Montag22. Dezember 2025

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Ceysson & BénétièreChaos? Eher eine Methode mit System: Fünf Künstlerinnen präsentieren ihre Sicht

Ceysson & Bénétière / Chaos? Eher eine Methode mit System: Fünf Künstlerinnen präsentieren ihre Sicht
Einblick in das geordnete Chaos in der Galerie Ceysson & Bénétière: die Ausstellung „Soft Chaos“ Foto: Samantha Wilvert/Courtesy Ceysson & Bénétière

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Zum Auftakt der letzten Ausstellung vor der Sommerpause feierte die Galerie Ceysson & Bénétière eine Party auf Wandhaff: Amerikanische Malerei steht nun neben Luxemburger Skulptur im Mittelpunkt der Schau „Soft Chaos“. Hier wird das Chaos-Prinzip in der Kunst zur Methode mit System erhoben.

Mit der Eröffnung ihrer 8. Filiale in Tokio ist die Galerie Ceysson-Bénétière zu einer internationalen Gruppe geworden. Nächstes Jahr wird sie 20, hat ihre Wurzeln trotz Expansion nicht vergessen und bedient die Galerie auf Wandhaff immer wieder mit beeindruckenden Ausstellungen – doch auf Anhieb wirkt „Soft Chaos“ irreführend: Nicht wegen des Titels, der viele Spannungen verspricht, vielmehr scheint das Normen und Ordnung ablehnende Prinzip „Chaos“ hier ein divers dekliniertes System zu sein.

Auch wenn die ausgewählten fünf Künstlerinnen sich unterschiedlicher Techniken bedienen und wohl auch von jeweils eigenen Themen motiviert scheinen, so ergibt sich dennoch unter dem Strich eine gewisse Einheit. Die Kuratoren führen diese auf die „approche intuitive, voire artisanale du geste artistique“ zurück. Sie seien von einem Willen, „die Materialien zu entwerten, die Genres zu vermischen, die Formen zu entflechten, um ihre internen Spannungen zu enthüllen“.

Die Schau „Soft Chaos“ birgt nicht nur „Zündstoff“, sondern auch Überraschungen. Obwohl die Galerie über 60 Werke präsentiert, verbleiben „weißer“ Raum an den Wänden und „Leerstellen“ in den breit angelegten Räumlichkeiten, so als ob man die lockere Hängung und luftige Gestaltung bewusst zu einer Art Trennungslinie zwischen den Arbeiten der sehr eigenen Künstlerinnen gesetzt hätte. Die Reihenfolge der Werke tut das ihrige dazu.

Fünf Künstlerinnen

Saskia Laska, Jahrgang 1974, ist nicht zum ersten Mal auf Wandhaff zu Gast. Sie trumpft mit einer Serie aus der Zeit 2014 bis 2019 auf, völlig abstrakte Malereien rundum mit Collagen verfeinerten Kompositionen sowie Variationen zum Schattenmensch in Bewegung aus den zwanziger Jahren, stets mit lockerer Farbauswahl, sozusagen eine Illustration ihrer Öffnung zu diversen Gestaltungen.

Bei Trudy Benson, Jahrgang 1985, geht es geordneter zu. Ihre Kompositionen greifen auf geometrische Elemente und eine kohärente Farbauswahl zurück, wobei sie mit rezenten Werken wie „The Way Cut“ (2024) oder „Is/Is Not“ (2024) überzeugen kann. Beeindruckend auch „Blue Path“ (2017) und „Yellow Shade“ (2014), zwei Malereien, in denen sowohl geschwungene und verworrene Linien als auch strengere Komposition miteinander verschmelzen.

Clédia Fourniau, Jahrgang 1992, steuert viele Malereien bei. Es sind Arbeiten, bei denen sie diverse Techniken und Materialien verwendet, auch von der Komposition und der genutzten Grundfläche her mehrere Pisten verfolgt. Sie greift jedoch stets auf die sanfte Tour zurück, die für tiefe Stimmungen sorgt. Ihre rezenten Werke aus dem Jahr 2025 „ok ok, ok ok ok“ oder „La possibilité“ sind gute Beispiele ihrer dezenten, aber anspruchsvollen Art.

Von Lauren Luloff, 1980 geboren, gibt es Arbeiten ganz unterschiedlicher Natur. Sie greift vorwiegend auf Seidenmalerei zurück, mal als ansehnliches Bild wie bei „Snowy Landscape“ oder „Reflected Spruce“, um nur diese Werke zu nennen, oder als hängendes Objekt wie „Untitled 1“ (2018) beziehungsweise designt sie Kleider in Seide als „Landscape with Celebration Back taille S“ (2021) oder „Floral Stripe taille L“ (2021) und „Nocturne 2 taille XL“ (2021). Diese „Gewänder“ hängen teils an der Wand, teils sind sie auf einem Kleiderständer zu sichten.

Vera Kox mit Skulpturen

Bewegen sich die benannten Künstlerinnen vor allem im Bereich der Malerei mit ganz persönlichen Akzenten, so ist das bei der 1989 geborenen Künstlerin Vera Kox, die bislang in anderen Galerien ihren Niederschlag gefunden hat, nicht der Fall. Sie verarbeitet Keramik als Wandobjekt, hier mit „Soft as a rock“ mit einem „Pendant“ als liegende Skulptur. Kox präsentiert aber auch Skulpturen und Objekte aus anderen Materialien, wie die Werke „Resting assured (shedding) (Keramik, aufgeschichtete Isolierplatten) oder „Sentient Soil“ (Keramik, Lavastein). Wie eine Hommage an die Stahlindustrie wirkt darüber hinaus die auf Träger fixierte Arbeit „Instar“ aus dem Jahr 2013. Vera Kox war bekanntlich im Kulturjahr Esch2022 an der Skulpturenausstellung „Nothing Is Permanent“ beteiligt.

Von Frank Chalendard, ein Künstler aus dem Portfolio der Galerie, gibt es noch zwei komplexe Holzskulpturen mit dem schönen, wohl aus der Musikliteratur entnommenen Titel „Sarabande“. Mit diesem musikalisch anmutenden „Tänzchen“ schließt der Kreis dieser freie, ungezwungene und lebendige Schau rund um die spannende Auseinandersetzung mit dem Prinzip „Chaos“ im künstlerischen Schaffen. So wie die Mutationen in dieser unserer Welt uns immer wieder Überraschungen bescheren, so abwechslungsreich und reichhaltig sind die Kunstwerke und ihre Deutungen.

„Soft Chaos“ mit Trudy Benson, Clédia Fourniau, Vera Kox, Sadie Laska und Lauren Lutoff noch bis zum 19. Juli in der Galerie Ceysson & Bénétière auf Wandhaff (Koerich).