Darüber hinaus sind die Ozeane für die Weltwirtschaft von entscheidender Bedeutung. Im Jahr 2023 wird der Handel mit Meeresgütern und -dienstleistungen Rekordwerte von 900 Milliarden bzw. 1,3 Billionen Dollar erreichen. Die Fischerei ernährt 600 Millionen Menschen, vor allem in Entwicklungsländern, und der Markt für marine Biotechnologie wird in diesem Jahr voraussichtlich ein Volumen von 6,4 Milliarden Dollar erreichen.
Die Ozeane spielen zudem eine entscheidende Rolle für die planetare Nachhaltigkeit. Durch eine Vielzahl von Prozessen wirken sie als Klimaregulator, indem sie etwa 25% der vom Menschen verursachten Kohlendioxidemissionen aufnehmen, und sie sind eine wichtige Quelle biologischer Vielfalt. In beiden Bereichen jedoch zeichnen sich besorgniserregende Trends ab. Im Jahr 2024 ist der Global Ocean Health Index stark gesunken, mit deutlichen Rückgängen bei der Bewertung von Lebensräumen, Arten und ikonischen Arten. Insgesamt gingen die Werte für 187 der 220 gemessenen Regionen zurück.
Nicht alles nur düster
Aber es ist nicht alles nur düster. Bis zum Abschluss der UN-Ozeankonferenz im Juni hatten 50 Länder das UN-Hochseeabkommen ratifiziert, und 19 weitere haben zugesagt, dies noch in diesem Jahr zu tun. Da das Abkommen damit kurz davorsteht, zu einem verbindlichen Vertrag zu werden (60 Ratifizierungen sind erforderlich), könnten wir in internationalen Gewässern schon bald erheblich stärkere Maßnahmen zum Schutz der Ozeane erleben.
Trotzdem investiert die Menschheit nicht annähernd genug in die Nachhaltigkeit der Ozeane. Das Hochrangige Gremium für eine nachhaltige Ozeanwirtschaft (Ozean-Panel) (bestehend aus 18 führenden Vertretern maritimer Staaten) schätzt, dass in den letzten zehn Jahren weniger als 1% des Wertes der Ozeane durch Philanthropie oder offizielle Entwicklungshilfe in Nachhaltigkeitsprojekte investiert wurde.
Was also ist zu tun? Die fünf Prioritäten des Ozean-Panels lauten: nachhaltige Produktion von Fisch- und Meeresfrüchteprodukten, Eindämmung des Klimawandels, Eindämmung des Verlusts der biologischen Vielfalt, Nutzung der Chancen zur wirtschaftlichen Erholung nach Klima- und Ökosystemschocks und ganzheitliche Bewirtschaftung der Ozeane. Und in den letzten Jahren wurden erhebliche Fortschritte bei der Entwicklung von Rahmenwerken zur Finanzierung dieser Ziele gemacht. Aus unserer Erfahrung bei der Deutschen Bank bedeutet dies, dass wir unsere Due-Diligence-Richtlinien zum Schutz der Ozeane ausgeweitet haben, indem wir uns an globale Rahmenwerke wie die 2018 von den Vereinten Nationen zur Unterstützung des Nachhaltigkeitsziels 14 (SDG 14, „Leben unter Wasser“) eingeführten Grundsätze für eine nachhaltige Finanzierung der blauen Wirtschaft halten und als erste Bank der Ocean Risk and Resilience Action Alliance als Vollmitglied und der von den Vereinten Nationen unterstützten #BackBlue Ocean-Finance-Verpflichtung der ORRAA beitreten.
Nachhaltige Ozeanwirtschaft
Diese unterstützenden Rahmenwerke werden immer klarer. So stellt etwa das vom UN Global Compact und der Finanz-Initiative des Umweltprogramms der Vereinten Nationen in diesem Jahr ins Leben gerufene Protokoll für Ozeaninvestitionen einen praktischen Fahrplan für Finanzinstitute, Versicherer und Entwicklungsbanken dar, um ozeanbezogene Risiken zu steuern und Investitionsmöglichkeiten zu erschließen, die das SDG 14 unterstützen.
Derartige Rahmenwerke werden künftig die internen Richtlinien, Risikobewertungen und Investitionsstrategien im gesamten Finanzsektor prägen und dazu beitragen, Definitionen zu standardisieren, die Transparenz zu verbessern und die großmaßstäbliche Finanzierung einer nachhaltigen Ozeanwirtschaft sicherzustellen. Gleichzeitig werden Finanzinnovationen – wie Kreditbürgschaften, Mischfinanzierungen und Projektbündelung – dazu beitragen, Investitionen in die Ozeane für Mainstream-Kapital attraktiver zu machen.
Ich möchte die verbleibenden Herausforderungen nicht herunterspielen. Viele Ozeanprojekte sind nur begrenzt skalierbar, und es herrscht noch immer ein Mangel an Investitionsangeboten und Lösungen. Trotz der oben erwähnten Fortschritte sind einige Komponenten der derzeitigen Investitionsrahmen ziemlich schwierig umzusetzen, und der Mangel an Daten bleibt ein Problem.
Nichtsdestotrotz sind die Ressourcen da, und das Finanzsystem entwickelt derzeit die Instrumente, um sie im Interesse der Gesundheit der Ozeane zu mobilisieren. Bei den Überlegungen zu dieser Arbeit muss man immer die Ziele der unterschiedlichen potenziellen Investoren im Blick behalten und überlegen, wie eine nachhaltige Ozeanfinanzierung diese am besten erfüllen kann. Als Leiter der Privatkundenbank der Deutschen Bank weiß ich, dass viele Investoren – private wie institutionelle – ein starkes Interesse an nachhaltigen Investitionen in die Ozeane haben. Bei der Entwicklung innovativer Finanzierungslösungen für diese Kunden arbeiten wir oft mit anderen Partnern wie multinationalen Entwicklungsbanken und Finanzinstituten aus Entwicklungsländern zusammen.
Erwartungen der Investoren
Doch was erwarten Investoren wirklich von nachhaltigen Ozeaninvestitionen, und wie lassen sich ihre Erwartungen am wirksamsten erfüllen? Im Allgemeinen wollen sie eine sichtbare Rendite, sei es in Form von Auswirkungen auf die reale Welt (z.B. Korallenschutz), finanziellem Gewinn oder einer Kombination aus beidem. Während die „Auswirkungen“ für sich genommen messbar sein mögen, verbinden die meisten nachhaltigen Ozeaninvestitionen Auswirkungen und finanziellen Ertrag und müssen daher in einer Weise bewertbar und investierbar sein, die im Kontext eines Gesamtportfolios sinnvoll ist. Andernfalls wird das Universum potenzieller Ozeaninvestoren schrumpfen und damit auch unsere Fähigkeit, Investitionen größeren Umfangs in die Ozeane zu tätigen.
Finanzinnovationen können eine Schlüsselrolle spielen, und ich rechne für die kommenden Monate und Jahre mit bedeutenden Entwicklungen. Zu den bemerkenswerten Bemühungen der jüngsten Zeit auf dem breiteren Markt gehören die Zusammenarbeit zwischen einer Umweltorganisation und einem großen globalen Versicherungsanbieter zur Entwicklung von Versicherungsprodukten für Riffe sowie das Blue SEA Finance Hub der Asiatischen Entwicklungsbank, das südostasiatischen Volkswirtschaften bei der Strukturierung ihrer Investitionen in die blaue Wirtschaft helfen soll. Ich möchte auch auf die Nautilus Blue Guarantee Company hinweisen. Sie wurde im März von der ORRAA und der Development Guarantee Group gegründet und zielt darauf ab, privates Kapital zu mobilisieren, indem sie Bürgschaften für Investitionen in sechs Schlüsselsektoren der blauen Wirtschaft anbietet, darunter die nachhaltige Bewirtschaftung von Fisch und Meeresfrüchten, Ozeanschutz und blaue Infrastruktur.
Wir sollten auch nicht die Bedeutung bestehender und neuer Ozeanfonds übersehen, die öffentliches und privates Kapital zusammenführen. Die erfolgreiche Emission von blauen Anleihen im Wert von 300 Millionen Dollar durch die Korean Ocean Business Corporation im April hat gezeigt, dass Investoren auf überzeugende Argumente reagieren, wenn die Emittenten diese vorlegen können. Der Schlüssel dabei ist eine solide Investitionsthese, kombiniert mit einem kooperativen Ansatz zwischen privaten und öffentlichen Einrichtungen.
Während die Verbesserung und Ausweitung der „blauen Finanzierung“ Entschlossenheit, Engagement und kontinuierliche Innovation erfordert, um investitionsfähige Lösungen zu schaffen und zu institutionalisieren, ist eines klar: Es ist für den Planeten und die Menschheit unverzichtbar, sicherzustellen, dass Finanzmittel in die Förderung der Gesundheit der Ozeane fließen. Es mag noch lange dauern, bis der Mensch die Ozeane umfassend versteht. Aber es ist kein Geheimnis, dass wir die Finanzierungsmethoden für die Ozeane dringend überdenken und verbessern müssen.
Aus dem Englischen von Jan Doolan.
* Claudio de Sanctis ist Leiter der Privatkundenbank und Mitglied der Geschäftsleitung der Deutschen Bank.
Copyright: Project Syndicate, 2025. www.project-syndicate.org.
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