Freitag31. Oktober 2025

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BodycamsAb dem 1. Juli können Luxemburgs Polizisten ihre Einsätze filmen. Das kann helfen, aber auch schaden.

Bodycams / Ab dem 1. Juli können Luxemburgs Polizisten ihre Einsätze filmen. Das kann helfen, aber auch schaden.
Die Motorola-V500-Bodycam ist in Zukunft bei vielen Polizisten im Einsatz Foto: Police grand-ducale

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Bodycams sollen die Arbeit der Luxemburger Polizeibeamten sicherer machen. Die Studien dazu liefern widersprüchliche Ergebnisse, das Missbrauchspotenzial ist nicht zu unterschätzen.

Vom betrunkenen Autofahrer zum Filmstar – jetzt ist Ihre Chance! Ab dem 1. Juli sind in Luxemburg uniformierte Talentscouts unterwegs. Die Rede ist natürlich von der Polizei, die ab Dienstag mit ihrem neuesten technischen Spielzeug ausgerüstet wird: „Caméras-piétons“, oder im allgemeinen Sprachgebrauch „Bodycams“. Die Kameras, Modell V500 von Motorola Solutions, können per Knopfdruck aktiviert werden. Ab diesem Moment laufen auch die Aufzeichnungen anderer Polizisten in unmittelbarer Umgebung mit, um mehr Kontext zu liefern. Das Ziel ist natürlich nicht, „Hangover 4“ zu drehen, sondern Eskalationen bei Einsätzen zu verhindern. Und natürlich, Gesetzesübertritte zu dokumentieren.

Können Bodycams das leisten? Die kurze Antwort lautet: Wir wissen es nicht. Es gibt Dutzende Studien zur Wirksamkeit von Bodycams, die ein teilweise widersprüchliches, auf jeden Fall aber gemischtes Bild abgeben. Eine Auswertung von 70 Einzelstudien aus dem Jahr 2019 aus den USA ergab, dass viele Forscher sich bei ihren Untersuchungen auf die Erfahrungen der Polizei stützen und die Seite der betroffenen Bürger vernachlässigen.

Die längere Antwort: Es kommt auf die Situation und die Polizisten im Einsatz an. Wie der Kriminologe Dr. Stefan Kersting von der Polizei- und Verwaltungshochschule NRW in einem Interview erklärt, verfallen Polizisten beim Einsatz der Bodycams gerne ins „Amtsdeutsch“. Das ist allerdings nicht immer der Situation und der angesprochenen Person angemessen – sondern kann im Gegenteil sogar „arrogant“ wirken. Tatsächlich sei in solchen Fällen eine statistisch bemerkbare Erhöhung von Übergriffen auf Polizisten festgestellt worden. Anscheinend kommt man aggressiven Betrunkenen nicht bei, wenn man klingt wie ein Brief von der Kommunalverwaltung. Die Beamten müssen sich weiterhin an den Erfordernissen ihrer Einsatzsituation orientieren, so Kersting, und nicht aufgrund der laufenden Kamera an einem überkorrekten Auftritt feilen.

Datenschutz

Widersprechen können Sie der Aufnahme übrigens nicht – wenn der Polizist filmen will, wird und darf er Sie filmen. Sie können allenfalls im Nachhinein Beschwerde bei der „Inspection générale de la police“ (IGP) einlegen, wenn Sie der Ansicht sind, dass Ihre Rechte nicht gewahrt wurden. Die Zahl der Beschwerden bei der IGP ist, noch ohne Bodycams, im vergangenen Jahr um 62 Prozent gestiegen. Eine Zahl, die sinken könnte, zumindest darin sind die Studien sich einig: Bodycams reduzieren die Anzahl der Beschwerden über polizeiliches Fehlverhalten.

Drückt ein Polizist auf den Knopf, dann beginnt die Aufnahme in der Vergangenheit – nämlich 30 Sekunden vorher, denn bereits ab dem Moment ist das Geschehen vor der Linse im Arbeitsspeicher der Kamera zwischengespeichert. Eine Aufnahme bleibt für Ermittlungszwecke bis zu 28 Tage auf dem Server der Polizei, danach wird sie gelöscht. Zumindest theoretisch. Wie ein deutscher Datenexperte kürzlich offenlegte, war das Media Relay System der Luxemburger Polizei bis vor Kurzem einfach abrufbar. Durch einen einfachen Login-Trick konnten Angreifer auf sämtliche Dateien der betroffenen Server zugreifen und sogar Konfigurationsdateien mit Zugangsdaten auslesen. Demnach war es möglich, alle gespeicherten Videos und Audios auszulesen, neue Kameras ins System einzuschleusen oder Aufnahmen nach Belieben zu manipulieren und zu löschen. Das betraf die Videoaufnahmen von GATO 2, der Observationseinheit der „Unité speciale de la police“. Es ist zu hoffen, dass die Aufnahmen der neuen Bodycams besser gesichert werden.

Denn die Videodateien bergen natürlich Potenzial zum Missbrauch: Abgesehen von der Vernichtung von Beweismitteln ist auch der Unterhaltungswert nicht zu vernachlässigen. Auf Instagram und auf Youtube existieren zahllose Zusammenschnitte von Polizeivideos, etwa bei Verfolgungsjagden und Festnahmen. Natürlich ist das nicht legal – davon lassen sich die Personen, die die Videos hochladen, allerdings nicht abhalten. So wurden manche betrunkene Autofahrer schon schnell zu den eingangs erwähnten Filmstars – allerdings mit sehr kurzer Karriere.

Michaux Merle
30. Juni 2025 - 16.34

"Widersprechen können Sie der Aufnahme übrigens nicht "

Nein, Sie sollten sofort Ihr Handy nehmen und die Polizisten auch filmen, wie es Ihr gutes Recht ist.