Eine Statue im Hafen von Porto Novo auf Santo Antão zeigt eine Frau mit einem Kind. Die Frau winkt jemandem zu. Sie nimmt Abschied. Wie die anderen Inseln von Kap Verde ist auch das nördlichste Eiland des Archipels trotz seiner bezaubernden Naturschönheit von Emigration geprägt. Nach Schätzungen leben insgesamt etwa 500.000 Menschen in dem Inselstaat, deutlich mehr Kapverdier befinden sich jedoch im Ausland – in Luxemburg besitzen rund 3.000 Menschen die kapverdische Nationalität, etliche mehr sind es, die zumindest einen kapverdischen Migrationshintergrund haben.
Am 5. Juli 1975 wurde Kap Verde unabhängig. Bis dahin war es ein langer Befreiungskampf, der unter Führung des bis heute verehrten Nationalhelden Amilcar Cabral ausgefochten wurde. Wie die anderen früheren portugiesischen Kolonien des afrikanischen Kontinents war Kap Verde ein Nachzügler in Sachen Unabhängigkeit. Auch nach der Befreiung vom Joch des Kolonialismus blieben die Inseln, die einst Mitte des 15. Jahrhunderts von den Portugiesen entdeckt und als Durchgangsstation für den transatlantischen Sklavenhandel genutzt wurden, lange Zeit stark unterentwickelt. Kap Verde stand für bittere Armut und extreme Trockenheit.
Heute gilt der Archipel als Vorbild, als Leuchtturm für ganz Afrika. Hohe Wachstumszahlen, sinkende Armutsquote – Kap Verde ist auf einem guten Weg. In vielen Bereichen schneidet der Inselstaat im Vergleich mit anderen afrikanischen Ländern besser ab. Die Bildung ist breit zugänglich und ein Schlüssel zum Erfolg für den sozialen Aufstieg: Waren 1975 noch 65 Prozent der Bevölkerung Analphabeten, liegt die Quote heute bei drei Prozent. Ein anderes positives Beispiel ist das Gesundheitswesen: Mittlerweile verfügen die meisten Inseln über Krankenhäuser, die Kindersterblichkeit ist niedriger als in den meisten Ländern des Kontinents, die Lebenserwartung mit 74,7 Jahren um einiges höher. Auch was die nachhaltige Entwicklung betrifft, beeindruckt Kap Verde, trotz oder gerade aufgrund des Mangels an Rohstoffen. Neben dem wirtschaftlichen Standbein Tourismus setze sein Land stark auf erneuerbare Energien, betonte Präsident José Maria Neves vor zwei Jahren bei seinem Staatsbesuch in Luxemburg im Tageblatt-Interview. Dazu gehören Wind- und Sonnenenergie sowie grüner Wasserstoff. Der Staatsmann und Dichter gilt als Verfechter der „blue economy“. Als einen „Rohstoff“ bezeichnet Neves auch die „good governance“ und das vorbildliche Regieren als Standortvorteil. Die kapverdische Demokratie gilt als eine der stabilsten in der gesamten Region.
Trotzdem gibt es noch viel zu tun: Die Arbeitslosigkeit ist noch relativ hoch, die Jugendarbeitslosigkeit lag 2023 sogar bei 23,9 Prozent. Nach wie vor verlassen viele junge Kapverdier ihre Heimat – von 2009 bis 2021 waren es rund sechs Prozent der Bevölkerung. Migration gehört zur Kultur, bedeutet jedoch auch einen Verlust von Fachkräften. Allerdings sind viele Migranten ihrer Heimat verbunden geblieben. Ihre Rücküberweisungen haben zum Erfolg beigetragen. Es sind Investitionen in die Zukunft.
Von dem „Modell“ Kap Verde konnten sich Großherzog Henri, Premierminister Luc Frieden und Parlamentspräsident Claude Wiseler, zu den Feierlichkeiten für den Unabhängigkeitstag angereist, kürzlich einmal mehr überzeugen. Sie betonten die „Freundschaft und engen bilateralen Beziehungen zwischen den beiden Ländern“. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die kapverdischen Immigranten hierzulande nicht immer gern gesehen waren. Viele erfuhren in Luxemburg lange Zeit Ablehnung und erlebten Alltagsrassismus sowie strukturellen Rassismus in den Schulen, am Arbeitsplatz, in Behörden und bei der Wohnungssuche. Dies fanden Studien in den vergangenen Jahren heraus – eine Schattenseite, die nicht unter den Teppich gekehrt werden darf. In der Analyse von 50 Jahren Unabhängigkeit muss das Schicksal der kapverdischen Diaspora einen Platz haben.
De Maart

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