Mittwoch22. Oktober 2025

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Auf der Suche nach MotorenEhemaliger Kriminalermittler Nick Raudenski hat bei der Tour de France einen ganz speziellen Job

Auf der Suche nach Motoren / Ehemaliger Kriminalermittler Nick Raudenski hat bei der Tour de France einen ganz speziellen Job
Nick Raudenski überprüft bei der Tour de France die Räder der Sportler Foto: Anne-Christine Poujoulat/AFP

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Früher jagte Nick Raudenski Terroristen. Heute sucht er nach Motoren in den Fahrrädern der Tour de France.

„Ich bin nicht der Typ, der wegschaut. Wenn wir etwas finden, wird das ordentlich Wellen schlagen“, versichert Nick Raudenski. Mit kräftiger Statur, dichtem Bart, Kappe und tiefer Stimme ist der Amerikaner seit 2024 Leiter der Abteilung zur Bekämpfung von technologischen Betrugsversuchen beim Radsport-Weltverband UCI – eine potenzielle Bedrohung, die wie ein Schatten über dem immer schnelleren Fahrerfeld schwebt.

„Als ich angefangen habe, habe ich mich zuerst in die Rolle eines Betrügers versetzt: Wie würde ich einen Motor einsetzen, ohne erwischt zu werden? Ganz wie damals, als ich als Kriminalermittler im US-Heimatschutzministerium gearbeitet habe“, erklärt er.

„Ich war im Bereich Terrorismusbekämpfung tätig. Ein Idiot versuchte, ein Flugzeug in die Luft zu jagen, indem er eine Bombe in seiner Schuhsohle versteckte – und jetzt müssen alle im Flughafen die Schuhe ausziehen. Im Radsport ist es dasselbe“, ergänzt Raudenski, der auch für die FIFA, die UEFA und die unabhängige Anti-Doping-Agentur ITA tätig war.

Technologischer Betrug wird immer wieder thematisiert, aber der einzige bestätigte Fall im Profiradsport liegt bis heute im Jahr 2016: Die damals 19-jährige Belgierin Femke Van den Driessche hatte bei der U23-Cyclocross-WM einen Motor im Rad versteckt. Seitdem wurden Tausende Kontrollen durchgeführt – ohne weitere Funde.

„Warum haben wir nichts gefunden? Entweder gibt es nichts zu finden – oder wir sind nicht gut genug. Diese Frage lässt mich nicht los. Ich bin hier, um eine Antwort darauf zu finden“, sagt Raudenski.

Mit Röntgenstrahlen 

Die UCI baut ihr Kontrollsystem Jahr für Jahr weiter aus. 2024 wurden bei der Tour de France 192 Fahrräder per Röntgentechnik überprüft – darunter systematisch das Rad des Etappensiegers und des Trägers des Gelben Trikots. Das sind 17% mehr als 2023.

„Dieses Jahr werden es noch mehr sein“, betont die UCI. Gleichzeitig hat sie ein Prämienprogramm gestartet, das insbesondere finanzielle Anreize für verwertbare Hinweise bietet. Beim Critérium du Dauphiné am 13. Juni in Combloux gewährte Raudenski der AFP Einblicke hinter die Kulissen dieser Kontrollen – vom Zielbereich, wo er die Fahrer abfängt, bis zum Zelt hinter dem Podium, in dem die Räder untersucht werden.

„Am Start jeder Etappe überprüfen Kommissäre die Räder mit magnetischen Tablets. Wenn ihnen etwas auffällt, informieren sie uns per Telefon“, erzählt er. „Dann beobachten wir das Rennen selbst – ob es etwa ungewöhnliche Szenen gibt, wie ein Helfer, der extrem stark fährt, oder ein Fahrer, der das Rad wechselt. So können wir gezielt zusätzliche Fahrer auswählen, die am Ziel kontrolliert werden – zusätzlich zu den automatisch festgelegten.“

Auch die Räder der Fahrer, die sich einem Dopingtest unterziehen müssen, werden kontrolliert. Für die Analyse der Fahrräder nutzt Raudenski mit seinem Team mittlerweile tragbare Röntgengeräte. Die Techniker, mit Dosimeter um den Hals, scannen die Räder von oben bis unten.

Formel 1 und Drohen

„Diese Geräte sind so leistungsstark, dass man Seriennummern, Kabel und alles im Inneren sehen kann. Wie im Krankenhaus. Dadurch müssen wir nicht täglich 30 Räder auseinanderbauen. Es gibt nicht viele Stellen, an denen man etwas verstecken könnte – und wir wissen ganz genau, wonach wir suchen.“ Raudenski betont, dass sein Team „ständig auf dem neuesten Stand der Technik“ sei – mit Blick auf andere Sportarten wie die Formel 1 oder auf Miniaturbatterien für Drohnen.

Denn „die technischen Fortschritte der letzten Jahre sind enorm“. Dennoch zeigt er sich „sehr zuversichtlich“ hinsichtlich der Effektivität der Kontrollen, auch wenn die Detektionsfähigkeit der UCI immer wieder infrage gestellt wird. „Ich will, dass die Leute glauben können, was sie sehen – bei einer Kletterattacke oder einem explosiven Antritt – und nicht gleich denken: Der hat bestimmt einen Motor.“

Was die gelegentlich geäußerte Vermutung angeht, die UCI könnte einen Fund vertuschen, um dem Sport nicht zu schaden, wird Raudenski deutlich: „Das kommt überhaupt nicht infrage.“ „Ich weiß nicht, ob so etwas früher passiert ist – aber wegzusehen, das ist nicht mein Stil. Wenn wir etwas finden, wird das ein großes Echo geben.“