Von 2012 bis 2017 war Robert Wickens DTM-Werksfahrer bei AMG-Mercedes, bevor er sich entschied, 2018 nach Amerika in die IndyCar-Serie zu wechseln. Gleich in seiner Debütsaison ließ er mit zahlreichen guten Leistungen aufhorchen und stand nicht weniger als viermal auf dem Siegerpodest. Beim 14. Lauf auf dem ultraschnellen Pocono Speedway erlitt er jedoch einen fürchterlichen Unfall, der für immer sein Leben verändern sollte.
Horror-Crash im IndyCar
In der zweiten Kurve des Pocono Ovals verhakten sich bei über 300 km/h die Autos von Wickens und Ryan Hunter-Reay, als sie kurz nach dem Start um Platz drei kämpften. Dabei wurde Wickens Rennwagen hochkatapultiert und flog in den Fangzaun. Beim Einschlag wurden Räder und Flügel weggerissen und das Chassis mit dem Fahrer drin schleuderte mehrfach um die eigene Achse. Nachdem das IndyCar-Safety-Team den Kanadier mit schwersten Verletzungen aus dem zerstörten Wrack befreien konnte, lautete die Diagnose: Bruch der Brustwirbelsäule, eine Rückenmarksverletzung, ein Halsbruch, Schien- und Wadenbeinfrakturen an beiden Beinen, Frakturen an beiden Händen, ein gebrochener rechter Unterarm, ein gebrochener Ellenbogen, eine Gehirnerschütterung, vier gebrochene Rippen und eine Lungenprellung. Wickens hatte wie durch ein Wunder diesen Horrorcrash überlebt, doch das Fazit war, dass er für den Rest seines Lebens an den Rollstuhl gefesselt sein würde.
Genau wie für Alex Zanardi war all dies auch für Wickens kein Grund, die Rennfahrerei aufzugeben. Nur dreieinhalb Jahre nach seinem Unfall meldete sich der Kanadier 2022 im amerikanischen Michelin Pilot Challenge mit einem Hyundai Elantra N TCR zurück. Schon im darauffolgenden Jahr gewann er die TCR-Wertung dieser Meisterschaft. Dieses Jahr will er aber in die vorderste Front des internationalen Automobilsports zurückkehren und hat entschieden, sich in einer PS-stärkeren Challenge zu versuchen.
So bestreitet er nun, zusammen mit dem langerfahrenen Corvette-Spezialisten Tommy Milner, die Sprintrennen der IMSA-GTD-Klasse auf einer speziell umgebauten Chevrolet Corvette Z06 GT3.R des Teams DXDT Racing. Für diese Einsätze hat Bosch ein spezielles Lenksystem entwickelt. Mit den größten Namen des Langstreckensports zusammen fährt Wickens jetzt auf den bekanntesten Rennstrecken Amerikas und Kanadas.
In Long Beach gab er am 12. April sein Debüt in seiner neuen Rennserie. Wickens kämpft in der IMSA-Serie jetzt zwar (noch) nicht mit den GTP Porsche, BMW, Cadillac, Acura und Aston Martin um den Gesamtsieg, sondern streitet sich mit den GT3 Lexus, BMW M4, Ford Mustang, usw. um den GTD-Klassensieg. Aber wer weiß, vielleicht wird er in Zukunft auch mal in einem der „dicken“ GTP/LMDh-Renner sitzen und als Karrierekrönung bei den traditionsreichen 24 Stunden von Le Mans antreten.
Zurück nach Europa … in die „Grüne Hölle“
Die IMSA ist für 2025 aber noch nicht genug. Der willensstarke Kanadier möchte unbedingt die 24 Stunden Nürburgring (19.-22.6.25) bestreiten, also die „Grüne Hölle – Nordschleife“ bezwingen. Einen ersten Anlauf hatte er bereits 2024 versucht. Leider kam es jedoch nicht zum Renneinsatz bei den 24 Stunden, da ein Unfall beim vorhergehenden NLS-Vorbereitungsrennen die Hoffnungen frühzeitig zerschlug.

So kommt es, dass Wickens das Abenteuer 2025 erneut versuchen wird. Zuerst bestreitet er die nötigen Vorbereitungsrennen der NLS und danach den 24-Stunden-Klassiker in einem Hyundai Elantra N TCR von Bryan Herta Autosport, dem Team, mit dem er 2023 den TCR-Titel in der Michelin Pilot Challenge errungen hat.
Da Wickens die Beine nicht zum Fahren nutzen kann, steuert er das Auto ausschließlich mit den Händen. Gebremst wird anhand eines Metallrings am Lenkrad. Mit speziellen Paddeln wird dann auch geschaltet und Gas gegeben. Für die Teamkollegen bleiben die traditionellen Pedale im Fußraum.
„Als Sportler versuche ich ständig, mich selbst voranzutreiben und neue Möglichkeiten zu erkunden, um zu wachsen und meine Fähigkeiten zu verbessern. Ich strebe immer danach, die beste Version meiner selbst zu sein, sowohl auf als auch abseits der Rennstrecke“, so Wickens. „Ich freue mich sehr über die Chance, an den Nürburgring zurückzukehren und an einem der anspruchsvollsten Langstreckenrennen der Welt teilzunehmen.“
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können