Von den insgesamt 578 Geschäften, die sich in den fünf „Nordstad“-Gemeinden befinden, entfallen mehr als ein Drittel (34,6%) auf die Gemeinde Diekirch – ein Großteil davon (77,5%) ist direkt im historischen Stadtkern ansässig. Neben 42 Geschäften gibt es hier laut den aktuellen Daten des „Cadastre de commerce“ auch noch 35 Horeca- sowie 56 Dienstleistungsbetriebe.
Dieser Mix unterstreicht die Wichtigkeit der Diekircher Innenstadt als regionaler Einzelhandels- und Erlebnisstandort. Nur in Ettelbrück gibt es innerhalb der „Nordstad“ ein noch größeres Einzelhandels- und Verkaufsflächenangebot.
Im landesweiten Innenstadt-Vergleich rangiert Diekirch unter dem Aspekt der Anzahl der Geschäfte auf Platz sieben. Hinsichtlich der Entwicklung im Stadtzentrum lässt sich seit 2019 ein leichter Rückgang an Geschäften (-6), bei gleichzeitiger Zunahme des Horeca- und Dienstleistungsangebots (+5 bzw. +11 Betriebe) beobachten.
Dazu sagt Schöffe José Lopes
Tageblatt: Die Geschäftswelt steht auch in Diekirch vor großen Herausforderungen. Wie reagiert die Stadt?
José Lopes: „Diekirch hat schon sehr früh auf das Konzept der Pop-up gesetzt, um Leerstand möglichst zu vermeiden. Der überaus dynamische Horeca-Sektor hilft auch dabei, Leerstand zu minimieren. In Diekirch gibt es viele schöne, einladende Terrassen und Restaurants. Das liegt daran, dass sich der Horeca-Sektor gut an die Verwaltungsstadt und Schulstadt angepasst hat und durch ein gutes Angebot von dieser Kundschaft profitiert. Denn wo Menschen sind, arbeiten oder zur Schule gehen, wird konsumiert.“
Der relative Rückgang des innerstädtischen Einzelhandels zugunsten anderer Wirtschaftszweige ist – wie auch in der neuesten Ausgabe des „Retailreport“ nachzulesen – nicht nur in Diekirch ein Trend, sondern auch in vielen anderen Innenstädten – national wie international. Ein Grund hierfür ist das geänderte Konsumverhalten, insbesondere der damit verbundene Onlinehandel. Anders als in anderen Gemeinden führte der Wegfall einiger Einzelhandelsbetriebe jedoch nicht automatisch zu mehr Leerstand. Im Gegenteil: Der Blick auf die Leerstandsquote zeigt, dass diese nach ihrem zwischenzeitlichen Hoch von 13,8 Prozent im Jahr 2022 zuletzt wieder auf 10,8 Prozent sank. Dies entspricht dem niedrigsten Wert seit Beginn der Datenauswertungen im Jahr 2019. Damit liegt die innenstädtische Leerstandsquote deutlich unter dem Landesdurchschnitt, der Anfang des Jahres noch bei 14,3 Prozent lag.
Dazu sagt Schöffe José Lopes
Tageblatt: Warum fehlt es an Einzelhandel?
José Lopes: „Dass es in Diekirch an Einzelhandelsgeschäften fehlt, liegt einerseits daran, dass er in Konkurrenz steht zum Online-Handel. Auf der anderen Seite stehen in der alten Geschäftsstraße keine großen Geschäftsflächen zur Verfügung, was die Niederlassung von großen Geschäften erschwert. Einfluss darauf, welche Geschäfte sich in Diekirch niederlassen, womit man eventuell auch Nischen schließen könnte, hat man überhaupt keinen. Nur der Ankauf von Geschäftsgebäuden kann da helfen. Vereinzelt gibt es noch welche zu kaufen. Aber die Finanzierung von solchen Einkäufen ist sehr schwer. Allgemein ist es aber so, dass größere Geschäftsflächen im Zentrum fehlen.“
Zukünftig wird es weiterhin wichtig sein, den Strukturwandel der Innenstädte aktiv mitzugestalten. Das Diekircher Citymanagement ist sich der Bedeutung eines proaktiven Geschäftsflächenmanagements durchaus bewusst. Als zentrales Instrumentarium greift die Gemeinde daher immer wieder auf das „Cadastre de commerce“ mit seinem integrierten Karten-Tool zurück. Diekirch war schon im Jahr 2019 Pilotgemeinde und weiß deshalb um den Mehrwert des Cadastre-Tools Bescheid. Seit Anfang 2022 ist die Gemeinde nun offiziell Projektpartner des „Observatoire national des PME“.
Das Cadastre-Tool hilft den Verantwortlichen in der Gemeinde dabei, stets den Überblick über die eigene Geschäftswelt zu behalten. Dadurch können gegebenenfalls auch unerwünschte Entwicklungen wie beispielsweise Leerstand frühzeitig erkannt und sofort präventive Maßnahmen in die Wege geleitet werden. Im Zuge der Partnerschaft unterstützt das „Observatoire national des PME“ die Gemeinde dabei, die Cadastre-Zahlen richtig zu interpretieren und konkrete Handlungserfordernisse abzuleiten. Dazu zählt beispielsweise auch, Branchen oder Geschäftsnischen, die das bestehende Angebot potenziell ergänzen könnten, zu identifizieren.
Dazu sagt Schöffe José Lopes
Tageblatt: Wird die „Nordstad“-Fusion Auswirkungen haben?
José Lopes: „Die Nordstad-Fusion, wenn es denn erst mal so weit ist, wird keine Auswirkungen auf das ,alte‘ Zentrum von Diekirch haben. Beide Städte kommen ja nicht an ihren Zentren zusammen, sondern am Rand. So werden die Stadtmitten komplementär bleiben – Diekirch eher Horeca und Ettelbrück eher Einzelhandel.“


Handel im Wandel: Die Serie
In der wöchentlichen Artikelserie „Handel im Wandel“ schaut sich das Tageblatt in Zusammenarbeit mit dem „Observatoire national des PME“ (GIE) die Geschäftswelt der Luxemburger Gemeinden an. Mithilfe des Datentools „Cadastre de commerce“ wird zunächst die Situation in der jeweiligen Kommune analysiert, dann kommen die Gemeindeverantwortlichen zu Wort: Wie steht es um den lokalen Einzelhandel? Was unternimmt die Politik, um die Geschäftswelt zu beleben? Das Tageblatt untersucht jeden Montag eine oder mehrere neue Gemeinden. Nach Echternach ist nun Diekirch an der Reihe.
De Maart
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