Oscar Piastri grinste fürs Sieger-Selfie routiniert in die Handykamera von McLaren-Boss Zak Brown, Champagnerduschen sind für den Australier mittlerweile Alltag geworden – beim Tänzchen vor seinen Mechanikern fühlte sich der neue Dominator der Formel 1 aber sichtlich unwohl. „Das war mein erster Versuch, einen Griddy live im Weltfernsehen zu machen. Und das war das einzige Mal, dass ihr mich dabei sehen werdet“, sagte der 24-Jährige nach seiner Triumphfahrt beim Großen Preis von Miami.
Zur Gewohnheit ist für die Motorsportwelt dagegen geworden, Piastri bei nahezu perfekten Vorstellungen im Renncockpit zu beobachten. Der Australier gewann vier der bisherigen sechs Saisonrennen, siegte nun dreimal in Folge – Resultate, die für McLaren zuletzt Mika Häkkinen auf seinem Weg zum WM-Titel 1998 fabrizierte.
Seinen etwas erfahreneren Teamkollegen Lando Norris hat Piastri mittlerweile konstant im Griff. Mit Serienweltmeister Max Verstappen liefert er sich gleichermaßen harte wie präzise Zweikämpfe, gewinnt diese aber in der Regel dank des deutlichen Pace-Vorteils seines McLaren gegenüber dem Red Bull. Und schon sind die Rollen vertauscht, Piastri ist nun der Chef auf den Ringen.
Dabei gilt er oberflächlich betrachtet nicht als der spannendste Typ im Formel-1-Zirkus. Er sei „nicht so aggressiv wie Verstappen, nicht so sympathisch wie Norris und nicht so beliebt wie Kimi Antonelli“, fasste der Corriere dello Sport treffend zusammen, doch es kommt ja auf etwas anderes an: „Er ist der Pilot, der nach dem WM-Titel greift.“
„Illoyalität“
Und er ist der Pilot, für den McLaren sich im Sommer 2022 die Hände schmutzig machte. Piastri, der als Rookie jeweils die Formel 3 und Formel 2 gewann, sollte seinerzeit bei Alpine zum Stammpiloten befördert werden. Das Team versendete bereits eine entsprechende Pressemitteilung. Das Problem: Es gab nur eine mündliche Vereinbarung, aber keinen Vertrag. Den hatte Piastri mittlerweile bei McLaren für 2023 unterzeichnet.
Es folgte ein Sommertheater, das vor der Schlichtungsstelle entschieden wurde – zugunsten von Piastri und McLaren, dem allerdings nun der Ruf anhaftete, für seine Karriere Werte über Bord zu werfen. „Ich hätte mir gewünscht, dass er mehr Integrität hat“, pestete der damalige Alpine-Teamchef Otmar Szafnauer und warf Piastri „Illoyalität“ vor.
Heute fragt danach in der Formel 1 niemand mehr. Piastri stellt sich seit mehr als zwei Jahren Woche für Woche in den Dienst des McLaren-Teams, ohne seinen persönlichen Ehrgeiz hinten anzustellen. Und er brennt, ist eigentlich nie mit sich zufrieden. „Das war nicht mein bestes Wochenende“, sagte er nach seinem Sieg am Sonntag – bei dem er Norris um fast fünf Sekunden distanzierte und dem drittplatzierten Mercedes-Piloten George Russell 37 Sekunden abnahm.
Wohin eine solche Dominanz führen kann, fasste die spanische Mundo Deportivo zusammen: „In seinem dritten Jahr in der Formel 1 will er den Titel holen – und er wird es tun.“
Im Überblick
Großer Preis von Miami: 1. Oscar Piastri (Australien) McLaren 1:28:51,587 Stunden, 2. Lando Norris (Großbritannien) McLaren 4,630 Sekunden zurück, 3. George Russell (Großbritannien) Mercedes 37,644, 4. Max Verstappen (Niederlande) Red Bull 39,956, 5. Alexander Albon (Thailand) Williams 48,067, 6. Kimi Antonelli (Italien) Mercedes 55,502, 7. Charles Leclerc (Monaco) Ferrari 57,036, 8. Lewis Hamilton (Großbritannien) Ferrari 1:00,186 Minuten zurück, 9. Carlos Sainz (Spanien) Williams 1:00,577, 10. Yuki Tsunoda (Japan) Red Bull 1:14,434, 11. Isack Hadjar (Frankreich) Racing Bulls 1:14,602, 12. Esteban Ocon (Frankreich) Haas 1:22,006, 13. Pierre Gasly (Frankreich) Alpine 1:30,445, eine Runde zurück: 14. Nico Hülkenberg (Deutschland) Sauber, 15. Fernando Alonso (Spanien) Aston Martin, 16. Lance Stroll (Kanada) Aston Martin – nicht im Ziel: Liam Lawson (Neuseeland) Racing Bulls (Defekt/30. Runde), Oliver Bearman (Großbritannien) Haas (Defekt/24. Runde), Gabriel Bortoleto (Brasilien) Sauber (Defekt/21. Runde), Jack Doohan (Australien) Alpine (Kollision/1. Runde)
WM-Wertung (Fahrer): 1. Piastri 131 Punkte, 2. Norris 115, 3. Verstappen 99, 4. Russell 93, 5. Leclerc 53, 6. Antonelli 48, 7. Hamilton 41, 8. Albon 30, 9. Ocon 14, 10. Stroll 14, 11. Tsunoda 9, 12. Gasly 7, 13. Sainz 7, 14. Hülkenberg 6, 15. Bearman 6, 16. Hadjar 5
WM-Wertung (Team): 1. McLaren 246, 2. Mercedes 141, 3. Red Bull 105, 4. Ferrari 94, 5. Williams 37, 6. Haas 20, 7. Aston Martin 14, 8. Racing Bulls 8, 9. Alpine-Renault 7, 10. Sauber 6
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