelles Posieren im Gelben wie im Bergtrikot, ein Küsschen für Freundin Urska Zigart – aber wenig Euphorie. Der Mann, der gerade zum vierten Mal die Tour de France gewonnen hatte, spürte nicht wie viele seine Vorgänger den Überschwang schieren Glückes. Pogacar fühlte sich vielmehr: müde und genervt – auch wenn er es am Schlusstag noch einmal krachen ließ.

Nun kann ich endlich wieder ein paar andere schöne Sachen in meinem Leben machen

Tadej Pogacar

„Ich habe die Kilometer bis Paris gezählt und konnte kaum erwarten, dass es vorbei ist“, sagte der zweifelsohne beste Radfahrer der Neuzeit: „Und nun kann ich endlich wieder ein paar andere schöne Sachen in meinem Leben machen.“ Überbordende Freude klingt dann doch ein wenig anders.

Pogacar, mit 26 Jahren jüngster Vierfach-Sieger der Tour-Geschichte, ist vor allem ein Vollblutrennfahrer. Und deshalb fightete er am Sonntag noch leidenschaftlich (und vergeblich) im strömenden Regen am Montmartre um seinen fünften Etappenerfolg, als er längst als Gesamtsieger feststand. Eine willkommene Herausforderung und letzte „Pogi-Show“, nachdem er sich beim härtesten Radrennen der Welt zuvor unterfordert gefühlt hatte.

Unangefochten

Nie geriet Pogacars Sieg zwischen Lille und Paris sportlich in Gefahr, niemand brachte ihn auch an den allerschwersten Bergen in Bedrängnis, keine einzige Sekunde verlor er auch nur auf einer Etappe gegen einen Top-5-Fahrer des Gesamtklassements, niemand wagte einen wirklichen Angriff. Was Pogacar stank.

„Ich dachte ja, dass Jonas zumindest den Etappensieg will. Aber dann war er immer an meinem Hinterrad, und ich musste arbeiten“, wunderte sich der Slowene nach der letzten Bergankunft in La Plagne über den etatmäßigen Hauptrivalen Vingegaard.

Der dänische Sieger von 2022 und 2023 kam ihm wieder am nächsten, bei viereinhalb Minuten Rückstand war aber auch dies kein wirkliches Duell. Dahinter entstanden Leistungsunterschiede historischen Ausmaßes: Seit Jan Ullrichs Sieg 1997 hatte der drittplatzierte Fahrer nicht mehr so viel Rückstand wie Florian Lipowitz nun. Nur elf Fahrer lagen letztlich weniger als eine Stunde hinter dem Gelben Trikot zurück – das gab es zuletzt 1969 unter Eddy Merckx.

Freude am Fahren als Treibstoff

Pogacar kann alle erdenklichen Radsport-Rekorde brechen, 2026 mit erst 27 Jahren in den Legenden-Klub der Tour-Rekordsieger aufsteigen. Derzeitige Mitglieder: Anquetil, Merckx, Hinault, Indurain. „Er wird uns alle schlagen“, prophezeit Hinault.

Doch will Pogacar überhaupt nach einem fünften einen sechsten Tour-Sieg, einen siebten, achten, neunten? „Pogi“, das zeigte auch diese Tour, ist jemand, der Freude am Fahren empfinden muss, das ist (s)ein Treibstoff. Und wenn Pogacar Freude oder Lust fehlt, fährt er eben nicht. Siehe Olympia 2024, als er nach der Ausbootung Zigarts diskussionslos absagte.

Schon seine weitere Saisonplanung ist offen. „Diese drei Wochen hier waren so lang“, sagte er. Fraglichst, dass er sich in nur einem Monat die gleichlange Vuelta antut, die er noch nicht gewonnen hat.

Und die langfristige Planung? Der Vertrag beim UAE-Team läuft noch fünf Jahre. „Macht euch keine Sorgen“, sagte Pogacar unlängst in Richtung Kontrahenten, „vielleicht höre ich danach einfach auf.“ Es war im Scherz gemeint. Eigentlich.

Im Überblick

20. Etappe: Nantua – Pontarlier (184,2 km): 1. Kaden Groves (Australien/Alpecin-Deceuninck) 4:06:09 Stunden, 2. Frank van den Broek (Niederlande/Picnic PostNL) 0:54 Minuten zurück, 3. Pascal Eenkhoorn (Niederlande/Soudal Quick-Step) 0:59, 4. Simone Velasco (Italien/XDS-Astana) 1:04, 5. Romain Grégoire (Frankreich/Groupama-FDJ), 6. Jake Stewart (Großbritannien/Israel-Premier Tech), 7. Jordan Jegat (Frankreich/TotalEnergies), 8. Tim Wellens (Belgien/UAE Emirates-XRG), 9. Matteo Jorgenson (USA/Visma – Lease a Bike), 10. Harry Sweeny (Australien/EF Education-EasyPost) alle gleiche Zeit;
21. (letzte) Etappe: Mantes-la-Ville – Paris/Champs Elysées (132,2 km): 1. Wout van Aert (Belgien/Visma-Lease a Bike) 3:07:30 Stunden, 2. Davide Ballerini (Italien/XDS Astana) 0:19 Minuten zurück, 3. Matej Mohoric (Slowenien/Bahrain-Victorious), 4. Tadej Pogacar (Slowenien/UAE Emirates-XRG) alle gleiche Zeit, 5. Matteo Jorgenson (USA/Visma-Lease a Bike) 0:26, 6. Matteo Trentin (Italien/Tudor Pro Cycling) 0:38, 7. Arnaud De Lie (Belgien/Lotto) 1:14, 8. Kévin Vauquelin (Frankreich/Arkea-B&B Hotels), 9. Mike Teunissen (Niederlande/XDS Astana), 10. Dylan Teuns (Belgien/Cofidis) alle gleiche Zeit
Endstand in der Gesamtwertung nach 21 Etappen: 1. Pogacar 76:00:32 Stunden, 2. Jonas Vingegaard (Dänemark/Visma-Lease a Bike) 4:24 Minuten zurück, 3. Lipowitz 11:00, 4. Oscar Onley (Großbritannien/Picnic PostNL) 12:12, 5. Felix Gall (Österreich/Decathlon Ag2r La Mondiale) 17:12, 6. Tobias Halland Johannessen (Norwegen/Uno-X Mobility) 20:14, 7. Vauquelin 22:35, 8. Primoz Roglic (Slowenien/Red Bull-Bora-hansgrohe) 25:30, 9. Ben Healy (Irland/EF Education-EasyPost) 28:02, 10. Jordan Jegat (Frankreich/TotalEnergies) 32:42, 11. Ben O’Connor (Australien/Jayco AlUla) 34:34, 12. Thymen Arensman (Niederlande/Ineos Grenadiers) 52:41, 13. Jhonatan Narvaez (Ecuador/UAE Emirates-XRG) 1:04:36 Stunden zurück, 14. Sergio Higuita (Kolumbien/XDS-Astana) 1:08:19, 15. Simon Yates (Großbritannien/Visma-Lease a Bike) 1:17:30
Endstand in der Punktewertung (Grünes Trikot): 1. Jonathan Milan (Italien/Lidl-Trek) 372 Punkte, 2. Pogacar 294, 3. Girmay 232
Endstand in der Bergwertung (Gepunktetes Trikot): 1. Pogacar 119 Punkte, 2. Vingegaard 104, 3. Martinez 97
Endstand in der Nachwuchswertung (Weißes Trikot): 1. Lipowitz 76:11:32 Stunden, 2. Onley 1:12 Minuten zurück, 3. Vauquelin 11:35
Endstand in der Mannschaftswertung: 1. Visma-Lease a Bike 232:01:32 Stunden, 2. UAE Emirates-XRG 24:26 Minuten zurück, 3. Red Bull-Bora-hansgrohe 1:24:47 Stunden zurück 

Die Fahrt zum Montmarte war spektakulär
Die Fahrt zum Montmarte war spektakulär Foto: AFP/Martin Bureau

Frauen: Erste Afrikanerin in Gelb

Die Spanierin Mavi Garcia hat die 2. Etappe der Tour de France Femmes in Quimper nach einem erfolgreichen Soloangriff gewonnen. Die Mauritierin Kim Le Court wurde Dritte und übernimmt das Gelbe Trikot von Marianne Vos (5.). Beide Fahrerinnen liegen zeitgleich, aber Le Court hat dank besserer Etappenplatzierungen die Führung übernommen. Le Court ist die erste Fahrerin vom afrikanischen Kontinent, die das Gelbe Trikot bei der Tour de France trägt – ein historischer Moment.