Montag22. Dezember 2025

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LeserforumSchwarz-blauer Irrweg: Warum die Rentenreform am Ziel vorbeischießt

Leserforum / Schwarz-blauer Irrweg: Warum die Rentenreform am Ziel vorbeischießt

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Der luxemburgische Premier hat in seiner Rede zur Lage der Nation die Grundzüge der Rentenreform vorgestellt. Doch statt einer klaren Intention präsentiert er einen buchhalterischen Back Flip: eine schrittweise Verlängerung der Beitragsjahre um drei Monate pro Jahr, um sich den gesetzlichen 65 Jahren anzunähern.
Warum gerade nun – und mit welchem konkreten Zeithorizont?

Die Regierung will eine strukturelle Schräglage in 20 Jahren mit einer parametergestützten Bastelei vermeiden. Die Ausstiegstür vom Beruf für kommende Generationen wird einfach ein Stück weiter nach hinten verschoben, in der Hoffnung, dass die Ausgabenkurve sich anpasst. Das Ganze wirkt eher wie ein Hilfeschrei als wie eine echte Reform.

Heute auf ein Defizit zu reagieren, das erst 2045 erwartet wird, ist ein riskantes Spiel. Demografische Projektionen sind keine ökonomischen Gewissheiten. Sie berücksichtigen weder künftige Produktivität, noch künstliche Intelligenz, strukturellen Wandel oder demografische Entwicklungen. Eine lineare Verlängerung der Lebensarbeitszeit zu erwirken, ohne gleichzeitig in die Beschäftigungsfähigkeit und Arbeitsqualität der über 60-Jährigen zu investieren, heißt, die ökonomische Realität verkennen: Nicht die Dauer der Arbeit zählt, sondern ihr wirtschaftliches Leistungsvermögen.

Was passiert, wenn 15.000 ältere Menschen in wenig produktiver Beschäftigung verlängert werden – und gleichzeitig 7.500 junge, hochqualifizierte Arbeitskräfte verdrängt? Die volkswirtschaftlichen Folgen werden brutal sein: ein Minus von 862,5 Millionen Euro – pro Jahr! Eine Reform, die sich selbst neutralisiert, bevor sie wirkt.

Eine sinnvolle Verlängerung des Arbeitslebens braucht Rücksicherungen: ein echter Bedarf an älteren Arbeitskräften, die ferner vorbereitet, geschult und qualifiziert sein müssen. Dazu muss ihre tatsächliche Erwerbsbiografie Anerkennung finden – nicht ihr theoretischer Bedarf.

Die Reform der Regierung enthält weder eine Qualifizierungsstrategie noch Anreize für Innovation oder strukturelle Maßnahmen zur Förderung älterer Arbeitnehmer.

Wenn nun Unternehmen weiterhin Beschäftigte ab 58 systematisch aussortieren, werden die „gewonnenen“ Arbeitsjahre schnell zu einem wirtschaftlichen Minus.

In Wirklichkeit folgt Schwarz-Blau einer budgetären Logik. Es geht just um Zeitgewinn, nicht um Wertschöpfung. Statt vorausschauender Steuerung wird der Autopilot aktiviert.

Eine tatsächliche Reform muss auf realen wirtschaftlichen Grundlagen beruhen, auf der Verbesserung der Arbeitsqualität, auf einer Strategie inklusiven Wachstums und auf langfristiger Kohärenz zwischen Beiträgen, Erwerbstätigkeit und Verteilung.

Was die Regierung vorschlägt, ist eine Reform mit rationaler Fassade, aber übriggelassenem Kern. Sie bereitet die Zukunft nicht vor – sie vertagt sie. Und dieser Umweg könnte uns teuer zu stehen kommen. Sehr teuer.