Montag3. November 2025

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In der RockhalAmyl and The Sniffers machen keine Kompromisse 

In der Rockhal / Amyl and The Sniffers machen keine Kompromisse 
Amy Taylor mit ihrer Band im Jahr 2022 in Glastonbury Foto: Ralph_PH

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Mit rotziger Urgewalt spielen Amyl and The Sniffers ungehobelten Punk ’n’ Roll, vorneweg Frontfrau Amy Taylor. Sie singt unter anderem gegen den immer noch grassierenden Sexismus an.

Als Punk-Mekka hat Australien nie gegolten. Viele verbinden den fünften Kontinent in erster Linie mit AC/DC sowie mit dem aus Melbourne respektive dem Bundesstaat Victoria stammenden Nick Cave und seinen Ursprüngen bei The Birthday Party, vormals The Boys Next Door. The Birthday Party wurde sozusagen zur Keimzelle des australischen Post-Punks, aus dem Bands wie Crime & the City Solution sprossen. Bis heute ist Nick Cave mit seinen Bad Seeds der wohl berühmteste Vertreter dieser so vielfältigen Stilrichtung. Nicht zu vergessen ist Brody Dalle, Sängerin von The Distillers, ebenfalls aus Melbourne stammend.

Amy Taylor hingegen kommt aus Mullumbimby, einer Kleinstadt in New South Wales, nach ihren eigenen Worten eine „hippy town“ und wo es eine rege Hardcore-Szene gibt, wie das Online-Magazin laut.de berichtet. Dem NME (New Musical Express) gegenüber sagte die blonde Sängerin: „Ich will, dass mich jemand schubst und mir ein blaues Auge beschert und von Bier übergossen werden. Ich will Teil des Publikums sein und ich will, dass es sich wie ein Teil der Band fühlt.“ Gerade volljährig, zog Taylor nach Melbourne, wo sie mit ihren Mitbewohnern zu jammen begann und schließlich die Band gründete. „Giddy Up“, die erste EP des Quartetts, soll 2016 in nur zwölf Stunden entstanden und bereits am Tag danach veröffentlicht worden sein.

Gehörige Wut, geballte Wucht

Amyl and The Sniffers, wie sich die vierköpfige Combo aus Declan Martens (Gitarre), Fergus Romer (Bass), der 2017 Calum Newton ersetzte, und Drummer Bryce Wilson, nach dem australischen Slang-Begriff für Poppers-Drogen fortan nannte, drehten voll auf und verbanden in ihrem Punk-Garagen-Rock Elemente unter anderem aus den Ramones und The Stooges. Doch weitere Vergleiche erübrigen sich, denn Amyl and The Sniffers bringen von Anfang eine neue rohe Kraft in den ausgetretenen Punkrock-Kosmos, nicht zuletzt wegen der energiegeladenen Amy Taylor und ihrer grellen, bellenden Stimme, die in den tiefsten Tagträumen des Rezensenten an die unvergessliche Poly Styrene (X-Ray Spex) erinnert.

Da ist einfach eine gehörige Wut dabei, wenn sie singt, und die Instrumente ihrer Mitstreiter unterstützen sie dabei, um ihre Wut in geballte Wucht, sie in einen wohltuenden Krach zu verwandeln und von einem zum anderen Song zu jagen. Die Sängerin schreit sich den ganzen Frust etwa über den im Rockbusiness wie auch anderswo grassierenden Sexismus von der Seele. Laut.de zitiert sie wie folgt: „Ab und zu hoffe ich, dass mir jemand an den Arsch fasst, damit ich ihm ins Gesicht schlagen kann.“

Ab und zu hoffe ich, dass mir jemand an den Arsch fasst, damit ich ihm ins Gesicht schlagen kann

Amy Taylor, Sängerin von Amyl and The Sniffers

Nach dem ersten, nach der Band benannten Album, einer Zusammenstellung der beiden EPs von 2016 und 2017, schrieb AllMusic, wo der Weg hinführen sollte: zum „idealen Soundtrack für eine in Schweiß und Bier gebadete Kneipenschlägerei“. Die Band schoss in der Tat eine Salve nach der anderen von ihrem rotzigen Punksound ab. Mit dem zweiten Studioalbum „Comfort to Me“ von 2021 ging es da weiter, wo das erste aufgehört hatte. Jedenfalls kreierten sie nichts für zarte, kunstbeflissene Gemüter, wie vielleicht der eine oder andere Kritiker anmerkt, wenn es etwa in dem Song „Security“ heißt: „Will you let me in your hard heart? Let me in your hard heart, let me in your pub.“

Die Band zog schließlich nach Kalifornien. In Los Angeles nahm sie im vergangenen Jahr ihr nächstes Album auf, und zwar im Tonstudio 666 West der Foo Fighters. Textlich geht es unter anderem um Klimakrise, Krieg und Künstliche Intelligenz. Das Magazin Visions wählte das bei Rough Trade erschienene „Cartoon Darkness“ zum Album des Monats. Der „straighte Punk ’n’ Roll“, so laut.de, rolle über den Hörer hinweg, was positiv gemeint ist. In der Tat ist der Sound der Band kompromisslos und urgewaltig: „Die Sniffers klingen immer dann am besten, wenn man sie von der Leine in die Freiheit lässt.“ Die Band werfe genügend Kerosin ins Feuer, um eine meterhohe Stichflamme entstehen zu lassen. Kostproben sind unter anderem die Stücke „Big Dreams“ und „Bailing On Me“, „U Should Not Be Doing That“ und „Tiny Bikini“. Der Funke dürfte heute auch in der Rockhal Box schnell überspringen.

Rockhal, heute ab 19 Uhr, Vorband: Big Noter