Das massive Vordringen von Big Tech in die staatlichen Machtbereiche unter US-Präsident Donald Trump schafft eine gefährliche neue Machtstruktur – und zwar eine, die nicht auf die USA beschränkt ist. Trumps Drohungen gegen Länder – egal, ob Verbündete und Gegner der USA –, die es wagen, ihre digitalen Märkte und Kommunikationssysteme zu regulieren, sind nicht bloß ein Fall von wirtschaftlicher Schikane. Sie sind vielmehr ein Versuch, diese Machtstruktur zu exportieren und die Rechtsstaatlichkeit und demokratische Regierungsführung weltweit zu untergraben.
Die europäischen Verbündeten der USA etwa riskieren Zölle und Vergeltungsmaßnahmen, wenn sie dringend erforderliche digitale Vorschriften durchsetzen, und Gleiches gilt für Länder wie das Vereinigte Königreich und Brasilien, die eine Steuer auf digitale Dienste erheben. Doch eröffnen diese Herausforderungen den Demokratien auch strategische Chancen. Wenn sie sich gemeinsam weigern, sich dem Druck der USA zu beugen, ist es weniger wahrscheinlich, dass eine einzelne Regierung die Hauptlast der Vergeltungsmaßnahmen tragen muss. Diese Länder müssen sich daher gegen die Tech-Giganten zusammentun, die die Daten ihrer Bürger ausbeuten, wichtige Informationen und kommerzielle Infrastrukturen kontrollieren und sich weigern, Steuern zu zahlen oder auch nur die rechtliche Zuständigkeit der nationalen Regierungen anzuerkennen.
Ein schwieriger Balanceakt
Natürlich ist es ein schwieriger Balanceakt, nationale Interessen zu verteidigen und gleichzeitig echte Innovation zu fördern. Aber die beispiellose Allianz zwischen Big Tech und der Trump-Regierung unterstreicht die Dringlichkeit dieser Aufgabe. Als Leiter von Trumps „Department of Government Efficiency“ (DOGE) hat sich Elon Musk, der reichste Mensch der Welt, Zugang zu staatlichen Datensystemen verschafft, Tausende von Bundesbediensteten entlassen und die Regulierungsbehörden ins Visier genommen. Musk hat zudem die Federal Trade Commission als Knüppel gegen Unternehmen eingesetzt, die nicht geneigt sind, auf seiner Social-Media-Plattform X zu werben, die er zu einem Sprachrohr für Rechtsextremisten und einem Instrument für Desinformation und politische Einmischung gemacht hat.
Musk ist nicht der einzige Tech-Boss, der einen derartigen Kniefall gemacht hat. Als Mark Zuckerberg im Januar verkündete, dass Meta, zu dem Facebook und Instagram gehören, sein Faktencheck-Programm einstellen würde, wiederholte er dabei Trumps Schlagworte. In jüngster Zeit hat Instagram Suchergebnisse unterdrückt, wenn Nutzer nach dem Begriff „Demokraten“ suchten, und Facebook hat Beiträge von Trump und Vizepräsident J.D. Vance gepusht.
Dies sind nur die bekanntesten Beispiele dafür, wie die mächtigsten Tech-CEOs der Welt sich mit einem autoritären Staatsoberhaupt verbündet haben und den öffentlichen Diskurs zu seinem (und ihrem eigenen) Vorteil beeinflussen. Angesichts der Tatsache, dass die Tech-Interessen die US-Regierung in diesem Ausmaß vereinnahmt haben, müssen andere Länder Trumps Drohungen entgegentreten, um ein globales Abgleiten in den Technofaschismus zu verhindern.
Strategische Chancen
Einige werden argumentieren, dass diese Länder durch eine starke regulatorische Haltung Gefahr laufen, Zugang zu technologischen Innovationen zu verlieren. Dies ist jedoch eine fundamentale Fehleinschätzung der Situation. Angesichts der außerordentlichen Protektion und Privilegien, die sie sich in ihrem Heimatland gesichert haben, sind die US-Technologieriesen nicht auf eine Vorzugsbehandlung durch andere Länder angewiesen. Was sie brauchen, ist der Zugang zu den Märkten dieser Länder. Hochentwickelte Volkswirtschaften mit qualifizierten Arbeitskräften wie das Vereinigte Königreich, Japan und die europäischen Länder sind sehr wertvoll für sie, und das Gleiche gilt für Schwellenländer mittleren Einkommens wie Brasilien, Indonesien und Indien.
Die Enthüllung, dass das chinesische Unternehmen DeepSeek ein großes Sprachmodell (LLM) entwickelt hat, das mit dem der dominierenden amerikanischen KI-Firmen vergleichbar ist – und das zu einem Bruchteil der Kosten –, unterstreicht diesen Punkt. Sie widerlegt die Behauptung, dass nur die größten Technologieunternehmen mit den fortschrittlichsten Chips und dem am wenigsten restriktiven regulatorischen Umfeld die beste KI entwickeln können, und zeigt, dass es Alternativen zum Modell des Silicon Valley gibt.
Bislang ist Brasilien das einzige Land mit dem Mut und der Überzeugung, Musk herauszufordern (wenn auch noch vor Musks Eintritt in die Trump-Regierung). Es ist weniger klar, ob Europa, das sich auf seine Richtlinien für digitale Märkte und KI stützen kann, sein Recht auf Regulierung verteidigen und die Macht der „Broligarchen“ zügeln wird.
Innovation braucht Regeln
Da die Durchsetzung der Wettbewerbspolitik Auswirkungen hat, die über die traditionellen Marktbelange hinausgehen, sollten mehr Länder digitale Dienstleistungen regulieren und sich dabei nicht nur auf die Marktdominanz konzentrieren, sondern auch auf die Fähigkeit eines Unternehmens, den öffentlichen Diskurs zu bestimmen, den Informationsfluss zu kontrollieren und Datenvorteile zu nutzen, um seine Macht zu festigen. Wenn man Big Tech eine ungehinderte, umwelt- und kulturzerstörende KI-Entwicklung erlaubt – oder schlimmer noch, wenn man derartige Innovationen subventioniert –, könnte das den Weg für einen weltweiten Technofaschismus ebnen.
Klare Regeln zum Schutz des Wettbewerbs und des geistigen Eigentums sind mit weitaus größerer Wahrscheinlichkeit innovationsfördernd, als wenn man marktbeherrschenden Akteuren die Möglichkeit gibt, ihre Monopolmacht zu stärken. So hat sich etwa die Datenschutz-Grundverordnung der EU trotz anfänglicher Widerstände zu einem weltweiten Standard entwickelt, der Innovationen zur Verbesserung der Privatsphäre anregt und als Schutz vor Übergriffen von Unternehmen dient, insbesondere im Hinblick auf das Data Mining.
Es geht darum, die Entwicklung dieser transformativen Technologien in das Gefüge unserer Volkswirtschaften und Gesellschaften zu integrieren, bevor eine Handvoll US-Unternehmen die Chance bekommt, „schnell zu handeln und Dinge zu zerbrechen“ – wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit –, die nicht leicht zu reparieren sind
In ähnlicher Weise geht es bei der Forderung nach Anerkennung und Entschädigung für die Verwendung von urheberrechtlich geschütztem Material zur KI-Schulung nicht bloß um den Schutz der Kreativbranchen. Es geht darum, die Entwicklung dieser transformativen Technologien in das Gefüge unserer Volkswirtschaften und Gesellschaften zu integrieren, bevor eine Handvoll US-Unternehmen die Chance bekommt, „schnell zu handeln und Dinge zu zerbrechen“ – wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit –, die nicht leicht zu reparieren sind.
Statt die Schein-Alternative „Innovation oder Regulierung“ zu akzeptieren, haben die Demokratien der Welt die Möglichkeit, die Bedingungen für echte Innovation und nicht für Nachahmung zu schaffen und zu zeigen, wie demokratische Aufsicht technologischen Fortschritt ermöglichen und gleichzeitig die Grundrechte bewahren kann. Dies setzt jedoch voraus, dass man anerkennt, dass die Technologiepolitik ein wesentlicher Bestandteil des Widerstands gegen autoritäre Tendenzen geworden ist.
Eine derartige Haltung ist nicht antiamerikanisch. Vielmehr spiegelt sie die Besorgnis über die Verschmelzung von Big Tech und politischer Macht in den USA wider, die viele Amerikaner teilen. Umso wichtiger ist es für andere Regierungen, dafür zu sorgen, dass digitale Technologien der Demokratie dienen und die Menschenwürde schützen.
Aus dem Englischen von Jan Doolan
* Courtney C. Radsch ist Direktorin des Center for Journalism and Liberty am Open Markets Institute, Non-Resident Senior Fellow an der Brookings Institution und Verfasserin von Cyberactivism and Citizen Journalism in Egypt: Digital Dissidence and Political Change (Palgrave Macmillan, 2016).
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