Die Neuordnung der Wirtschaft durch staatlich geförderte Verteidigungsausgaben wird als militärischer Keynesianismus bezeichnet, obwohl John Maynard Keynes diesen Begriff wohl nicht gutgeheißen hätte – wurde er doch durch seine Verurteilung des nach dem Ersten Weltkrieg geschlossenen, von der Weimarer Republik abgelehnten Friedensvertrags bekannt, der letztlich den Weg für den Aufstieg Hitlers und einen weiteren Krieg ebnete.
Die Argumente für eine Wiederkehr des militärischen Keynesianismus sind nicht völlig von der Hand zu weisen, da viele europäische Volkswirtschaften aufgrund der Sparpolitik hinter ihren Möglichkeiten zurückblieben. Die Produktivität in Europa, die in den letzten zehn Jahren nur halb so schnell gewachsen ist wie in den Vereinigten Staaten, ging 2023 um 1 Prozent zurück. Die Reallöhne sanken nach einem Jahrzehnt der Stagnation um 4,3 Prozent im Jahr 2022 und um 0,7 Prozent im Jahr 2023. Unterdessen sind die Investitionen bei weitem nicht so hoch, wie sie sein müssten, um die doppelte Krise der Ungleichheit und des Klimawandels zu bewältigen.
Selbstzerstörerisches Bekenntnis zur Sparpolitik
Europas selbstzerstörerisches Bekenntnis zur Sparpolitik findet seinen Ausdruck in der deutschen Doktrin der „schwarzen Null“. Selbst als das deutsche Wirtschaftswunder in vollem Gange war, weigerte sich die Politik, in langfristiges Wachstum zu investieren. Infolgedessen leidet Deutschland – wie der größte Teil des Kontinents – unter chronischen Unterinvestitionen in die physische und soziale Infrastruktur und das hemmt die Produktivität.
Vor diesem Hintergrund mag Aufrüstung als einfache Lösung erscheinen. Im Gegensatz zu Sozialausgaben stoßen Verteidigungsausgaben auf wenig politischen Widerstand. Sie ermöglichen es Politikerinnen und Politikern, sich entschlossen zu zeigen – ein wertvolles Kapital in Zeiten autoritärer Politik – und versorgen die Rüstungsindustrie, eine mächtige Lobby mit engen Verbindungen zur politischen Elite, mit öffentlichen Geldern.
Doch der militärische Keynesianismus ist eine Sackgasse – sowohl wirtschaftlich als auch politisch. Zunächst einmal ist er ein schwacher Motor für langfristiges Wachstum. Die moderne Waffenproduktion stützt sich auf fortschrittliche Fertigungsprozesse, die relativ wenig Arbeitskräfte erfordern, sodass die Branche im Vergleich zu Investitionen in Gesundheit, Bildung oder grüne Energie nur geringe Multiplikatoreffekte aufweist. Sie schafft weniger Arbeitsplätze pro ausgegebenem Euro und trägt nur wenig zur Produktionskapazität der Gesamtwirtschaft bei.
Der militärische Keynesianismus vertieft auch die Abhängigkeit Europas von fossilen Brennstoffen, da moderne Streitkräfte zu den größten institutionellen Verbrauchern fossiler Brennstoffe weltweit gehören. Der Ausbau der Verteidigungsfähigkeiten bedeutet, dass die Nachfrage nach kohlenstoffintensiven Technologien in einer Zeit festgeschrieben wird, in der Europa diese eigentlich auslaufen lassen sollte.
Ökologischen Wandel beschleunigen
Schlimmer noch: Die Priorisierung der Verteidigung gegenüber der Dekarbonisierung erhält genau jenes System der Petropolitik aufrecht, das Regimes wie dem des russischen Präsidenten Wladimir Putin überhaupt erst die Ressourcen für ihre Kriege liefert. Wie die Zeitung The Guardian Anfang des Jahres berichtete, hat die Europäische Union in den letzten drei Jahren mehr für Importe fossiler Brennstoffe aus Russland ausgegeben als für Finanzhilfen an die Ukraine.
Wenn es der EU mit einem Sieg über Russland ernst ist – und zwar nicht nur auf dem Schlachtfeld, sondern auch geopolitisch –, dann wird sie der wahren Machtquelle des Kremls entgegentreten müssen: den Öl- und Gasexporten. Schließlich ist Russland ein Petrostaat, und seine Kriegsmaschinerie finanziert sich aus den Einnahmen, die aus Europas Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen stammen.
Der Anteil der Öl- und Gaseinnahmen am russischen Staatshaushalt betrug in den letzten zehn Jahren 30 bis 50 Prozent und macht nach wie vor rund 60 Prozent der Exporteinnahmen aus. Diese Industriesektoren liefern die lebenswichtigen Devisen, die Russland den Import von Militärtechnologie und anderen wichtigen Vorleistungen ermöglichen. Ohne diese Einnahmen würde die russische Wirtschaft unter dem Druck der Hyperinflation rasch zusammenbrechen.
Die wirksamste langfristige Strategie zur Bekämpfung der russischen Aggression besteht also nicht darin, die Militärausgaben zu erhöhen, sondern den ökologischen Wandel zu beschleunigen. Europa braucht einen echten Green New Deal: eine demokratische, gesamteuropäische Mobilisierung zur Dekarbonisierung der Wirtschaft, zur Sicherung der Energieversorgung und zur Schaffung von Millionen gut bezahlter grüner Arbeitsplätze. Dies würde natürlich massive Investitionen in erneuerbare Energien, den öffentlichen Nahverkehr, die Sanierung von Gebäuden und die Elektrifizierung der Industrie erfordern. Außerdem müssten Lieferketten umgestaltet, wichtige Infrastrukturen wieder unter die Kontrolle der öffentlichen Hand gebracht und der Würgegriff des fossilen Kapitals auf die europäische Politik gelöst werden.
Nicht von Petro-Tyrannen erpressen lassen
Ein Green New Deal würde jedoch mehr zur Stärkung der geopolitischen Position der EU beitragen als jede noch so große Anzahl neuer Panzer und Artilleriegeschosse. Ein Europa, das seine eigene saubere Energie produziert, widerstandsfähige grüne Industriezweige aufbaut und seine Abhängigkeit von volatilen globalen Rohstoffmärkten verringert, ist ein Europa, das sich nicht von Petro-Tyrannen erpressen lässt.
Die politische Elite Europas steht vor einer klaren Entscheidung: Entweder sie stützt weiterhin ein kaputtes Wachstumsmodell, das öffentliche Gelder in den militärisch-industriellen Komplex fließen lässt, oder sie investiert in eine lebenswerte, auf Solidarität, Nachhaltigkeit und demokratischer Kontrolle basierende Zukunft. Langfristig ist der Aufbau einer inklusiven grünen Wirtschaft der einzige Weg, um der Wut und Entfremdung entgegenzuwirken, die den Aufstieg rechtsextremer Kräfte befeuern – der größten und unmittelbarsten Bedrohung für die Demokratien Europas.
Aus dem Englischen von Helga Klinger-Groier.
Grace Blakeley ist ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institute for Public Policy Research und Autorin mehrerer Bücher, darunter „Vulture Capitalism: How to Survive in an Age of Corporate Greed“ (Bloomsbury Publishing, 2024) und „The Corona Crash: How the Pandemic Will Change Capitalism“ (Verso, 2020).
Copyright: Project Syndicate, 2025. www.project-syndicate.org.
De Maart
Offensichtlich wurde HITLER auch in und von Luxemburg aus ab 1933 von keynesianisch denkenden und handelnden Mitgliedern der Wirtschaftselite finanziell-militärisch unterstützt.
▪Wiki, 29.09.2024: Fritz SPRINGORUM (geboren am 6. Juni 1886 in Ruhrort; † 16. April 1942 in Laar) war ein deutscher Industrieller und Politiker. Er arbeitete mehr als zwei Jahrzehnte in leitenden Funktionen der HOESCH-Aktiengesellschaft. Der Sohn des HOESCH - Generaldirektors Fridrich SPRINGORUM absolvierte das Abitur am Stadtgymnasium Dortmund. Sein Bruder war Otto SPRINGORUM. Anschließend studierte er Hüttenwesen an der Technischen Hochschule Aachen. (…) Zwischenzeitlich fungierte er als Betriebsassistent bei "Deutsch-Lux" (DL) in Differdange. Danach studierte er Volkswirtschaftslehre und Finanzwissenschaft an der Universität Berlin. 1910 wurde er zum Dr.-Ing. promoviert. Von 1911 bis 1915 war er Oberingenieur und Chef des Stahlwerks der Gelsenkirchener Bergwerks-AG, Abteilung "Rote Erde" bei Esch-sur-Alzette. Ab 1915 arbeitete SPRINGORUM bei der HOESCH AG in Dortmund, zunächst als Betriebsleiter, ab 1917 als Hüttendirektor, 1925 als Generaldirektor, von 1932 bis 1937 als Vorstandsvorsitzender und Generaldirektor und schließlich ab 1937 als Vorsitzender des Aufsichtsrats. In der Weimarer Republik war SPRINGORUM Vorsitzender des "Vereins zur Wahrung der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen im Rheinland und in Westfalen", des wegen seines langen Namens so genannten "LANGNAM"-Vereins. Außerdem gehörte er der Industriellenvereinigung "Ruhrlade" an. Er war Mitglied der nationalkonservativen und republikfeindlichen "Deutschnationalen Volkspartei" (DNVP). Von 1924 bis 1930 war er Stadtverordneter in Dortmund und fungierte auch als berufenes Gemeinderatsmitglied ab 1934. Im März 1932 forderte SPRINGORUM in einem Brief an Tilo von WILMOWSKY, KRUPP, Paul REUSCH, Paul SILVERBERG und Albert VÖGLER "alles zu tun, um die NSDAP auch praktisch in die Staatsverantwortung hineinzubekommen" um "die allzu radikale Strömung innerhalb der NSDAP in etwa abzubiegen" da sonst die NSDAP "weiter erstarken und radikaler werden" würde. Gemeint war allerdings nicht die Wahrung der rechtsstaatlichen und demokratischen Errungenschaften der Weimarer Republik, sondern die Großindustrie wollte, weil sie den wirtschaftspolitischen Vorstellungen der NSDAP mißtraute, diese im eigenen Interesse beeinflussen. (…) Nachdem am 30. Januar 1933 Adolf HITLER zum Reichskanzler ernannt worden war, näherte SPRINGORUM sich den Nationalsozialisten an. Drei Wochen später nahm er an einem Treffen führender Industrieller mit HITLER teil und unterstützte den Wahlkampf der Nationalsozialisten für die Wahlen vom 5. März 1933 mit einer Spende in Höhe von 36.000 Reichsmark. Nach der Selbstauflösung der DNVP im Juni 1933 ließ sich SPRINGORUM als Gast auf der Einheitsliste der NSDAP für die nächste Reichstagswahl am 12. November 1933 aufstellen und wurde somit Mitglied des nationalsozialistischen Reichstags. Der NSDAP trat SPRINGORUM am 1. Mai 1937 (Mitgliedsnummer 4.569.841) bei. Von Mai 1937 bis zu seinem Tod war er als reguläres Mitglied der NSDAP-Fraktion Reichstagsabgeordneter. Zudem war er Mitglied in der "Akademie für Deutsches Recht".
▪Michael KÄDING: Rot(h)e Erden. In: Paul THOMES (Hrsg.):
Rohstoffbasis und Absatzmarkt. Die Schwerindustrie des Großherzogtums Luxemburgs und das Aachener Revier (Aachener Studien zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Bd. 2). Shaker, Aachen 2005, ISBN 3-8322-4310-0, S. 13-20, 83-142. Ich habe das Buch (noch) nicht gelesen. MfG, Robert Hottua
Bald wird Friedrich Merz dem Bettler in der Ukraine Taurus Marschflugkörper liefern. So werden die EU und die NATO in den Krieg gegen Russland ziehen! .....🚀💀😰
Ob eine gruene Desindustrialisierung in Europa , wie sie selbst die deutsche Luftwaffe , die US-und die Royal Air Force im 2ten Weltkrieg nicht hinbekommen hatten den Extrem -Rechten das Wasser abgraben wird , da habe Ich aber grosse Zweifel .
Si vis pacem para bellum. Schon t'Réimer waren dovun iwerzeecht.
Leider stimmt das nicht. Wäre Russland keine Supermacht würden wir schon lange nicht mehr vom Ukrainekrieg reden,nein er hätte überhaupt nicht stattgefunden. Die Atom-Mächte geäugen sich gegenseitig aber keiner wird jemals den Knopf drücken.Sogar der Verrückte aus den USA und dem Kreml werden sich hüten.Es kann keine Gewinner geben und damit ist die Bombe nicht nur unser aller Alptraum sondern auch die Sicherheit dass man Streitigkeiten diplomatisch regelt.
Als Beispiel dienen die Grünen Pazifisten aus Deutschland. Jene Turnschuh-Riege die unter einem Joschka Fischer den Bundestag aufmischten. Später,als er Außenminister war,schickte Deutschland seine Soldaten weiter als ihre Väter je gekommen waren.