Freitag7. November 2025

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KinoWie „Hard Truths“ und „Mission: Impossible – The Final Reckoning“ abschneiden

Kino / Wie „Hard Truths“ und „Mission: Impossible – The Final Reckoning“ abschneiden
Überzeugt Tom Cruise im letzten Teil der „Mission: Impossible“-Reihe? Foto: Paramount Pictures and Skydance

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Dramen im Privathaushalt und die letzte unmögliche Mission: Das Kinoprogramm hält mit „Hard Truths“ und „Mission: Impossible – The Final Reckoning“ zwei neue Filme bereit. Top oder Flop? Das Rating in Filmklappen gibt Aufschluss.

Zwischen Zorn und Zärtlichkeit: „Hard Truths“ (Rating: 3,5 / 5)

Mit „Hard Truths“ beweist Mike Leigh erneut, dass große Dramen nicht in Gerichtssälen oder auf Schlachtfeldern stattfinden müssen, sondern in Wohnzimmern mit fleckigem Teppich. Sein neuer Film ist eine Rückkehr zur leisen, aber kompromisslosen Tragikomödie, in der die großen Fragen des Lebens im chaotischen Alltag aufscheinen.

Ein unscheinbares Reihenhaus in London. Dort lebt Pansy (Marianne Jean-Baptiste) mit ihrem Ehemann Curtley (David Webber) und dem erwachsenen Sohn Moses (Tuwaine Barrett) zusammen. Ihr Alltag ist geprägt von Vorwürfen, Gereiztheit und einer kaum artikulierbaren Unzufriedenheit. Schon in den ersten Szenen wird klar, dass Pansys Wut sich nicht nur gegen andere, sondern auch gegen sie selbst richtet. Leigh verdichtet diese Spannungen in beiläufigen Situationen, die durch scharfsinnige Dialoge und subtile Beobachtungen an Tiefe gewinnen, denn Pansy ist eine komplexe, widersprüchliche Figur: sarkastisch, verletzend, voller Groll – und doch durchzieht das Spiel von Jean-Baptiste eine melancholische Zerbrechlichkeit. In einem Gespräch mit Curtley verwandelt sich ein banaler Austausch in ein scharfes, fast schmerzlich präzises Duell. Doch unter dem Zorn liegt Erschöpfung, Enttäuschung, vielleicht sogar Resignation. Leigh hält nicht Abstand zu dieser Figur – er bindet uns an ihre Frustration, ihre Sehnsucht, ihren Rückzug.

Marianne Jean-Baptiste und Michele Austin in „Hard Truths“ 
Marianne Jean-Baptiste und Michele Austin in „Hard Truths“  Quelle: imdb.com

„Hard Truths“ verzichtet auf jede emotionale Überhöhung. Nichts wird beschönigt, aber auch nichts dämonisiert. Die Kamera von Dick Pope bleibt nüchtern, oft statisch, verweilt auf Gesichtern und gibt dem Schauspiel Raum. Ohne Schnitt, ohne Musik, ohne Lenkung. Diese Nüchternheit ist weniger direktes Stilmittel als vielmehr eine ethische Entscheidung. Was diesen Film antreibt, ist die Sprache.

Leigh ist ein Meister des Alltagsdialogs – scharf, rhythmisch, schmerzhaft genau. In „Hard Truths“ sind selbst die scheinbar beiläufigen Gespräche hoch aufgeladen. Fast jeder Satz enthält eine Mischung aus Komik und Schmerz, beides liegt oft dicht beieinander. Jean-Baptiste spielt diese Figur mit eruptiver Kraft und feinen Nuancen. Ihre Körpersprache – ein Blick zur Seite, ein Zögern, ein resigniertes Schulterzucken – sagt oft mehr als jedes Wort. Man muss Pansy nicht mögen, aber man versteht sie. Und genau das ist die Wirkungsmacht des Films: Er urteilt nicht, er beobachtet.

Thematisch greift „Hard Truths“ viele Motive aus Leighs Werk auf: psychische Erschöpfung, familiäre Sprachlosigkeit, soziale Isolation. Depression, Wut und Verlorenheit schleichen sich hier nicht als große Konflikte ins Leben, sondern sind längst Teil davon geworden. Leigh nähert sich diesem Zustand mit Empathie. Wie schon in „Secrets & Lies“ (1996) oder „Vera Drake“ (2004) entsteht durch Leighs kollaborativen Arbeitsprozess – Improvisation, gemeinsames Erarbeiten der Figuren – eine erzählerische Unmittelbarkeit. „Hard Truths“ führt diese Linie weiter, vielleicht dringlicher als zuvor. Leigh, inzwischen über 80, muss nichts mehr beweisen. Er erzählt nur noch das, was für ihn zählt. „Hard Truths“ ist kein Film der großen Antworten. Er erklärt nicht, löst nichts auf, sondern bleibt nah an einem Lebensgefühl: der leisen Verzweiflung eines Daseins, das weitergeht – weil es muss.


Körper gegen Code: „Mission: Impossible – The Final Reckoning“ (Rating: 2,5 / 5)

Mit „The Final Reckoning“ findet die amerikanische „Mission: Impossible“-Reihe ihr vorläufiges Ende. Der neue Film knüpft unmittelbar an die Ereignisse des Vorgängerfilms „Dead Reckoning“ (2023) an: Die künstliche Intelligenz „Die Entität“ hat sich weiterentwickelt und bedroht die globale Sicherheit. Während Regierungen und Geheimdienste versuchen, die Kontrolle über diese mächtige KI zu erlangen, erkennt Ethan Hunt (Tom Cruise), dass sie zu gefährlich ist, um von irgendjemandem beherrscht zu werden. Gemeinsam mit seinem treuen Team begibt sich Ethan auf eine weltumspannende Mission, um die Entität zu stoppen.

Dabei muss er sich nicht nur technologischen Herausforderungen stellen, sondern auch persönlichen Konflikten und moralischen Dilemmata, die ihn an seine Grenzen bringen. Thematisch kreist der Film um den Kontrollverlust über Technologie, nur ausgeklügelte und waghalsige Einsätze bieten da Aussicht auf Hoffnung. Ethan und sein Team müssen etliche Transiträume durchlaufen, immer neue Abkürzungen finden und unerwartete Wendungen in Kauf nehmen. Täuschungsmanöver, Verrat oder Mord werden angewendet, um stets die Informationshoheit zu behalten – die große Schachpartie wird auch hier weitergespielt.

Tom Cruise bei der Weltpremiere von „Mission: Impossible - The Final Reckoning“
Tom Cruise bei der Weltpremiere von „Mission: Impossible - The Final Reckoning“ Foto: AFP/Henry Nicholls

Die Action in „The Final Reckoning“ markiert nicht nur den Höhepunkt der Reihe, sondern stellt zugleich eine Selbstreflexion ihrer zentralen Attraktion dar: Tom Cruise in Bewegung. Mehr denn je ist der Film um seine spektakulären Setpieces gebaut – und diese definieren sich weniger durch narrative Logik als durch ihre physische Wucht, ihren performativen Überschuss. Jeder Sprung, jede Verfolgungsjagd, jeder Zweikampf trägt in „The Final Reckoning“ eine existentielle Schwere – als würde sich Ethan Hunt mit jedem Schritt nicht nur gegen die Bedrohung durch die Entität, sondern gegen die eigene Ersetzbarkeit stemmen. Besonders eindrücklich gelingt dies in einer Sequenz, in der Hunt ein versenktes russisches U-Boot aufsucht, um die Kontrolle über den Quellcode der KI zurückzuerlangen. Hier kulminiert das Actionkino in einem Moment absoluter physischer Entgrenzung: klaustrophobisch, druckgeladen. Auch der Verzicht auf digitale Doubles bleibt spürbar. Cruise springt, taucht, fliegt – wie gewohnt selbst – und verleiht der Action so eine Authentizität, die im heutigen Blockbusterkino nahezu einzigartig ist. Die Action macht bezeichnenderweise seinen Kampf sichtbar – es ist die ultimative „reckoning“, das Abrechnen mit der digitalen Tricktechnik und die Festigung der eigenen Legende durch den Körper. Die eindrückliche finale Sequenz in einem Doppeldeckerflugzeug ist da vielsagend.

Cruise als Ikone

Tom Cruise verbindet als Schauspieler auf besondere Weise eine faszinierende Leere und eine eindringliche Präsenz. Im Gegensatz zum Bond-Franchise, das über 60 Jahre hinweg mehrfach seinen Hauptdarsteller wechselte, ist die „Mission: Impossible“-Reihe eng mit Cruise verbunden. Dies mag überraschend erscheinen, denn abgesehen von Lalo Schifrins einprägsamer Titelmelodie und den spektakulären Einbrüchen ist Ethan Hunt das zentrale Element, das die Reihe seit fast drei Jahrzehnten zusammenhält. Die Figur bleibt so vage und schwer fassbar, bietet jedoch genug Ansatzpunkte, um sowohl seine Kollegen als auch das Publikum zu fesseln. Es ist auffällig, dass das Schauspielimage von Tom Cruise perfekt in dieses Rollenbild passt, es ist eine permanente wechselseitige Beeinflussung. Ethan Hunt erfährt im Verlauf der Reihe eine auffällige „Humanisierung“.

Während er in den ersten beiden Filmen noch eher dem Bild des typischen „Superagenten“ entsprach – ein Phantom im Dienste des Staates –, wird er zunehmend als Mensch mit Vergangenheit, Beziehungen, Verlusten und inneren Konflikten inszeniert, die seine emotionale Zerrissenheit deutlich herausstellen. In dem vermeintlichen Abschlussfilm nun, „The Final Reckoning“, wird Ethan Hunts Geschichte zunehmend existenziell: Es geht nicht mehr nur um das Gelingen einer Mission, sondern um Vertrauen, Schuld, Opferbereitschaft – und den Preis der Loyalität. Hunts Leidensfähigkeit wird auch in „The Final Reckoning“ explizit verhandelt. Es sind nunmehr Verweise, die um den Agenten als Mensch herum gestrickt werden und so stets einen narrativen Zusammenhang wahren müssen, den sie vorher nur lose hatten. Der Film ist reich an Rückbezügen auf frühere Teile der Reihe: Die mysteriöse „Hasenpfote“ aus „Mission: Impossible III“ wird als zentrales Element der Entität enthüllt, und Figuren wie CIA-Analyst William Donloe aus dem ersten Film kehren zurück. Diese Verbindungen verstärken das Gefühl eines abschließenden Kapitels – trotz der Öffnung für mögliche Fortsetzungen – das die Geschichte von Ethan Hunt zusammenführt.

fraulein smilla
9. Juni 2025 - 11.38

Man muss ja Cruise nicht moegen , aber dass manche seiner Filme wo der Held ein nicht mehr ganz junger weisser heterosexueller Mann ist ,an den Kinokassen so richtig absahnen - wie woke ist das denn ?