Sonntag21. Dezember 2025

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ForumVon Nega-Watt bis Strom aus Cattenom: Robert Goebbels über die nationale Energiepolitik

Forum / Von Nega-Watt bis Strom aus Cattenom: Robert Goebbels über die nationale Energiepolitik
 Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Als Minister für Wirtschaft und Energie musste ich mir in den 90er Jahren von Vertretern der „Öko-Bewegung“ viele Belehrungen über die Notwendigkeit von „Nega-Watt“ anhören. „Nega-Watt“ stand in Opposition zur Maßeinheit der Energieleistung „Mega-Watt“ (= 1 Million Watt) und sollte zur Vermeidung von Energie-Verbrauch anhalten.

30 Jahre später steigt der Verbrauch von Energie unentwegt, insbesondere von elektrischer Energie. Ausgerechnet unter dem politischen Druck der Klima-Schützer, die zur Abkehr von fossilen Energien auf die Elektrifizierung aller menschlichen und wirtschaftlichen Tätigkeiten setzen. Neben Autos und gar Fahrrädern sind alle industriellen Prozesse zu elektrifizieren.

Die zu nutzende elektrische Kraft sollte von erneuerbaren Energie-Quellen wie Sonne, Wind und Wasser stammen. Die praktisch keine Klima-Gase freisetzende Nuklear-Energie bleibt verpönt. Des Weiteren soll eine Wasserstoff-Wirtschaft aufgebaut werden. Wobei Wasserstoff erst durch die Elektrolyse von Wasser gewonnen wird. Für „grünen“ Wasserstoff dürfen wiederum nur Erneuerbare eingesetzt werden.

Die Apologeten der „sanften“ Elektrifizierungs-Strategie feierten den Monat Juni 2025. Zum ersten Mal war die Hauptquelle der europaweit genutzten Elektrizität die Fotovoltaik. Eine überdurchschnittliche Sonnen-Einstrahlung lieferte fast ein Viertel des verbrauchten Stroms. Die Windkraft nahm Platz drei ein, mit fast 16 Prozent. Verschwiegen wurde, dass die Atomkraft zweitwichtigster Lieferant von elektrischer Kraft blieb. Obwohl gerade im Sommer traditionell viele Kernkraftwerke wegen Wartung ausgeschaltet bleiben.

Die Zunahme von Wind- und vor allem von Sonnenenergie mag erfreulich sein. Doch ist es nur ein weiterer Ausdruck des unersättlichen Energiehungers der Menschheit.

Immer mehr „Watt“

In einer von Hitzewellen geplagten Welt wird allein die explodierende Klimatisierung der menschlichen Behausungen bis 2035 praktisch zu einer Verdopplung des Elektrizitätskonsums führen. Der zunehmende Datenverbrauch durch Handys, Computer und Co, sowie durch die für „Künstliche Intelligenz“ und Kryptowährungen erforderlichen Rechenleistungen wird allein bis 2026 zu einer Verdoppelung des globalen Strombedarfs seit 2022 führen: keine „Nega-Watt“, keine „Mega-Watt“. Zusätzlich um die 1.000 „Tera-Watt-Stunden“ (1 TW = 1000 Milliarden Watt) jährlich. Letzteres entspricht dem Jahreskonsum Japans.

Trotz aller Zugewinne der Erneuerbaren rechnet die Internationale Energieagentur (IEA) für das Jahr 2025 mit einer Rekordproduktion von 105 Millionen Barrel Öl pro Tag. Über 70 Prozent des weltweiten Energiekonsums basieren weiterhin auf fossilen Brennstoffen.

Zwar wird dieses Jahr doppelt so viel in nicht fossile Energieträger investiert (2.200 Milliarden Dollar) als in Öl, Erdgas und Kohle (1.100 Milliarden Dollar). Wobei allein Chinas Investitionen höher sind jene der USA plus der EU.

Neben Sonnen- und Windenergie addiert die Energieagentur für den „nicht fossilen“ Sektor die steigenden Investitionen in Kernkraftwerke sowie den Ausbau der Netze. Es wird oft verkannt, dass der Anschluss von Millionen Fotovoltaik- und Hundertausenden Windkraftanlagen enorme Mengen an Mineralien benötigt. Seien es nur die vielen Tausend Kilometer Kupferleitungen, um den „sanft“ produzierten Strom ins Netz einzuspeisen.

Jedenfalls steigt die globale Nachfrage nach Kupfer, Lithium, Nickel, Kobalt, Grafit und seltenen Erden, die mit negativen Umwelauswirkungen und viel Energieaufwand gewonnen, transportiert und raffiniert werden. China bleibt Spitzenreiter bei der Raffinierung von 19 der 20 meistbenötigten Mineralien.

Je mehr Sonnen- und Windenergie produziert werden, desto mehr steigt die Anfälligkeit der Verteilungsnetze. Wind und Sonne bleiben unbeständig. Weht kein Wind, stehen die Rotoren still. Weht zu viel Wind, müssen sie abgeschaltet werden. In den Sommer-Monaten liefert die Fotovoltaik viel Strom. Im Winter viel weniger. Nachtsüber nichts. Im Winter wird dreimal mehr Strom verbraucht als im Sommer.

Sanft und unsanft

Vor allem sind die Schwankungen der Produktion eine enorme Belastung für das Netz. Das bei einem plötzlichen Ausbleiben von „sanfter“ Energiezufuhr sehr „unsanft“ zusammenbrechen kann, wie das jüngste „Blackout“ in Spanien und Portugal zeigte. Auch Deutschland, Italien, Belgien und die Niederlande kennen zurzeit größere Probleme in der Absicherung einer konstanten Netzspannung. Die Bundesrepublik konnte letzten Winter seine Energieversorgung nur durch massive Importe von atomarem Strom decken. Die Niederlande kämpfen mit einem unzureichenden Netz. Rund 2,6 Millionen Gebäude sind mit Solar-Panels bestückt. Die mit großen Schwankungen ins niederländische Netz einspeisen. Was die zuständigen Behörden dazu zwang, die Bürger aufzufordern, elektrische Geräte wie Wasch- und Spülmaschinen nur zwischen 23 Uhr abends und 3 Uhr morgens zu nutzen. Batterien für Elektroautos und -Fahrräder sollten nicht zwischen 16 und 21 Uhr aufgeladen werden.

Zu den Schwankungen bei der Versorgung in elektrischer Kraft kommen wirtschaftliche Probleme. Die Bevorzugung der Erneuerbaren hat zur Verteuerung der Energie geführt. Energie ist in der EU drei- bis viermal teurer als in den USA. Exportnationen wie Deutschland und die Niederlande leiden zunehmend an zu hohen Energiekosten. Einem Bericht der Bundesbank zufolge fußt die fallende Leistung der deutschen Industrie vor allem auf den zu hohen Energiepreisen.

Dazu kommt, dass Länder wie Deutschland, Spanien oder die Niederlande, die sehr früh auf Windkraft setzten, nunmehr mit einer Erneuerung der Anlagen konfrontiert sind. Windturbinen haben eine Lebensdauer von etwa 20 Jahren. 20 Prozent der 90.000 Anlagen, die zurzeit in der EU stehen, sind mehr als 15 Jahre alt, in Spanien gar die Hälfte aller Windturbinen.

Die gute Nachricht ist, dass die 90 Meter hohen Windmühlen mit einer Soll-Leistung von 800 Kilowatt nunmehr durch Anlagen ersetzt werden können, die 240 Meter hoch sind, aber 7.000 Kilowatt leisten können. Die schlechte Nachricht ist, dass die Kosten für diese Monster um über ein Drittel höher sind, was die Profitabilität der Windkraft stark beeinträchtigt. Siemens-Energie muss Verluste in Höhe von 15 Milliarden Euro wettmachen. Der weltweit größte Entwickler von Offshore-Plattformen, die dänische Firma Ørsted, strich über 800 Jobs. Der norwegische Vorzeigehersteller von Batterien, die zur Speicherung der erneuerbaren Energie oder für den Antrieb von Elektroautos benötigt werden, die Firma Northvolt, meldete Konkurs an.

Offshore-Träume

Die dänische Offshore-Insel, die bis 2030 „saubere“ Windkraft liefern sollte, und in die Luxemburg auf Betreiben des früheren Energieministers Claude Turmes einige Millionen Euro investierte, wird vorerst nicht gebaut. Eine internationale Ausschreibung blieb ohne Bieter. Turmes’ damaliger Partner, Dänemarks Energieminister Dan Jörgensen, avancierte zum EU-Kommissar für Energie und hat die Vorteile der Nuklear-Energie wiederentdeckt, wie sein jüngster Besuch in Cattenom belegt.

Die Luxemburger Regierung setzt weiterhin unverdrossen auf Fotovoltaik und Windkraft. Energieminister Lex Delles brüstet sich mit einem Rekord an Produktion nationaler Sonnenenergie, verliert jedoch kein Wort über nationale Backups für die Flauten bei Sonne und Wind. Ohnehin werden fast drei Viertel des nationalen Strombedarfs vornehmlich aus Deutschland eingeführt. Wozu das Zubringer-Netz ausgebaut wird.

Mit deutscher Elektrizität importiert Luxemburg den teuersten Strom Europas. Dazu kommen die Netzkosten, die im Schnitt rund ein Drittel der monatlichen Stromrechnung aller Haushalte ausmachen. Letztes Jahr kündigte das „Institut luxembourgeois de régulation“ (ILR) mehr Netzkosten an. Verbunden mit einer Preiserhöhung für alle Verbraucher.

Die seit dem 1. Januar in Kraft getretenen Tarife werden sich ab 2026 weiter verteuern. Die Regierung will den Strompreisdeckel progressiv senken. Rechenbeispiele des Energieministeriums verdeutlichen die zusätzlichen Belastungen für alle Bürger. Für eine Wohnung mit einem mäßigen Verbrauch von 1.500 Kilowattstunden sind statt bislang 490 um die 600 Euro zu zahlen. Fällt der staatliche „Preisdeckel“ weg, werden es über 700 Euro. Für ein Haus mit einem Verbrauch von 4.000 kW/St stehen 1.150 statt bisher 880 Euro an.

Beim Subventionswegfall kommen noch 300 Euro hinzu. Ein Neubau mit Wärmepumpe und einem Verbrauch von 7.000 kW/St generiert einen Anstieg um 410 auf 1.760 Euro. Beim Wegfallen des Zuschusses sind weitere 520 fällig. Richtig dreckig wird es für Altbauten mit Wärmepumpe und einem Verbrauch von 13.000 kW/St. Es gibt 830 Euro Zusatzkosten auf die früheren 2.300 Euro. Der Ausfall der Subvention wird noch schmerzhafter: zusätzlich 960 Euro. Ein Einfamilienhaus mit Elektroauto und einer 11-kW-Wallbox wird mit zirka 640 Euro zusätzlich belastet. Beim Wegfallen des Preisdeckels kommen 520 Euro hinzu.

Strom aus Cattenom?

Die Regierung Frieden wird nicht daran vorbeikommen, gerade bei Energiesubventionen den Sparstift anzusetzen. Sie plant eine bislang nicht finanzierte Fiskalreform. Investiert vor allem in den kommenden Jahren über 3 Milliarden Euro in eine sinnlose Aufrüstung unserer militärischen „Ohn“-Macht. Woher nehmen, ohne zu stehlen? Bei der Energiebelastung der Bürger.

Wäre es nicht gescheiter, Strom in Frankreich einzukaufen? Nach Schweden das europäische Land mit den günstigsten Strompreisen und der besten CO2-Bilanz. Dank nahezu 70 Prozent Atomstrom. Luxemburg will weiterhin Cattenom „bekämpfen“. Die Laufzeit der dortigen Reaktoren wurde nunmehr um zehn Jahre verlängert. Danach kommt mit Sicherheit ein EPR-Reaktor nach Cattenom. Weshalb sollte Luxemburg nicht versuchen, sich in diesen viel ungefährlicheren EPR einzukaufen? Anstatt in dänische Offshore-Inseln zu investieren. Deren Strom, sollten sie überhaupt gebaut werden, uns nie erreichen wird.

* Robert Goebbels ist ehemaliger LSAP-Minister und Europaabgeordneter

Grober J-P.
24. Juli 2025 - 13.57

Robert ist bestimmt von dem rechten Weg abgekommen? Jemand aus der Werkstatt in der Zone Bourmicht hatte mir vor etlichen Jahren berichtet, dass Er ein Pionier in Sachen E-Autos wäre. Stimmt das etwa nicht, ist das wieder ein billiger Verkaufs-Trick gewesen?

ozzz
23. Juli 2025 - 14.27

Die Haltung des Autors, militärische Zurückhaltung als politische Maxime zu vertreten, halte ich für unverzeihlich. In einer Zeit, in der mitten in Europa ein Krieg tobt, den eigenen Beitrag zur militärischen Verteidigung nicht einmal zu erkennen, ist nicht nur naiv (dumm), sondern potenziell gefährlich. Wer so argumentiert, disqualifiziert sich aus meiner Sicht vom ernsthaften sicherheitspolitischen Diskurs.

Auch im Energieteil wirkt der Beitrag schwach: Statt fundierter Argumente bleibt es bei einem knappen „bitte Atomkraft, weil Erneuerbare zu unzuverlässig sind“. Dieses Niveau erinnert eher an die 1990er, wo der Autor scheint geblieben zu sein, als an heutige Erkenntnisse. Dass das Thema Batteriespeicher komplett ausgeklammert wird – obwohl es zentral für die Energiewende ist – lässt entweder auf Unwissen oder bewusste Verzerrung schließen.

Und zu guter Letzt: Elektroautos sind nicht Teil des Problems bei der Netzstabilität, sondern Teil der Lösung. Sie können helfen, Lastspitzen abzufedern – Stichwort: Car-to-Load oder Vehicle-to-Grid. Vielleicht einfach mal googeln!

Grober J-P.
23. Juli 2025 - 13.28

@ RCZ / 2Wie günstig war das Leben doch mit billigem Gas aus dem Osten!🧐🤔😱🤐"
Es war einmal , beginnt jedes Märchen. Unser monatlicher Gaspreis wurde VERDOPPELT! Man hat uns auch gesagt warum.

Grober J-P.
23. Juli 2025 - 11.47

"Der norwegische Vorzeigehersteller von Batterien, die zur Speicherung der erneuerbaren Energie oder für den Antrieb von Elektroautos benötigt werden, die Firma Northvolt, meldete Konkurs an."
H. Goebbels, dann erzählen sie mal die ganze Geschichte zu dem Fall!
"Jedenfalls steigt die globale Nachfrage nach Kupfer,...."
AKW Strom wird wie befördert?
Kupfer kann man wunderbar recyclen, ein Mignon de veau schmeckt aus der Kupferpfanne schmeckt am besten, glaube die Distille braucht auch Kupfer, Quetschekraut direkt aus dem Kupferkessel, hm!
Ihre Argumente sind nur teilweise richtig, bitte eine Linie da reinbringen.

goelff jean-pierre
23. Juli 2025 - 11.07

Kommentare gelesen und den Kopf schütteln vor soooovieler typisch luxemb urgischer Besserwisserei;dabei brennt ihr doch schon längst Strom aus Cattenom dank Verbundnetz!Aber das ist bei den grünen Bessewissern noch nicht durchgesickert!

Grober J-P.
23. Juli 2025 - 10.19

Herr Goebbels, ich erkenne Sie ja kaum wieder. Sind Sie inzwischen Aktionär bei EDF geworden? Man lasse sich mal durchrechnen, wenn ALLE Kosten eines AKWs ( vom Bau bis zur Entsorgung ) in den veranschlagten Strompreis fließen würden. Was kostet eigentlich so ein neuer EPR Meiler? Läuft in Iter schon was?

Münchhausen
23. Juli 2025 - 9.14

Bravo. Die Habeck-Truppe aus der BRD hat gezeigt wie es nicht geht. Die Welt retten im Alleingang und mit der Brechstange. Wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht gehen die Lichter aus. Muttis Entscheidung für das Aus der AKW's nach Fukushima war wohl eine Panikreaktion.Während die Japaner weiter an AKW's festhalten kaufen die Deutschen Geigerzähler und laufen panisch im Garten herum um zu sehen ob die Möhren noch nicht verstrahlt sind. Dafür alle ein E-Auto,ja sogar die Zahnbürste ist elektrisch. Dabei stehen die E-Autos ganz oben auf der Liste im Falle von Abschaltungen wegen eines Brownouts. Der Wasserstoffmotor wurde vernachlässigt.Das war ein Fehler. Während Europa das Klima rettet bauen China und andere große Länder munter weiter Kohlekraft aus. Was bleibt ist die Klimaerwärmung.

Reinertz Barriera Manfred
23. Juli 2025 - 8.50

Wo Herr Goebbels recht hat da hat er recht , auch aber seine Empfehlung Strom aus Kettenhofen zu kaufen ist schon richtig, nur wie bringt man das unseren grünen Futzis bei, allerdings sind die EPR Anlagen noch nicht ganz ausgereift und deshalb ein bisschen problematisch aber der Ex-Minister hat in seiner globalen Einschätzung der Lage recht....schade dass er nicht mehr im Amt ist!

RCZ
23. Juli 2025 - 8.02

Wie günstig war das Leben doch mit billigem Gas aus dem Osten!🧐🤔😱🤐