Bei der Union überließ man am Montag die politische Spielwiese insbesondere dem Bayern Markus Söder. Nachdem Kanzler Friedrich Merz bei seinem ersten TV-Sommerinterview am Abend zuvor bereits betont hatte, die chaotische Absetzung der Wahl im Bundestag von drei Richtern für das Verfassungsgericht sei „undramatisch“ sowie „kein Beinbruch“, blies der CSU-Chef nach den Gremien seiner Partei in München in ein ähnliches Horn. Krise, welche Krise?
„Runterkühlen“, riet der Ministerpräsident. Was wiederum darauf schließen lässt, dass sich Merz und Söder bei ihrer obligatorischen Schalte zum Wochenbeginn eng abgestimmt haben. Gleiches tat Merz mit SPD-Chef Lars Klingbeil. Die beiden telefonierten demnach „ausführlich“, wie es hieß.
Was passiert sei, sei zwar „kein Ruhmesblatt, da sind sich alle einig“, ergänzte Söder. Einen Schaden für die Demokratie oder fürs Parlament sehe er nicht. Auch sei das Bundesverfassungsgericht „absolut handlungsfähig“. Eine kleine Spitze konnte sich der Bayer dann doch nicht verkneifen: Dass Merz bei seiner Kanzlerwahl Anfang Mai eine „zweite Runde“ habe einlegen müssen, „das fand ich fürs Land, ehrlich gesagt, herausfordernder“.
Söder und Merz dimmen die Angelegenheit nun massiv, denn viel lieber wäre es ihnen, wenn im Sommer über die ersten Erfolge der Koalition geredet würde. So ist etwa am Freitag fast untergegangen, dass der Bundesrat den Weg freigemacht hat für das milliardenschwere Wachstumspaket. Doch ganz so einfach will es ihnen die SPD dann doch nicht machen. Während CDU-Politiker lieber auf Tauchstation gingen und sich so am „Runterkühlen“ des Konflikts beteiligten, forderte der Parlamentsgeschäftsführer der SPD, Dirk Wiese, erneut eine Aufarbeitung der Vorkommnisse.
Plagiatsvorwürfe in Luft aufgelöst
Wiese sagte dem Tageblatt: „Da sich die von der Union ins Feld geführten Plagiatsvorwürfe als haltlos erwiesen haben, erwarte ich, dass die Union das Gespräch mit Frau Professorin Brosius-Gersdorf sehr zeitnah sucht. Die konstruierten Diffamierungen in der von rechten Nachrichtenportalen begonnenen Kampagne werden sich dann in Luft auflösen.“ Merz und sein Fraktionschef Jens Spahn hatten am Freitag die Verweigerung der Wahl der Potsdamer Rechtsexpertin Frauke Brosius-Gersdorf mit Plagiatsvorwürfen begründet, die sich aber rasch in Luft auflösten. Aus der Unionsfraktion hieß es dazu lediglich: „Den Vorschlag für ein Gespräch mit Frau Brosius-Gersdorf nehmen wir zur Kenntnis.“
Tatsächlich abgeräumt ist der Konflikt also noch lange nicht, zumal die SPD an ihrem Wahlvorschlag festhalten und zügig einen zweiten Anlauf unternehmen will. Die „Dringlichkeit“ für eine Sondersitzung des Bundestages sehe man nicht, hieß es gleichwohl aus der Unionsfraktion. Söder trat ebenfalls auf die Bremse. Es sei Zeit bis September, so der Bayer. Zugleich betonte er, auf der Kandidatur von Brosius-Gersdorf „liegt und lag kein Segen“. Deswegen befürworte man im Herbst einen „Neustart für Person und Verfahren“. Mittelfristig müsse auch darüber geredet werden, ob es für die Richterwahl weiterhin einer Zweidrittelmehrheit des Bundestages bedürfe. Fraglich ist, ob die SPD auch da mitgehen würde.
Sowohl Söder als auch Merz stärkten übrigens demonstrativ dem in die Schusslinie geratenen Fraktionschef den Rücken. „Wir vertrauen Jens Spahn“, man unterstütze ihn weiter, drehte der Bayer auch hier am Dimmer.
De Maart
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