Charterflüge für gefährdete Afghanen nach Deutschland sorgten, bevor die schwarz-rote Bundesregierung ins Amt kam, immer wieder für aufgeregte Debatten. Wegen Sicherheitsbedenken gab es zunehmend Kritik an den Aufnahmeprogrammen. Denn die Flüge erfolgten infolge offiziell getätigter Aufnahmezusagen. Zuletzt gab es Mitte April einen solchen Flug – als der damalige Kanzler Olaf Scholz noch mit seinem Kabinett geschäftsführend regierte. Seither ist offen, was mit den übrigen rund 2.350 in Pakistan gestrandeten Afghanen mit deutscher Aufenthaltszusage passiert.
Wie bindend sind solche Versprechen? Am Dienstag wurde dazu eine Entscheidung in erster Instanz veröffentlicht: Das Verwaltungsgericht Berlin entschied in einem Eilverfahren zum Bundesaufnahmeprogramm für besonders gefährdete Afghanen, dass die Bundesregierung einer Afghanin und Juradozentin sowie ihren 13 Familienangehörigen Visa zur Einreise erteilen muss. Deutschland habe sich „durch bestandskräftige, nicht widerrufene Aufnahmebescheide rechtlich zur Aufnahme gebunden“, so die Begründung. „Von dieser freiwillig eingegangenen Bindung“ könne sich die Bundesregierung nicht lösen. Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht eingelegt werden.
Somit gilt also, dass die Bundesregierung Aufnahmeverfahren für afghanische Staatsangehörige zwar beenden kann. Ausgenommen sind aber Menschen, die Zusagen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) haben, deren Identität geklärt ist und gegen die es keine Sicherheitsbedenken gibt.
SPD-Außenpolitikerin Derya Türk-Nachbaur sagte dem Tageblatt: „Wir in der SPD sind uns einig: Alle Aufnahmezusagen müssen eingehalten werden.“ Die betroffenen Afghaninnen und Afghanen seien auf Herz und Nieren geprüft worden – mehrfach und gründlich durch deutsche Sicherheitsbehörden. „Es spricht nichts dagegen, sie einreisen zu lassen.“ Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm, kritisierte indes Intransparenz bei den Aufnahmeprogrammen. Neben dem Bundesaufnahmeprogramm, das von der Ampel-Regierung nach dem jähen Ende des 20-jährigen Afghanistan-Einsatzes im Jahr 2022 aufgesetzt wurde, gab es das sogenannte Ortskräfteverfahren, ein Menschenrechtsprogramm und ein Überbrückungsprogramm. Über die vier Programme sind seit der Machtübernahme der Taliban mehr als 36.000 Afghanen eingereist.
CDU-Politiker: Schlechte Idee der Grünen
CDU-Politiker Throm sagte dem Tageblatt: „Dieses ganze intransparente Verfahren war von Anfang an eine schlechte Idee der Grünen, dafür übernimmt diese Bundesregierung keine Verantwortung.“ Zugleich stellte er klar: „Wenn Deutschland rechtlich verpflichtet ist, jemanden einreisen zu lassen, dann wird man dieser Pflicht selbstverständlich nachkommen.“ Aber: „Wenn Zweifel an den Dokumenten der Afghanen oder dem Einfluss der NGOs bestehen, ist dem gründlich nachzugehen. Bei Anhaltspunkten für falsche Angaben werden Zusagen auch widerrufen. Niemand darf mehr aus diesem Aufnahmeprogramm aufgenommen werden, der nicht zwingend aufzunehmen ist.“
Die Vereine Pro Asyl und Patenschaftsnetzwerk Ortskräfte erwägen indes, politisch Verantwortliche vor Gericht zu bringen. Denkbar wären demnach Klagen gegen Außenminister Johann Wadephul (CDU) und Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) – sofern sie nicht verhindern, dass Afghanen mit deutscher Aufnahmezusage von Pakistan nach Afghanistan abgeschoben werden.
		    		
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