Delphine Cascarino posierte nach der Gruppenphase stolz mit ihren ersten beiden kleinen EM-Trophäen. Doch die Auszeichnungen zur Spielerin des Spiels sind längst nicht genug, die Turbo-Dribblerin jagt mit Frankreich bei der Europameisterschaft den ganz großen Coup. Es sei „eine Tatsache, dass wir mit der französischen Nationalmannschaft noch nie einen Titel gewonnen haben“, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP vor dem Viertelfinale gegen Deutschland: „Deshalb müssen wir diesen Sieg holen – und ich glaube, dass das möglich ist.“
Extra-Ansage nötig
Mit ihrer Form der Vorrunde erscheint alles möglich, auch wenn sie manchmal eine Extra-Ansage braucht. Er nenne Cascarino „Dragster“, sagte Trainer Laurent Bonadei: „Man muss sie ein wenig anfeuern, damit sie ihr ganzes Potenzial entfaltet.“ Beim anfangs mühsamen 5:2 (1:2) gegen die Niederlande habe er das beispielsweise getan: „In der Halbzeitpause habe ich ihr gesagt, dass sie sich ein bisschen mehr ins Zeug legen muss.“ Und ihre Reaktion habe ihm „gut gefallen“.
Mit zwei Toren und einer Vorlage drehte Cascarino das letzte Gruppenspiel quasi im Alleingang. Für das Viertelfinale am Samstag (21.00 Uhr) schickte ihr Trainer gleich noch eine Warnung ans DFB-Team: „Ich glaube, es steckt sogar noch mehr in Delphine“, betonte Bonadei. Cascarino könnte die Defensivschwächen Deutschlands gnadenlos aufdecken und ausnutzen.
Rugby-Vergangenheit
Sie gilt als eine der besten Dribblerinnen der Welt, ihre Finten und Tempowechsel sind gefürchtet. In vielen Aktionen ist ihre Rugby-Vergangenheit spürbar, vor ihrer Fußball-Karriere hatte sie sich in Kindestagen in der französischen Nationalsportart probiert. Auch für ihre präzisen und wuchtigen Abschlüsse ist die in der US-Profiliga bei San Diego Wave spielende Offensivakteurin bekannt, gerne auch mal aus der zweiten Reihe. Sie könne „den Unterschied“ ausmachen, betonte ihre Mitspielerin Sandie Toletti.
Dabei ist Cascarino trotz aller Qualitäten keine Lautsprecherin. „Ich bin nicht diejenige, die Befehle erteilt oder so etwas“, erklärte die 28-Jährige: „Ich bin eher zurückhaltend und versuche lieber, auf dem Spielfeld zu zeigen, was ich kann.“ Beim Turnier in der Schweiz ist sie sogar in doppelter Mission unterwegs, ihre üblicherweise ebenfalls für die Nationalmannschaft spielende Zwillingsschwester Estelle fehlt verletzungsbedingt.
„Ich werde für uns beide spielen“, versprach Delphine Cascarino. Sie wolle mit dem Team „eine eigene Geschichte schreiben“. Da kann sich die deutsche Abwehr gewiss auf Arbeit gefasst machen. (SID)
„Eines der härtesten Spiele“: Wankende Engländerinnen „stolz“
Sarina Wiegman konnte nach dem Triumph im Elfmeter-Krimi ihr Glück kaum fassen, ein derartiges Drama hatte selbst die erfahrene Erfolgstrainerin bislang nicht erlebt. „Das war eines der härtesten Spiele, die ich je gesehen habe. Wir hätten vier oder fünf Mal ausscheiden können“, sagte die Trainerin der Lionesses bei BBC: „Im Elfmeterschießen haben wir viel verfehlt, aber sie haben noch mehr verfehlt, und wir sind weiter.“
Sie müsse sich nun „erst einmal beruhigen“. Schon in regulärer Spielzeit holte England ein 0:2 dank eines Doppelschlags von Lucy Bronze (79.) und Michelle Agyemang (81.) in der Schlussphase auf. Im Elfmeterschießen scheiterte der Titelverteidiger dann viermal an der schwedischen Schlussfrau Jennifer Falk, doch die Skandinavierinnen vergaben ihrerseits gleich fünf Versuche. Deshalb dürfen die gleich mehrfach einen Schuss vor dem Aus stehenden Engländerinnen am Dienstag (21.00 Uhr) im Halbfinale gegen Außenseiter Italien ran. „Es war stressig anzusehen und stressig zu spielen“, sagte Schlussfrau Hannah Hampton. Sie selbst zeigte zwei Paraden, zudem schoss Schweden zweimal drüber und scheiterte einmal am Pfosten.
Lucy Bronze verwandelte den 13. von letztlich 14 Schüssen zum entscheidenden 3:2 im Elfmeterschießen. „Ich musste viel Verantwortung übernehmen. Als ältere und erfahrene Spielerin verlassen sich die anderen auf mich“, betonte die 33-Jährige.
Sie sei „wirklich stolz und finde es toll, dass wir nie aufgegeben haben“, sagte Kapitänin Leah Williamson. Das Team habe „Probleme gelöst und dann ins Spiel zurückgefunden“, lobte die eingewechselte Chloe Kelly: „Die Widerstandsfähigkeit der Mannschaft ist unglaublich.“ Der Spielverlauf sei zwar so „nicht geplant“ gewesen. „Aber“, führte die Angreiferin aus, „es ist eine Lernerfahrung, die wir uns zu Herzen nehmen und aus der wir für die Zukunft lernen werden.“
De Maart
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