Donnerstag6. November 2025

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Prozess um IS-KämpferHasserfüllt, frustriert und extrem brutal: Lebenslange Haft für Steve Duarte gefordert

Prozess um IS-Kämpfer / Hasserfüllt, frustriert und extrem brutal: Lebenslange Haft für Steve Duarte gefordert
Grausame Erschießung von fünf Gefangenen: Für die Staatsanwaltschaft steht fest, dass Steve Duarte nicht nur Teil des Exekutionskommandos war, sondern es auch anführte. Identifiziert wurde er u.a. von seiner Mutter und seiner Frau. Screenshot RTL

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Eine lebenslange Haft forderte die Staatsanwaltschaft im Prozess gegen den IS-Kämpfer Steve Duarte. Als hasserfüllt, frustriert und extrem brutal wurde der in Luxemburg geborene und aufgewachsene Portugiese beschrieben. Die Exekution fünf irakischer Kurden soll er angeführt haben. 

Am zweiten Tag im Prozess gegen den Dschihadisten Steve Duarte wurde dessen Zeit in Syrien und Irak beleuchtet, nachdem am Vortag die Radikalisierung in Luxemburg und insbesondere die Rolle der Tahwit-Moschee in Esch thematisiert worden war. Dort waren Duarte und die ebenfalls angeklagten Brüder Anes und Denis O. sowie Benisen R. ein und aus gegangen. Für die drei, wahrscheinlich toten Brüder im Geiste Duartes, hatte der Staatsanwaltschaft am Donnerstag 15 Jahre Gefängnis gefordert. Duarte selbst soll sich noch immer in einem kurdischen Gefängnis in Nord-Syrien befinden. Seit 2022 gibt es jedoch kein Lebenszeichen von ihm. Der Prozess fand in Abwesenheit der Angeklagten statt und ohne einen Rechtsbeistand. Solange kein Todesschein vorliegt, gelten die vier IS-Kämpfer für die Justiz nicht als tot.

Unter dem Strich wurde vor Gericht deutlich, dass es kaum Zweifel daran geben kann, dass Steve Duarte ein aktiver IS-Kämpfer war. Und dass er es ist, der auf einem IS-Propagandavideo von Januar 2016 bei der Exekution von fünf irakischen Kurden nicht nur die Hauptrolle spielte, sondern sogar das Kommando hatte. Jedenfalls wurde er trotz Vermummung sowohl von seiner Mutter als auch von seiner in Syrien angeheirateten Frau erkannt. Auch Stimmenanalysen deuten auf Duarte, so dass er damals wohl auf dem „Höhepunkt seiner Karriere im IS war“, wie die Ermittler es ausdrückten. Zudem rechtfertigte Duarte die Tat im Namen der Religion später in den sozialen Netzwerken.

Der in Meispelt aufgewachsene portugiesische Staatsbürger hält im Exekutionsvideo eine flammende Kampfrede auf Französisch. In seiner Hand hält er eine Pistole, vor ihm eines der fünf Opfer. Das Video endet mit der simultanen Erschießung der Gefangenen, die vor den IS-Kämpfern kniend aus kurzer Distanz mit einer Kugel in den Hinterkopf exekutiert werden. Später soll Duarte gesagt haben, dass das Umbringen von Menschen ihm nichts ausmache. Für die Staatsanwaltschaft trägt er wegen seiner im Video offensichtlich werdenden Führungsrolle nicht nur die Verantwortung für seinen Mord, sondern auch die anderen vier.

Heirat und zwei Kinder

In den TV-Interviews aus dem Jahr 2019 hatte Duarte stets geleugnet, beim Erschießungskommando dabei gewesen zu sein, bzw. überhaupt in seiner Zeit im Krieg in Kampfhandlungen verwickelt gewesen zu sein. Dass das nicht so war, bestätigte seine Frau Fatoumata D. Die hatte im Alter von nicht einmal 15 Jahren Frankreich verlassen und heiratete Duarte im Februar 2015 nach muslimischem Recht in der IS-Hochburg Rakka. Trauzeuge war der aus Verviers (B) stammende Topterrorist Tarik Jadaoun, zu dem Steve Duarte ein enges Vertrauensverhältnis gehabt haben soll. Für die Staatsanwaltschaft ein eindeutiger Beweis, dass er nicht nur IS-Kämpfer, sondern eine der Führungskräfte des Islamischen Staats war. Im Juli 2019 bekam das Paar einen Sohn, 14 Monate später eine Tochter.

Steve Duarte in Luxemburg
Steve Duarte in Luxemburg Foto: Tageblatt-Archiv/Screenshot

Der gleich zweimal durch Granatsplitter verletzte Duarte blieb bis zum bitteren Ende an der Seite des IS. Viermal soll er insgesamt zwischen Syrien und dem Irak gependelt sein. Zum Schluss landeten er und seine Familie in der letzten verbliebenen IS-Hochburg. Aber auch Baghuz fiel im Januar 2019. Die Niederlage vor Augen, hatte sich Duarte laut den Ermittlern von der Terrororganisation abgewandt und wollte zurück nach Luxemburg. Doch weder seine Mutter noch die Eltern von Fatoumata D. schickten das dafür benötigte Geld. Der IS schien von seinen Ausreiseplänen Wind bekommen zu haben und inhaftierte ihn einen Monat lang. Schließlich ergab er sich den Kurden und geriet in Gefangenschaft. Seine Frau und die beiden Kinder kamen in ein Camp und wurden im Juli 2022 nach Frankreich repatriiert. Im selben Jahr gab es einen Briefaustausch zwischen ihnen, bis heute das letzte Lebenszeichen von Steve Duarte. 2019 hatte er in drei TV-Interviews seine Unschuld beteuert und behauptet, lediglich in der Medienabteilung des IS aktiv gewesen zu sein. 

Die Staatsanwaltschaft sieht es als bewiesen an, dass Duarte in IS-Ausbildungscamps war und gleich mehrmals in Kampfhandlungen verwickelt war, und forderte das Gericht auf, sämtliche Anklagepunkte (u.a. Terrorismus und Mord) zurückzubehalten. Als „extrem brutal und unsinnig“ bezeichnete die Staatsanwältin seine Taten: „Der Angeklagte hatte einen hasserfüllten und frustrierten Ansatz, seine Religion zu leben“. Als Konsequenz forderte sie eine lebenslange Haft für Duarte. Das Urteil wird am 14. Juli gesprochen.

Schwierige Zeit in Luxemburg

In den Fokus der Ermittler gerückt war Duarte im Mai 2014. Am 8. August desselben Jahres trat er die Reise nach Syrien an. Von Findel aus flog er direkt nach Istanbul. Um dort nicht aufzufallen und eine Rückweisung zu riskieren, hatte er sich seinen Salafistenbart abrasiert und sich westlich gekleidet. Weiter ging es mit dem Bus in die türkische Grenzstadt Gaziantep und etwas später mit einem Schleuser über die Grenze in ein syrisches IS-Camp. Kurz zuvor, am 29. Juni 2014, hatte der Islamische Staat sein Kalifat ausgerufen.

In seinem Abschiedsbrief an seine Mutter hatte er betont, dass er sich in Luxemburg und Europa unglücklich fühle, weil die Menschen dort den Islam nicht respektierten. Er fühle sich deshalb nicht sicher. Sein Schwiegervater hatte ihm einen Job als Arbeiter beim Traditionshaus Neuberg in Gasperich besorgt. Dort eckte Duarte durch seine extremen religiösen Ansichten schnell bei den Kollegen an. Als der Chef ihm verbot, mitten in der Arbeit seinen Gebetsteppich auszupacken, schloss er sich in dessen Büro zum Gebet ein. Kein Wunder demnach, dass das nicht lange gut ging. Die Schule hatte Steve Duarte abgebrochen. Mit seiner ersten Frau, einer Tunesierin, brach er, weil sie ihm „nicht religiös genug war“. Sie hatte sich u.a. geweigert, einen Ganzkörperschleier zu tragen.      

IS-Kämpfer laufen 2019 mit einer IS-Flagge. Das Bild ist ein Screenshot aus einem Video der Amaq News Agency, dem Medienarm des Islamischen Staates. Dem soll auch Steve Duarte angehört haben. 
IS-Kämpfer laufen 2019 mit einer IS-Flagge. Das Bild ist ein Screenshot aus einem Video der Amaq News Agency, dem Medienarm des Islamischen Staates. Dem soll auch Steve Duarte angehört haben.  Foto: Amaq News Agency/AP/dpa
Reinertz Barriera Manfred
15. Juni 2025 - 6.38

Der Mann war nicht zugegen wurde nicht von einem Rechtsverdreher vertreten, was soll das ganze Theater der Verurteilung denn jetzt noch bewirken???

John G.
13. Juni 2025 - 18.53

Was wurde denn nun eigentlich aus der „Tewhid-Moschee“ in der Escher Brillstraße, die anscheinend massgeblich an der Radilkalisierung und am Untergang des jungen Mannes beteiligt war?
Wurden dort verantwortliche und anwesende Personen zur Rechenhaft gezogen, also solche die im Lande greifbar waren, oder geht es hier bloss um einen Prozess über abwesende Untote?
„Wehret den Anfängen“ wurde nach der Nazi-Zeit gepredigt. Doch umgesetzt wurde nur blauäugige Toleranz, die keinerlei Respekt als Gegenleistung einforderte.