Freitag7. November 2025

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ForumZwölf Beweggründe, um am 28. Juni an der nationalen Demo der Gewerkschaften teilzunehmen

Forum / Zwölf Beweggründe, um am 28. Juni an der nationalen Demo der Gewerkschaften teilzunehmen
 Foto: Editpress/Alain Rischard

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1. Wachsende Ungleichheit stoppen – Wir leben in einer Zeit wachsender Ungleichheiten, welche sich nicht nur in Einkommens- und Vermögensunterschieden, sondern auch in zunehmend unterschiedlichen Machtverhältnissen ausdrücken. Diese untergraben die demokratischen Strukturen unserer Gesellschaften, in denen das Recht auf Mitbestimmung jedem Mitglied der Gesellschaft gleichermaßen zugestanden wird. Wir sehen in den USA, wie sich die Reichen die Regierungsmacht aneignen und in Luxemburg, wie sich ein Premierminister zusehends als CEO eines Unternehmens versteht. Wenn die Politik hauptsächlich die wirtschaftlichen Erfolge im Visier hat, dann übernimmt sie eine Logik, die auf Produktivität und Akkumulation ausgerichtet ist und in Kauf nimmt, dass sich die Ungleichheiten verschärfen.

2. Wachsende Ungerechtigkeit stoppen – Vielfach ist immer noch die Idee verbreitet, dass die Erfolgreichen dem Gemeinwohl nutzen und unsere Gesellschaft weiterbringen. Dabei stellen wir immer wieder fest, dass in einer Gesellschaft mit großen Ungleichheiten keine Chancengerechtigkeit erreicht werden kann, wie sich schon im fundamentalen Bereich der Bildung herausstellt. Dennoch verleitet der meritokratische Gedanke die Erfolgreichen dazu, ihren Erfolg als eigene Leistung darzustellen und dabei Elemente wie Glück, Zufall, bessere Ausgangsbedingungen und die Mitarbeit anderer herunterzuspielen. Somit wären die weniger Erfolgreichen schuld an ihrem Unglück. Riesige Einkommensunterschiede sollen auf diese Wiese gerechtfertigt werden, damit die Einkommensschere immer weiter auseinandergehen kann.

3. Tax the Rich – Immer mehr rechts-libertäre Unternehmer fühlen sich den Gesellschaften, in denen sie ihren Reichtum erlangt haben, in nichts mehr verpflichtet. Sie legen ihr Geld dort an, wo sie möglichst wenig Steuern zahlen müssen. Freiheit wird von ihnen exklusiv für sich beansprucht und es geht darum, sich der Gesetze und Regelungen zu entledigen, die das Zusammenleben in demokratischen Gesellschaften so gestalten, dass die Freiheit des einen nicht auf Kosten des anderen geht. Freiheit für die Reichen gibt es auch in autoritären Staaten, aber Freiheit für alle kann es nur in Demokratien geben. Allerdings müssen die demokratischen Staaten auch dafür sorgen, dass die erwirtschafteten Gewinne dem Wohle der Allgemeinheit dienen und dies wird heutzutage immer stärker infrage gestellt.

4. Gegen die Zerstörung unserer Existenzgrundlagen – Wir wissen seit geraumer Zeit, dass unser aktuelles Wirtschaftsmodell mit seinem immer noch wachsenden CO2-Ausstoß und seinen immer zahlreicheren, gesundheitsgefährdenden Chemikalien nicht nur die Pflanzen- und Tierwelt, sondern auch die Menschen bedroht. Dank wissenschaftlicher Erkenntnisse und technischer Fortschritte hätten wir die Möglichkeit umzudenken und unsere Produktion so umzustellen, dass sie die Umwelt und damit unsere Lebensbedingungen nicht bedroht. Allerdings haben wir damit schon allzu lange gewartet. Es fragt sich bloß, wieso das bisher nicht möglich war. Trotz zahlreicher Bemühungen auf regionalen, nationalen, europäischen und internationalen Konferenzen, trotz verschiedener Fortschritte kommt es immer wieder zu Rückschritten, welche die dringend notwendigen Umstellungen in weitere Ferne rücken und damit der Klimaerwärmung und der Vergiftung der Umwelt Vorschub leisten. Wer kann das wollen? Sind wir so abgestumpft, so bequem und dumm geworden, dass wir das verdrängen, was uns beunruhigen sollte?

5. Gegen die Resignation – Viele fühlen sich durch die großen Machtungleichheiten in der Gesellschaft entmutigt und wissen nicht, wie sie sich wehren können. Dabei zeigt uns doch die gewerkschaftliche Bewegung schon seit langem, dass die Vielen sich gegen die Wenigen durchsetzen können, wenn sie ihre gemeinsamen Interessen für gerechte Arbeits- und Lebensbedingungen konsequent verteidigen. Auch wenn der Neoliberalismus den Menschen vorgaukelt, sie müssten gegeneinander wetteifern, um die besten Plätze in der Gesellschaft zu erlangen, so sollten wir uns diesem Versuch der Vereinzelung entziehen und uns gemeinsam wehren. Divide et impera war schon immer das Leitmotiv der Mächtigen, wenn sie sich die Dienste anderer sichern wollten, um über sie zu bestimmen.

6. Gegen Rechtsextremismus und Faschismus – Zunehmend erstarken auch in Europa rechtsextreme und sogar offen faschistische Parteien. Sie versprechen ihren Wählern einfache Lösungen wie Einwanderungsstopp, nationale Präferenz, Abgrenzung und Ausgrenzung und lenken damit den Blick auf die „Anderen“, die, die nicht dazugehören sollen, damit es „Uns“ besser geht. „Unsere“ Probleme seien die Menschen, welche vor Krieg, Hungersnot, Überschwemmungen, Hitze, Arbeitslosigkeit fliehen, nicht die Produktionssysteme, welche die Ursachen ihres Flüchtens sind. Dabei übersehen sie geflissentlich, auf welchen Wegen die Kapital- und Handelsströme zirkulieren, um einer Besteuerung zu entgehen. Solche Parteien, welche dem Kapital huldigen, aber die Menschen verachten, können nur Unheil über uns alle bringen, wenn sie an die Macht kommen.

7. Weil die menschliche Tätigkeit mehr ist als Arbeit – Die meisten Menschen müssen arbeiten, um ihr Leben zu sichern. Wenn Arbeit zunehmend auf die Reproduktion des eigenen Lebens reduziert wird und sich das Hamsterrad von Arbeit und Konsum immer schneller dreht bloß, um Profit einzufahren, wird die menschliche Tätigkeit sinnlos. Dabei versuchen wir doch über unser Tun das Leben sinnvoll zu gestalten. Es geht nicht nur um die Produktivität, sondern auch darum, was produziert wird, zu welchem Zweck und wie die Arbeit organisiert wird. Dazu braucht es Mitspracherecht auch und gerade am Arbeitsplatz, wo Menschen gemeinsam ein Stück Welt gestalten. Wenn wir eine kranke Welt produzieren, täten wir besser daran, die Produktion ruhen zu lassen.

8. Weil das Prinzip Verantwortung Vorrang vor dem Prinzip Profit haben muss – Manchmal vergessen wir, dass wir Menschen denkende, autonome Wesen sind, die zwar irren können, aber eine moralische Verpflichtung für ihr Handeln tragen. Nicht jeder technologische Fortschritt, der möglich ist, ist auch wünschenswert. Wenn der Industriekapitalismus die Umwelt zerstört und der Überwachungskapitalismus die menschliche Urteilskraft, dann haben wir alle Interesse daran, dies jetzt zu verhindern. Technologische Erfindungen sind nicht neutral, sie werden von denen gestaltet, welche darin investieren. Sie dienen deren Interessen, auch wenn sie der Allgemeinheit als die besten Lösungen für ihre Probleme unterschoben werden. Wenn KI unser Denken und Fühlen manipuliert und junge Menschen in den Tod treibt, kann das nicht damit rechtfertigt werden, dass sie auch der medizinischen Forschung dient. Gerade weil diese Technologie so mächtig ist, müssen wir genau hinsehen und bewusst darüber entscheiden, wie sie eingesetzt wird. Dass dies in einer globalisierten, komplexen Welt kein einfaches Unterfangen ist, stimmt natürlich und es ist klar, dass es die Kräfte Einzelner übersteigt. Dass wir deshalb aber gleich resignieren sollten, um uns von der Maschinenintelligenz und ihren Besitzern treiben zu lassen, wäre eine Feigheit, die nicht mit unserer Menschenwürde vereinbar ist.

9. Kooperation statt Wettbewerb – Es ist die kapitalistische Wettbewerbslogik, welche uns immer öfter durch eine scheinbare Alternativlosigkeit in eine unreflektierte Flucht nach vorn treibt. Wenn unsere Zielvorgaben Effizienz und Akkumulation heißen, mögen uns kooperative, demokratische Organisationen ineffizient und lahm erscheinen. Wenn die Zielvorgaben Freiheit und Gleichheit heißen, müssen wir uns gegen eine Wettbewerbslogik wehren, welche uns einem Beschleunigungskurs in Richtung Heteronomie und Ungleichheit aussetzt. In diesem Kontext muss auch eine neue Aufrüstungsspirale verhindert werden, denn an dieser können nur die Oligarchen verdienen, die notfalls eben auch in Rüstung und letztendlich in Kriege investieren.

Die Gewerkschaften haben uns in der Vergangenheit gezeigt, was eine gemeinsame Zielsetzung und ein solidarisches, füreinander Eintreten bewirken können. Gewerkschaften gibt es in fast allen Ländern und Gewerkschaften sind weltweit vernetzt und organisiert. Wenn wir wissen, dass wir zu schwach sind, um als individuelle, autonome Wesen unsere gesellschaftlichen Mitbestimmungsrechte sprich unsere demokratischen Institutionen aufrechtzuerhalten, so müssen wir uns zusammenschließen, um unsere Menschenrechte und damit unsere Menschenwürde zu verteidigen.

10. Gute öffentliche Dienstleistungen für alle – Um Ungleichheit einzudämmen, brauchen wir gute öffentliche Dienstleistungen: Schulen, Gesundheitssysteme, Rentensysteme dürfen nicht von Profitdenken gesteuert werden. Eine Ausdehnung öffentlicher Dienstleistungen, wie sie in Luxemburg im Bereich des öffentlichen Transports vorgenommen wurde, dient sowohl dem Klimaschutz als auch einer Ausgabenentlastung der Haushalte. Ähnliches könnte man auch auf andere Bereiche anwenden; wobei allerdings gleichzeitig auf die Qualität der Dienstleistungen geachtet werden muss. Der Rückbau von Rentenansprüchen im allgemeinen Rentensystem bei gleichzeitiger Förderung von privaten Rentenversicherungen liefert ein eklatantes Beispiel für die Auslieferung notwendiger menschlicher Lebensbedingungen an die Erweiterung von Profitmöglichkeiten. Auch die Erweiterung der obligatorischen Lebensarbeitszeit für die jüngeren Generationen ist eine unnötige Schikane im Interesse des Finanzkapitalismus.

11. Für den Erhalt der menschlichen Freiheit – Im Moment werden enorme Investitionen in digitale Technologien getätigt: Ausbau von Datenzentren, Weiterentwicklung von KI, smarte Gegenstände, Kameras in unseren Häusern und an öffentlichen Orten. Auch Luxemburg soll vermehrt auf diesem Gebiet investieren. Dabei wird wenig hinterfragt, welchen Einfluss diese Technologien auf unser Leben haben. Die EU hat mit viel Mühe ein Reglement zum Schutz unserer persönlichen Daten zustande gebracht, welches sicherlich noch nicht perfekt ist, aber den Bürgern der europäischen Länder eine Möglichkeit bietet, sich gegen den Missbrauch ihrer persönlichen Daten zu Zwecken der Werbung, Beeinflussung bei Wahlen und sonstiger Verhaltensbestimmungen zu wehren. Nun gilt es, dieses auch anzuwenden und darauf zu achten, dass es nicht wieder durch neue Methoden ausgehebelt wird. Es geht darum, nicht dem Trendsetting der Big-Tech-Oligarchen und Industriekapitäne zu folgen, die am liebsten jegliche Reglemente zu Daten- sowie auch zu Umweltschutz außer Kraft setzen möchten. Auch hier braucht es gemeinsames Vorgehen, um die Ziele autonomer Entscheidungskraft zu bewahren sowie die sozialen und demokratischen Institutionen auszubauen, die Mitspracherechte garantieren.

12. Gegen die Pläne einer Regierung, welche den falschen Kurs einschlägt – Einige werden sagen, in Luxemburg hätten wir keinen Grund, auf die Straße zu gehen, denn im Vergleich mit anderen Ländern ginge es uns ja noch gut. Dennoch wäre dies Feigheit oder Anbiederung an die Reichen. Wenn die Politik auf Ungleichheit und Fremdbestimmung setzt, ist ein Kurswechsel allein schon aus moralischer Hinsicht notwendig. Es steht viel auf dem Spiel und es wird auch wohl mehr als eine Demo brauchen, um ein Umdenken herbeizuführen. Allerdings gilt es einen Anfang zu setzen, denn wir haben nicht jeden Tag die Gelegenheit eine Bewegung zu starten, welche von ihrem Ansatz her das Zeug hat, sich für eine sozialere, demokratischere, menschenwürdigere Zukunft einzusetzen.

* Monique Adam ist seit über 40 Jahren Mitglied des OGBL und war von 1996 bis 2010 Präsidentin des SEW/OGBL.

Guy Mathey
10. Juni 2025 - 17.52

@ CG
Gut beschrieben, absolut einverstanden, und genau aus diesem Grund müssen alle, denen Demokratie, Freiheit, soziale Gerechtigkeit, kurz Menschlichkeit am Herzen liegen, sich zusammentun und sich gemeinsam wehren.
L'union fait la force

CG
10. Juni 2025 - 11.22

@ Guy Mathey
"Mehr Diplomatie wagen sollte das Konzept der Stunde lauten." Gut geschrieben, aber das scheint bei den meisten westlichen und vor allem rechtsgerichteten Politikern noch nicht angekommen zu sein. Leider ist in Westeuropa und in anderen Ländern (USA, Israel) dank der EU-Politik und der dankbaren Unterstützung von Frau von der Leyen (hat die Ultrarechten ja aufs Podest gehoben) ein Rechtsruck entstanden gegen den man sicht mit allen Mitteln wehren muss.

Guy Mathey
10. Juni 2025 - 9.08

Die Argumente von Monique Adam passen absolut! Ich möchte noch hinzufügen, dass wir unsere Stimme auch gegen den aktuellen Rüstungswahn und die Idealisierung der Armee erheben müssen. Eine solche Politik dient ausschliesslich der Profitsteigerung einiger Aktionäre, steigert die Kriegsgefahr und schädigt die Allgemeinheit. Mehr Diplomatie wagen sollte das Konzept der Stunde lauten.
Also, man sieht sich am 28. Juni. Gemeinsam sind wir stärker!