Montag10. November 2025

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SpanienFremdenfeindliche Parolen erschüttern Urlaubsinsel Mallorca

Spanien / Fremdenfeindliche Parolen erschüttern Urlaubsinsel Mallorca
Protestveranstaltung im Juni in Palma de Mallorca gegen die Auswüchse des Massentourismus  Foto: Jaime Reina/AFP

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Die Schmierereien sind inzwischen entfernt – doch die Sorge und die Empörung bleiben. In Santanyí, einem kleinen Ort im Südosten Mallorcas, wurde die sommerliche Ruhe durch Hassparolen gestört. Mit roter Sprühfarbe und Aufklebern wurden auf Schaufenster, Hauswände und Autos Sprüche wie „Deutsche raus“, „Go home” (Hau ab) oder „Foreign property buyers go to hell“ (Ausländische Immobilienkäufer fahrt zur Hölle) angebracht.

Was ist los in dem bisher so idyllischen Ferienort? Dort leben rund 12.000 Menschen, davon sind laut Einwohnermeldeamt rund ein Drittel Ausländer – die meisten aus dem deutschsprachigen Raum. Der Ort lebt vor allem vom Tourismus. Im Sommer vervielfacht sich allerdings die Zahl der Menschen in Santanyí. Es gibt nach Angaben des Branchenverbandes Exceltur in Hotels und privaten Ferienunterkünften mehr als 26.000 Touristenbetten in der kleinen Gemeinde.

Ein Rathaussprecher betonte, dass die fremdenfeindlichen Sprüche „nicht die Meinung der Mehrheit widerspiegeln“. Bürgermeisterin Maria Pons verurteilte die Vorfälle scharf. Sie forderte die von Vandalismus betroffenen Geschäftsinhaber und Anwohner auf, Anzeige wegen Sachbeschädigung zu erstatten. „Die Verantwortlichen dürfen nicht denken, dass dies ungestraft bleibt. Zudem wollen wir nicht, dass sich das wiederholt“, sagte Pons der Mallorca Zeitung.

Sie erinnert daran, dass „95 Prozent der Menschen in Santanyí vom Tourismus leben“. Die ausländischen Bürger seien ein fester Bestandteil der Ortsgemeinschaft. „Auch die Besitzer von Zweitwohnungen zahlen hier Steuern. Es darf keinen Unterschied zwischen Deutschen und Mallorquinern geben.“

Inzwischen tauchten ähnliche urlauberfeindliche Graffiti auch in anderen Mallorca-Gemeinden auf. Etwa in der Inselhauptstadt Palma oder in den Ferienorten Campos, Santa Ponça oder Alcúdia. Vor allem Immobilienbüros und Geschäfte wurden mit roten Schriftzügen beschmiert, zudem Fahrzeuge mit ausländischen Kennzeichen.

Auch Spanier blieben von den Hass-Attacken nicht verschont: Eine Santanyí-Bewohnerin namens Gema, die in Deutschland aufwuchs und dort lange lebte, war geschockt, als sie dieser Tage auf ihrem Auto zwei Aufkleber fand mit der Aufschrift „Go home“ und „Deutsche raus“.

Im sozialen Netzwerk Facebook berichtete sie: „Ich lebe seit fast drei Jahren in Santanyí, arbeite und zahle meine Steuern. Vor zwei Wochen habe ich mein Auto aus Deutschland mitgebracht, die Ummeldung läuft noch. Heute früh sehe ich diese Aufkleber. In all den Jahren in Deutschland habe ich mich nie als Ausländerin gefühlt. Jetzt, in meiner Heimat, schon.“

Die Hintermänner dieser ausländerfeindlichen Sprüche sind bislang unbekannt, die Polizei ermittelt noch – doch vieles deutet auf radikale Tourismusgegner hin. Bereits in den vergangenen Jahren waren immer wieder Parolen wie „Tourist go home“ oder „More tourists? No thanks!“ aufgetaucht. 2024 sorgten in Palma Sprüche wie „Tourismus macht frei“ für internationale Empörung – eine Anspielung auf das Nazi-Lagermotto „Arbeit macht frei“. Für Entsetzen sorgte damals ebenfalls die Schmiererei „Kill a tourist” (Töte einen Touristen) auf einer Mauer in Manacor, der drittgrößten Inselstadt, die im Osten Mallorcas liegt.

Die Aggression wächst

Auch jenseits dieser schlimmen Hass-Kampagnen wächst die Aggression. Am Rande einer Großdemo gegen den Massentourismus im vergangenen Juni wurden ausländische Gäste, die auf gastronomischen Terrassen in Palma ein Glas Wein oder eine Sangria tranken, von Demonstranten mit fremdenfeindlichen Sprechchören angegangen. Ein Sprecher der Inselregierung verurteilte damals die Verbalattacken: Die ausländischen Urlauber seien willkommen, die radikalen Demonstranten seien nur eine Minderheit auf der Insel.

Allerdings kann dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Spannungen wachsen. Bereits vor einigen Monaten warnten mehrere große Bürgerplattformen, darunter die Umweltgruppe GOB und die Initiative „Menys turisme més vida“ (Weniger Tourismus, mehr Leben), vor einer sozialen Explosion auf Mallorca. Vor allem, weil der Massentourismus, die ungebremste Umwandlung von Wohnraum in Ferienwohnungen und der Aufkauf von Immobilien durch Ausländer zur Vertreibung der Einheimischen führen.

In einem offenen Brief beklagen die Bürgervereine die „Zerstörung des Territoriums und des Ökosystems“ sowie „die völlige Unmöglichkeit für die lokale Bevölkerung, eine Wohnung zu finden“. Und sie appellieren an ausländische Urlauber, Residenten und Immobilieninvestoren: „Kommt nicht hierher. Die Einheimischen sind wütend und nicht mehr gastfreundlich.“

Weiter heißt es: „Wir haben diejenigen, die unsere Insel mit dem nötigen Respekt besucht haben, immer gut behandelt. Doch im Moment bleibt uns nichts anderes übrig, als um euer Verständnis zu bitten und euch klarzumachen, dass wir Mallorquiner sagen: Genug! Bleibt zu Hause!“

Rekordzahlen an Touristen

Der regionalen Inselregierung, die von der konservativen Ministerpräsidentin Marga Prohens angeführt wird, werfen die Bürgerinitiativen vor, nichts gegen den drohenden Inselkollaps zu unternehmen. In der Tat hat die politische Führung auf Mallorca und den balearischen Nachbarinseln trotz großer Ankündigungen bisher wenig Konkretes getan, um die Ausbreitung von Airbnb-Wohnungen und den ungezügelt wachsenden Massentourismus in geordnete Bahnen zu lenken.

Im vergangenen Jahr wurden über 13,5 Millionen Touristen auf Mallorca gezählt – ein Rekord. 2025 könnten es noch mehr werden. Mehr als ein Drittel der ausländischen Besucher kommen aus dem deutschsprachigen Raum.

Die Mallorca-Kennerin Alexandra Wilms kann den Ärger vieler Inselbewohner gut verstehen: In einer Kolumne in der Mallorca Zeitung schreibt die frühere Tourismus-Sprecherin der Inselregierung: „Die Parolen sind eben auch Zeichen einer Wut und Ohnmacht darüber, auf der eigenen Insel nichts mehr zu gelten.“ Und sie erinnert daran, „dass der überwiegende Teil der Einheimischen trotz Fleiß und Arbeit nicht vorankommt, sich keine eigene Wohnung, geschweige denn ein eigenes Geschäft leisten kann.“

Und: „Die Probleme der Mallorquiner sind so allumfassend und komplex, dass es keine einfachen Lösungen dafür gibt. Aber dass der Unmut über die eigene Situation irgendwann mal heraus muss, ist verständlich. Auch wenn er sich vielleicht eher gegen lokale Entscheider richten sollte, die mit ein bisschen Mut und gutem Willen zumindest theoretisch etwas an den Problemen ändern könnten.“

Michaux Merle
13. Juli 2025 - 21.21

"dass die fremdenfeindlichen Sprüche „nicht die Meinung der Mehrheit widerspiegeln“. "

Kein Wunder, wenn 'die Mehrheit' Deutsche sind.:-)