Montag22. Dezember 2025

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Hörbuch„Das große Spiel“ von Richard Powers erzählt von zwei Männern, die sich ein Leben lang duellieren

Hörbuch / „Das große Spiel“ von Richard Powers erzählt von zwei Männern, die sich ein Leben lang duellieren
„Das große Spiel“ von Richard Powers, der Hörverlag, Laufzeit: 14 Stunden, September 2024. Bewertung 4,5/5. Cover: der Hörverlag

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Was passiert, wenn ein Spiel zur Lebensfrage wird? Richard Powers’ neuestes Werk erzählt die Geschichte von zwei Männern, die sich ein Leben lang duellieren – und von einer Insel, die zum Spielbrett wird. Eine Hörbuchrezension.

Für Todd Keane ist das Leben ein Spiel: Der Sohn aus wohlhabendem Haus besucht eine exklusive Privatschule in Chicago, das Stipendium für weniger privilegierte Schüler trägt den Namen seines Vaters. Noch als Teenager lässt er sich mit einem Mitschüler auf eine Schachpartie ein, die ein Leben lang anhalten soll. Sein neuer Freund und Gegenspieler, Rafi Young, stammt aus einfachen Verhältnissen. Er ist klug, ehrgeizig und steht, als einziger afroamerikanischer Schüler, ständig unter Druck. Seit seiner Kindheit drängt der Vater ihn zu Höchstleistungen, „damit er es später einmal zu etwas bringt“.

Die Leidenschaft für Schach – und später „Go“ –, die Todd und Rafi verbindet, scheint zunächst Brücken zu schlagen, über alle sozialen und kulturellen Unterschiede hinweg. Doch im Erwachsenenalter reißt diese Verbindung. Auch, weil plötzlich eine Frau, Ina Aroita, mit von der Partie ist. Doch das Spiel zwischen beiden Männern endet erst am anderen Ende der Welt, kurz bevor einer von ihnen seinen letzten Atemzug macht.

Facettenreichtum

Autor Richard Powers erzählt diese Geschichte mit der ihm ganz eigenen Präzision und Tiefe: „Das große Spiel“ ist mehr als ein Roman über zwei Männer und ihre Rivalität. Es ist ein vielschichtiges Porträt unserer Gegenwart – und der Versuch, die „Logik“ menschlicher Beziehungen mit der Logik des Spiels zu durchdringen.

Die vierte Figur, die sich in das Geschehen einfügt, ist Evelyne Beaulieu – eine frankokanadische Meeresbiologin, deren Perspektive der Handlung eine ganz neue Richtung gibt. Powers, der für seine gründliche Recherche bekannt ist, verwebt Wissenschaft und Erzählkunst hier zu einem dichten Netz. Wie schon in seinen früheren Werken spielt die Forschung eine zentrale Rolle – nie trocken, nie lehrbuchhaft, sondern stets durchdrungen von Menschlichkeit.

Am Ende der Welt

Zum zentralen Ort der Handlung wird nicht Chicago, sondern die abgelegene Pazifik-Insel Makatea. Hier treffen sie ein letztes Mal aufeinander: Tech-Milliardär und KI-Visionär Todd Keane und Aussteiger Rafi Young. Und inmitten dieser Gegensätze steht Evelyne Beaulieu. Ihre Arbeit an den bedrohten Korallenriffen von Makatea ist weit mehr als Feldforschung. Sie wird zur Metapher für eine Welt im Umbruch. Die Ozeane, schreibt Powers, speichern nicht nur CO₂ – sie speichern ebenfalls unsere Ängste, unser Unwissen und unsere Leichtsinnigkeit. Es ist die Meeresbiologie, über die der Roman ethische Grundfragen behandelt: Wer hat Zugang zu Wissen? Wer bestimmt, was wahr ist? Und wie gehen wir mit unseren Erkenntnissen um? In den Rissen des Riffs spiegeln sich die inneren Brüche der Figuren – ihre Zweifel, Verluste, Sehnsüchte. Dabei bleibt vieles unter der Oberfläche, wie im echten Leben.

So geht „Das große Spiel“ weit über Themen wie Rivalität, Herkunft und Macht hinaus. Es ist ein Roman über Koexistenz in einer zerrissenen Welt – nicht über das Nebeneinander, sondern das „Gleichzeitig“ von Technik und Natur, Kontrolle und Chaos, Wissenschaft und Gefühl.

Abgerundet wird das Werk durch eine gekonnt inszenierte Hörbuchfassung. Heike Warmuths ruhige, einfühlsame Stimme trifft auf den präzisen, leicht unterkühlten Ton von Richard Barenberg. Gemeinsam schaffen die Sprecher*innen eine Atmosphäre, die der Tiefe und Komplexität des Romans gerecht wird. Insofern wird „Das große Spiel“ nicht nur zum literarischen, sondern zum akustischen Ereignis.

Biografien

Richard Powers, 1957 in Illinois (USA) geboren, zählt zu den bedeutendsten zeitgenössischen Autoren und hat zahlreiche preisgekrönte Romane veröffentlicht. Zu seinen bekanntesten Werken gehören „Der Klang der Zeit“ sowie „Das Echo der Erinnerung“, das ihm 2006 den renommierten National Book Award einbrachte. Für seinen Roman „Die Wurzeln des Lebens“ wurde ihm 2019 der Pulitzer-Preis verliehen. Sein 2021 erschienener Roman „Erstaunen“ wurde sowohl für die Longlist des National Book Award als auch die Shortlist des Booker Prize nominiert.
Heike Warmuth, 1979 in Potsdam geboren, begann ihre Karriere nach dem Schauspielstudium mit der Rolle der Julia in „Romeo und Julia“ am Maxim Gorki Theater in Berlin. Neben ihrer Theaterarbeit ist sie ebenfalls in Film und Fernsehen präsent, etwa in „Das wilde Leben“ (2007), „In aller Freundschaft“ und von 2015 bis 2018 als Carmen Bauer in der RTL-Serie „Alles was zählt“.
Richard Barenberg, 1976 in Surabaya (Indonesien) geboren, absolvierte sein Schauspielstudium in Leipzig. Danach war er am Nationaltheater Weimar, am Maxim Gorki Theater in Berlin, am Theater Oberhausen, am Volkstheater Rostock sowie an der Komödie am Ku’damm engagiert. Große Bekanntheit erlangte er auch als Hörbuchsprecher, insbesondere durch seine Interpretationen der Werke von Jeffrey Archer, Andy Weir, Andreas Brandhorst und Terry Brooks.