Montag22. Dezember 2025

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Alain spannt den BogenChefdirigent Gustavo Gimeno verabschiedet sich nach zehn Jahren von der Philharmonie

Alain spannt den Bogen / Chefdirigent Gustavo Gimeno verabschiedet sich nach zehn Jahren von der Philharmonie
Beim Abschiedskonzert: der Chefdirigent Gustavo Gimeno Foto: Alfonso Salgueiro

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Am vergangenen Freitag fand das letzte Konzert statt, das Gustavo Gimeno als Chefdirigent des Luxembourg Philharmonic in der Philharmonie dirigierte. Bis zum Ende blieb er seiner Linie treu, nicht sich selbst, sondern die Werke, die Musik, die Komponisten in den Mittelpunkt zu stellen. Zum Abschied gab es also kein lautes oder buntes Programm, sondern ein typisches Gimeno-Konzert.

Gustavo Gimeno stand am Konzertabend im Fokus
Gustavo Gimeno stand am Konzertabend im Fokus Foto: Alfonso Salgueiro

Die erste Konzerthälfte war Monh aus Mysterium („Caeli enarant“ 7) für Viola, Orchester und Electronics des luxemburgischen, in Australien lebenden Komponisten Georges Lentz gewidmet. Seinen Zyklus „Caeli enarant“ hat Lentz bereits 1989 begonnen; Monh, was in der Sprache der australischen Aborigines Stern bedeutet, führt den Hörer in ein quasi religiöses Werk ein. Monh ist aber mehr als nur das, die Musik setzt sich mit Kosmos und Sein, mit Lebensflux und Unendlichkeit auseinander. Es ist eine Musik der Sphären und eine Musik der Stille, in der die Solobratsche, hier genial gespielt von Tabea Zimmermann, die Führung übernimmt und den Hörer durch diese von australischen Landschaften und Stimmungen bestimmte Klangwelt führt. Und wenn man sich darauf einlässt und sich vorbehaltlos in den von Lentz geschaffen Kosmos begibt, dann kann das für den Einzelnen ein wunderbares und einzigartiges Erlebnis sein.

Orchester in Bestform

Zimmermann spielt dieses Werk regelmäßig und ihre subtile, klangschöne Interpretation ist ein Glücksfall. Problemlos und sehr natürlich vermischt sich ihr Klang mit dem des Luxembourg Philharmonic, das an dem Abend mit einer absoluten Spielkultur glänzt. Gustavo Gimeno lässt die Partitur sehr konturenreich spielen, wird aber auch dem sphärischen Charakter der Musik in jedem Moment gerecht. Vor allem bewährt sich bei Monh Gimenos Kunst, den Klang des Orchesters zu öffnen und der Musik eine ungeahnte räumliche Tiefe zu verleihen.

Spielten einwandfrei zusammen: die Musizierenden des Luxembourg Philharmonic
Spielten einwandfrei zusammen: die Musizierenden des Luxembourg Philharmonic Foto: Alfonso Salgueiro

Nach der Pause dann Anton Bruckners eher selten gespielte 6. Symphonie in A-Dur. Diese an sich helle und freundliche Symphonie wird oft unterschätzt. Für mich ist sie die kompakteste aller Bruckner-Symphonien, die Musik fließt und strömt und kommt ohne die typischen Brucknerschen Blöcke aus. Alles wirkt aus einem Guss, jeder Satz besitzt seinen eigenen Kosmos, obwohl Bruckners Themen hier eher übersichtlich gestaltet werden. Dies aber gibt der Symphonie eine innere Geschlossenheit und auch einen sicheren, fast haptischen Rahmen. Gustavo Gimeno will nichts von religiöser oder pathetischer Auslegung wissen. Vielmehr treibt er die Musik mit zügigen, aber nie zu schnellen Tempi voran, schafft Konturen und einen inneren Duktus, der diese Symphonie vom ersten bis zum letzten Takt mit Leben erfüllt.

Über die Tonart A-Dur sagt Rameau 1722: „geeignet für Gesänge der Freude und des Zeitvertreibs; das Große und Erhabene hat ebenfalls Raum“, während Charpentier 1690 A-Dur als freudig und ländlich bezeichnete. Und genauso erlebte ich auch diese Aufführung. Großes Lob geht an die Musiker des Luxembourg Philharmonic, die an diesem Abend (wieder einmal) über sich herauswuchsen. Alle Pulte durften glänzen, denn Gimeno gab jeder Instrumentengruppe und jedem Solo genug Raum, um sich optimal entfalten zu können. Die Blechbläser verwöhnten das Publikum mit einem goldenen und immer intonationssicheren Klang, sodass man am Ende einer mustergültigen Aufführung der „kleinen“ Sechsten beigewohnt hatte.

Bei dem Konzert blieb auch Raum für Soli
Bei dem Konzert blieb auch Raum für Soli Foto: Alfonso Salgueiro

Mit großem Jubel und Standing Ovations wurden die Musiker, aber vor allem Gustavo Gimeno verabschiedet. Nach dem Konzert hatte die Philharmonie das Publikum auf ein Glas Sekt mit dem Dirigenten und den Musikern eingeladen. Und da gab es dann noch einige Überraschungen für den scheidenden Chefdirigenten. Ein allerletztes Konzert an der Spitze des Luxembourg Philharmonic wird es trotzdem noch geben: Am 5. Juli wird Gimeno das Open-Air-Konzert auf der Kinnekswiss dirigieren – samt Gaststar Joyce DiDonato. In der nächsten Spielzeit kehrt Gustavo Gimeno zurück, dann an der Spitze seines Toronto Symphony Orchestra. Also bitte den 2. Februar 2026 schon vormerken.

Rising Star auf der Klarinette

Einige Tage vorher machten wir in der Konzertreihe „Rising Stars“ Bekanntschaft mit einem außerordentlichen Klarinettisten aus Portugal. Eigentlich ist Carlos Ferreira bereits ein arrivierter Musiker, denn er ist derzeit Soloklarinettist beim Orchestre National de France und hat eine reiche Orchestererfahrung bei Klangkörpern wie dem Orchestre Philharmonique de Monte-Carlo oder dem Philharmonia Orchestra. Am Montagabend aber präsentierte er sich als Solist mit seinem Klavierpartner (und Komponisten) Pedro Emanuel Pereira. Die erste Hälfte war den beiden „Klassikern“ Brahms (Sonate op. 120) und Schumann (Fantasiestücke op. 73) gewidmet. Der kernige Klang und die kompakte, geradlinige Interpretationen gefielen, genauso wie Ferreiras hervorragende Interpretation der 1. Rhapsodie für Klarinette und Klavier. Weniger begeistert war ich vom ECHO-Auftragswerk La Lune, l‘ombre et moi für Soloklarinette der chinesischen Komponistin Lanquing, das mir dann doch zu fantasielos und eintönig war. Ferreira aber gestalte das Werk mit größter Kompetenz und einem sehr schönen Klang.

Den Abschluss machte Pedro Emanuel Pereiras gut getimtes und musikalisch abwechslungsreiches Stück „Duas Igrejas“ (der Name des Geburtsdorfes) von Carlos Ferreira. Das viersätzige und insgesamt zwölf Minuten dauernde Werk zeigt einerseits einen hervorragenden Komponisten, andererseits gibt es Ferreira die Möglichkeit, auf seinem Instrument zu glänzen. Ein spielerisch exzellenter Konzertabend mit einem Klarinettisten, dessen Namen man sich ebenfalls notieren sollte: Carlos Ferreira.