Unter dem Leitgedanken „Zugang zur Kultur für alle“ fanden am Mittwochmorgen im CAPE in Ettelbrück die „Assises culturelles“ statt. Eingeladen hatte das Kulturministerium unter Minister Eric Thill (DP), der die zweijährlich organisierte Veranstaltung als Bestandteil des nationalen Kulturentwicklungsplans (KEP 2018-2028) vorstellte. Trotz vieler inspirierender Beiträge blieben konkrete Antworten auf zentrale Fragen zur Umsetzung kultureller Inklusion eher vage.
Der Kulturminister betonte in seiner Eröffnungsrede, wie wichtig die Kultur in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche und Instabilität ist. „Kultur ist nicht nur ein Spiegel, sondern auch ein Instrument zur Veränderung“, so Thill. Zwar gebe es in Luxemburg ein breites kulturelles Angebot, doch sei dieses „nicht für alle zugänglich genug“. Eine nationale Studie des Ministeriums zeigte: Über 80 Prozent der Bevölkerung betrachten Kultur als wichtigen Bestandteil ihres Lebens, doch viele – insbesondere Menschen mit Beeinträchtigung, ältere Menschen sowie Personen mit Migrationshintergrund – stoßen hier auf strukturelle Barrieren.
Impulse aus der Praxis

Wie Inklusion in die Praxis umgesetzt werden kann, präsentierten Enrica Pianaro und Sandy Artuso vom „Laboratoire d’études queer, sur le genre et les féminismes“ (LEQGF) mit ihrem Projekt „Queer Possibilities – Queering the Museum“. Die Soziologin und die Literaturwissenschaftlerin setzen sich national für die Förderung der Inklusion der LGBTQIA+-Gemeinschaft ein: „Wir entwickeln Projekte und haben unterschiedliche Missionen – eine davon war die Zusammenarbeit mit der Villa Vauban“, so Pianaro gegenüber dem Tageblatt. Das Kunstmuseum trat an das LEQGF heran, um ein Programm umzusetzen, das den queeren Gedanken aktiv in das Konzept einschließt. „Wir luden queere Menschen in das Museum ein, um eine Bestandsaufnahme zu machen und anschließend unsere Erkenntnisse und Vorschläge mit den Verantwortlichen zu teilen“, fuhr Pianaro fort.
So wurde etwa über binäre Toiletten, externe und interne Kommunikation und die dargestellte Kunst diskutiert und eine Broschüre ausgearbeitet, die als eine Art Anleitung für queer-freundliche Museumskultur fungiert. Gemeinsam mit der Gemeinde Esch hat die Organisation vor drei Jahren einen Katalog zusammengestellt, wie queere Inklusion auf kommunalem Niveau funktionieren kann. „Allgemein reagieren die Menschen – in diesen Fällen Museumsmitarbeitende und Angestellte der Gemeindeverwaltung – sehr positiv auf unsere Programme“, sagt Artuso. „Natürlich gibt es einige, die nichts mit dem Thema anfangen können, in diesen spezifischen Fällen standen die Verantwortlichen jedoch voll und ganz hinter dem Projekt.“
Viele Ideen, wenig Klarheit

Eine neue Arbeitsgruppe wurde vom Kulturministerium ins Leben gerufen und soll einen nationalen Aktionsplan für kulturelle Inklusion entwickeln. Welche konkreten Maßnahmen daraus folgen könnten, blieb jedoch noch offen. Zwar sei der Zugang zu Kultur gesetzlich verankert, es brauche jedoch verstärkte Kooperation, bessere Sichtbarkeit, mehr kulturelle Bildung und eine dezentralisierte Kulturpolitik, bei der auch kleinere Gemeinden als wichtige Partner wahrgenommen werden. Als beigeordneter Tourismusminister fuhr Thill ebenfalls den Kulturtourismus an: „Kreation als Attraktion“ laute die Devise – denn das Kulturprogramm soll zukünftig mehr ausländische Interessierte in die Luxemburger Landschaft ziehen.
Am Beispiel der Stadt Differdingen wurde am Mittwochmorgen illustriert, wie lokale Kulturpolitik funktionieren kann. Réjane Nennig, verantwortlich für die kulturelle Abteilung der Gemeindeverwaltung, stellte die Herangehensweise der Süd-Gemeinde vor: Mit jährlich über 130 Veranstaltungen, Festivals wie dem „Blues Express“ oder der Transformation alter Industrieorte in Kulturzentren setzt die Stadt auf ein breites, inklusives, oft kostenloses Angebot. Dabei stehen nicht nur klassische Hochkultur, sondern auch urbane Kunstformen und Bildung im Fokus.
Die „Assises culturelles“ boten zahlreiche Denkanstöße, kreative Beispiele und offene Diskussionen. Doch was konkret aus diesen Impulsen entstehen wird, bleibt abzuwarten. Minister Thill sprach in seinem Schlusswort von einem „Startpunkt“ für den weiteren Entwicklungsprozess. Ob dieser Prozess tatsächlich zu spürbaren Veränderungen führt, hängt nun davon ab, wie ernst die angekündigten Beteiligungsformate genommen – und wie mutig politische Entscheidungen getroffen werden.
De Maart

Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können