Drei Goldmedaillen und eine aus Bronze baumelten um den Hals, als Finn Kemp sich für das Erinnerungsfoto ans Becken setzte. „Die Schokoladenmedaille (für den vierten Platz auf den 50 m Brust) ist die schwerste“, lachte er. Dass er so eine außergewöhnlich erfolgreiche Woche in Andorra erleben würde, war aus seiner Sicht nicht zu erwarten: „Meine Saison war wirklich nicht einfach, es war sogar die komplizierteste, die ich bislang hatte. Zuerst hatte ich mir den Ellenbogen gebrochen und dadurch einen Großteil der Rennen in den USA verpasst, dann wurde bei meiner Mutter Hautkrebs diagnostiziert. Zudem sind die Zustände an den amerikanischen Universitäten aufgrund des Ausgangs der letzten Wahlen nicht mehr ideal.“
Für mich ist dabei entscheidend, welche Philosophie die Trainer haben. Ich will jemanden, der so investiert ist wie Christophe (Audot) und der seine Mannschaft wie eine Familie ansieht.
Alles in allem nicht das leichteste mentale Gepäck, das er seit Monaten mit sich herumschleppte. „Es war eine stressige Zeit, weil ich so weit weg war. Ich habe viel mit meiner Mutter telefoniert. In solchen Momenten weiß man nie, was am nächsten Tag sein kann.“ Dieses schwere Kapitel der Kemp-Familie gehört mittlerweile der Vergangenheit an. Das einzige Fragezeichen, das noch bleibt, ist studienbedingt: „Ich schaue mich derzeit nach anderen Optionen um. Für mich ist dabei entscheidend, welche Philosophie die Trainer haben. Ich will jemanden, der so investiert ist wie Christophe (Audot) und der seine Mannschaft wie eine Familie ansieht.“
Kanada oder England
Denn dass er die USA verlassen wird, steht außer Frage: „Viele internationale Schwimmer werden an den Universitäten gerade einfach von den Listen gestrichen, da sie nicht mehr finanziert werden können. American Football und Basketball bekommen den Großteil der Unterstützungen. Dann bleibt aber nicht mehr genug für den ganzen Rest, wie Schwimmen oder Turnen. Deshalb werden im Moment bevorzugt internationale Athleten – wegen der Pläne des aktuellen Präsidenten – rausgeworfen oder dürfen nicht mehr mit dem Team trainieren. Für viele ist die Lage extrem schwer, da sie in ihre Heimat zurück müssen. Bei uns haben die Trainer bereits mit 20 Männern geredet: Sie sind schon dabei, sich umzuschauen, sollte die Uni die Finanzierungen streichen oder es ausländischen Studenten generell verboten werden, dort weiter zu studieren.“
Spätestens in sechs Wochen will Kemp eine Entscheidung treffen. Kanada oder England sind zwei Optionen. „Viele Länder haben eine gute Schwimmkultur. Ich bevorzuge den englischsprachigen Raum. Das Jahr in den USA bleibt eine mega Erfahrung. Ich habe Freunde fürs Leben gefunden und bin ja auch schneller im Wasser geworden.“ In Medaillen ausgedrückt, sprangen dabei bei den JPEE Gold auf den 200 m Brust, den 200 m Lagen und mit der Freistil-Staffel heraus, sowie eine weitere Bronze-Medaille mit der Mixed-Staffel. „Ich bin wirklich froh darüber, dass diese Woche so verlaufen ist. Die drei Trainingswochen im Vorfeld mit Christophe (Audot) waren wichtig. Ich konnte hier sozusagen wieder frische Luft schnappen – und das gemeinsam mit meinen mega Kollegen. Wir haben einen Trainer, der alles für uns machen würde – sogar vor den Bus springen.“
Die nationalen Idole
Der 20-jährige Finn Kemp hat noch ein paar Erinnerungen an die JPEE 2013 in Luxemburg – oder die FLNS-Schwimmer, die diesen Wettkampf über die Jahre hinweg geprägt haben. „Wenn ich Namen der Schwimmer nennen müsste, dann wären das Laurent Carnol, Raphaël Stacchiotti und Julien Henx, der ja noch immer dabei ist. Ich erinnere mich an den Moment, als Laurent diese Weltklassezeit von 2:09.78 beim Euro Meet geschwommen ist. Er hatte ein extrem hohes Niveau. Sie alle waren in meiner Kindheit die Luxemburger Idole und ich möchte irgendwann genauso erfolgreich sein, wie sie es waren.“

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