Das portugiesische Parlament brachte kurz vor Beginn der Sommerferien ein Gesetzesbündel auf den Weg, das die Einwanderung deutlich einschränkt. Es wurde mit den Stimmen der konservativen Regierungspartei Aliança Democrática sowie der rechtspopulistischen Partei Chega angenommen. Die Demokratische Allianz und Chega halten zusammen 151 der 230 Sitze im Parlament. Die Oppositionsparteien links der Mitte stimmten geschlossen dagegen.
Mit der parlamentarischen Kooperation zwischen der konservativen Minderheitsregierung von Premier Luis Montenegro und der Rechtspartei Chega fiel nun auch in Portugal die bisherige Brandmauer zur extremen Rechten. Montenegro hatte im Frühjahr die vorgezogene Parlamentswahl gewonnen, aber mit seiner konservativen Allianz keine ausreichende Mehrheit errungen. Damals versprach er seinen Anhängern, dass es keine Zusammenarbeit mit der Rechtsaußenpartei Chega geben werde, die seit der Neuwahl Portugals zweitstärkste politische Kraft ist.
Nun liegt das Gesetzesvorhaben bei Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa, der die Neuregelung des Ausländerrechts abzeichnen muss. Der Staatschef, der in Portugal mehr ist als ein repräsentatives Staatsoberhaupt, deutete an, dass er Bedenken gegen einige Punkte der Gesetzesverschärfung hat. Es wird nicht ausgeschlossen, dass Rebelo de Sousa die im Eilverfahren beschlossene Reform ans Parlament zurückverweisen oder sogar dem Verfassungsgericht vorlegen wird.
Mit den strengeren Vorschriften wird unter anderem die Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis für Nicht-EU-Bürger erschwert. Lange Zeit galt in Portugal eine sehr freizügige Praxis: Wer etwa als Tourist ins Land einreiste, konnte im Nachhinein legal eine Aufenthaltserlaubnis beantragen. Dies soll nun wegfallen, was Menschen aus der früheren portugiesischen Kolonie Brasilien besonders hart trifft. Von dort kamen bisher die meisten Einwanderer: Rund ein Drittel der 1,5 Millionen im Land lebenden Immigranten stammen aus Brasilien.
Neue Polizeieinheit für Abschiebungen
Zudem dürfen künftig Einwanderer ihre Familienangehörigen erst nach zwei Jahren legalen Aufenthalts nachholen – bislang war dies sofort möglich. Ausnahmen gelten nur für minderjährige Familienmitglieder. Hinzu kommen hinsichtlich der Familiennachholung strengere Anforderungen der Integration und sozialen Absicherung. So müssen zum Beispiel künftig Wohnraum, Sprachkenntnisse und die Akzeptanz verfassungsmäßiger Grundwerte nachgewiesen werden.
Auch die Erteilung von Visa und Arbeitserlaubnissen wird erschwert: Künftig müssen Visa im Herkunftsland beantragt werden. Arbeitssuchende erhalten nur noch ein Visum, wenn sie als „hochqualifizierte Fachkräfte“ eingestuft werden – welche Personen als entsprechend qualifiziert gelten, wurde allerdings noch nicht festgelegt. Für alle anderen gilt: Nur wer bereits einen Arbeitsvertrag vorweisen kann, darf ein Visum beantragen.
Ergänzt wird das Gesetzespaket durch die Gründung einer neuen Grenzpolizeieinheit innerhalb der staatlichen Sicherheitskräfte. Die neue Einheit soll unter anderem Flughäfen kontrollieren, den Aufenthaltsstatus überwachen sowie Abschiebungen organisieren. Auch Auffangzentren für Migranten an den Grenzen sollen künftig dieser neuen Truppe unterstellt werden.
Wichtige Rolle von Migranten in Wirtschaft
Ein zweiter Gesetzentwurf, über den nach im Sommer abgestimmt werden soll, verschärft zusätzlich das Staatsbürgerschaftsrecht. Kinder von Migranten sollen nicht mehr automatisch einen portugiesischen Pass erhalten. Voraussetzung soll künftig sein, dass mindestens ein Elternteil seit drei Jahren legal im Land lebt. Die Mindestaufenthaltsdauer für eine Einbürgerung von Erwachsenen soll von fünf auf zehn Jahre steigen. Zudem sollen eingebürgerte Personen bei Verurteilung wegen schwerer Straftaten die Staatsbürgerschaft verlieren.
Die Reform stößt bei der Opposition, die von der sozialdemokratisch orientierten Sozialistischen Partei angeführt wird, auf heftige Kritik. Die Oppositionsparteien werfen der Regierung vor, die Gesetzesänderungen ohne die eigentlich üblichen Rechtsgutachten und ohne Anhörung von Migrantenverbänden durchgedrückt zu haben. Experten warnen bereits vor negativen wirtschaftlichen Folgen in einem Land, in dem rund 15 Prozent der rund zehn Millionen Einwohner ausländische Wurzeln haben. Viele Wirtschaftszweige wie etwa Landwirtschaft, der Gesundheitssektor und die Gastronomie sind stark von Migranten abhängig.
Staatspräsident Rebelo de Sousa, der das Gesetz absegnen muss, äußerte sich bislang zurückhaltend. Er unterstrich aber in einer ersten Reaktion ebenfalls die wichtige Rolle von Migranten in der portugiesischen Wirtschaft. Er betonte zudem die Notwendigkeit eines „Gleichgewichts“ der verschiedenen Interessen und warnte vor dem „Verfallen ins andere Extrem“. Das endgültige Inkrafttreten des neuen portugiesischen Ausländerrechts könnte sich also noch etwas hinziehen.
De Maart
Luis kennt die jüngste Geschichte seiner Landsleute nicht. Wieso hat man so wenig Gedächtnis oder vielleicht so viel Ignoranz? Leider gibt es solche "Verdränger" auch bei uns.