Dienstag23. Dezember 2025

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KunsteckePaul-Klee-Zentrum in Bern lockt mit Ausstellung zum Architekten Le Corbusier

Kunstecke / Paul-Klee-Zentrum in Bern lockt mit Ausstellung zum Architekten Le Corbusier
Wer in Bern ist, sollte es besuchen: die Außenansicht des Zentrums Paul Klee, Architektur von Renzo Piano Foto: Erwin Schenk/Copyright: Zentrum Paul Klee, Bern

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Sie reisen demnächst in die Schweiz und haben Zeit für einen Abstecher nach Bern? Das Paul-Klee-Zentrum, welches dieses Jahr sein 20. Jubiläum feiert, ist einen Besuch wert. Ein Rundgang durch die Ausstellung.

Ist Basel die Museumsstadt der Schweiz, so wird Bern meist nur als Hauptstadt der Republik bezeichnet, doch das reicht nicht. Neben anderen musealen Einrichtungen beherbergt Bern seit 20 Jahren das Paul-Klee-Zentrum. Etwas oberhalb des Zentrums gelegen erinnert man permanent mit Ausstellungen an seinen Namensgeber, den bedeutenden schweizerischen Künstler, 1879 in Muralto geboren, 1940 in Bern gestorben. Neben Klee-Werken präsentiert das Zentrum stets auch Arbeiten eines anderen Künstlers, heuer von Le Corbusier.

Paul Klee, der in München studierte, später Italien bereiste und sich in Paris mit Künstlern wie Braque, Rousseau, Picasso und anderen Malern austauschte, tat sich mit Macke und Moilliet zusammen, um Tunesien zu besuchen, fand aber wieder nach Deutschland zurück. Er lehrte am Bauhaus, wurde Professor an der Kunstakademie in Düsseldorf, doch musste er 1933 das Land verlassen, um sich in Bern anzusiedeln. Seine Kunst wurde von den Nazis als „entartet“ bezeichnet. Er hinterlässt, wie der Kunst-Brockhaus festhält, über 9.000 Werke, auch „kunstpädagogische Schriften“. Kein Wunder, dass ihm vor 20 Jahren ein Zentrum in Bern gewidmet wurde.

Von Rama bis Le Corbusier

Charles-Édouard Jeanneret in den 1930er Jahren
Charles-Édouard Jeanneret in den 1930er Jahren Copyright: 2025, FLC/ProLitteris, Zürich

Zum 20. Jubiläum hat das Zentrum ein interessantes und abwechslungsreiches Programm zusammengestellt, etwa die erste umfangreiche Retrospektive der „Non-Konformistin und Pionierin der feministischen Kunst“ Carol Rama (1918-2015) in der Schweiz, eine Schau, die unter dem Titel „Carol Rama. Rebellin der Moderne“ bis zum 13. Juli läuft, sowie die Sonderausstellung „Le Corbusier. Die Ordnung der Dinge“, die noch bis zum 22. Juni zu sehen ist. Seine Biografie besagt, dass er am 6. Oktober 1887 in La Chaux-de-Fonds geboren wurde und 1965 infolge eines Badeunfalls in Roquebrune-Cap-Martin in Frankreich gestorben ist. Seine in der Schau illustrierte Biografie wird in zehn Lebensabschnitte und Arbeitsperioden unterteilt.

Den Veranstaltern geht es vorwiegend darum, den Arbeitsprozess des schweizerisch-französischen Künstler-Architekten zu dokumentieren und dabei sein „plastisches Denken“ zu fokussieren. Le Corbusier, mit bürgerlichem Namen Charles-Edouard Jeanneret, geht es darum, „Kunst, Design und Architektur“ zu verschränken und durch funktionale und ästhetische Architektur eine neue Lebensumgebung zu schaffen und die Lebensqualität der Menschen zu verbessern. Er nahm dabei Erzeugnisse moderner Technologien als Vorbild, setzte Stahlbeton ein, um „die künstlerischen und skulpturalen Möglichkeiten dieser modernen Bauweise innovativ zu nutzen“. In seinem „Atelier der geduldigen Forschung“ tastete er sich an „Komposition und Raum, Licht und Farbe heran“. In der Expo sind zahlreiche dies belegende Zeichnungen und Modelle sowie Quellen dieser „Entwurfsprozesse“ zu sehen.

Prinzip „Ordnung“ als Grundlage

Le Corbusier als Maler: „Nature morte au siphon“ (1928, Öl auf Leinwand 134 × 115 × 7 cm), Fondation Le Corbusier, Paris
Le Corbusier als Maler: „Nature morte au siphon“ (1928, Öl auf Leinwand 134 × 115 × 7 cm), Fondation Le Corbusier, Paris Copyright: 2025, FLC/ProLitteris, Zürich 

Für le Corbusier ging es vordergründig auch um das „Prinzip der Ordnung“. Die Ausstellung holt bei der Begründung dieses Prinzips weit aus. Ihm ging es darum zu belegen, dass „Entwerfen“ bedeutet, „Dinge zu ordnen“. Von ihm wird der 1923 niedergeschriebene Satz zitiert: „Wo Ordnung herrscht, entsteht Wohlbefinden.“ Alles soll in ein harmonisches Verhältnis gebracht werden. Er stützt sich dabei u.a. auf die Baukunst der Antike. Es war für ihn eine Antwort auf die angespannte Situation nach dem Ersten Weltkrieg und die Auswirkungen des technischen Fortschritts sowie die politische Lage in Europa nach der Russischen Revolution und den Wirtschaftskrisen der 1920er Jahre. Er wollte „neu gestalten“, und auf ihn bezogen war der Begriff der Ordnung auch „ein utopischer, aber auch ambivalenter“ Begriff, der „von der Gestaltung der Räume und der Struktur der Städte zur Frage der Organisation des Zusammenlebens“ führt, wie die Expo-Dokumentation festhält. Kurzum Le Corbusier „verbindet Kunst und Architektur, Kultur und Gesellschaft.“

Um dem Anspruch Le Corbusiers gerecht zu werden, ist die Ausstellung chronologisch und in drei Achsen gegliedert: Kunst, Architektur und Recherche. Erste zeigt seine künstlerische Entwicklung, die von Natur-, Landschafts- und Architekturstudien bis zu ikonischen Gemälden der „Purismus“ -Zeit der 1920er Jahre reicht. Präsentiert werden Bilder, Skulpturen und Collagen aus seinem Spätwerk.

Kunst, Architektur und Recherche

Le Corbusiers Architektur: „Unité d’Habitation Marseille“, o. D. (Holzmodell, 111 × 101 × 48 cm), Fondation Le Corbusier, Paris
Le Corbusiers Architektur: „Unité d’Habitation Marseille“, o. D. (Holzmodell, 111 × 101 × 48 cm), Fondation Le Corbusier, Paris Copyright: 2025, FLC/ProLitteris, Zürich

Bei der Architektur geht es um Le Corbusiers „Entwurfspraxis und seine Auseinandersetzung mit architektonischen Ordnungsprinzipien“. Gezeigt werden Projekte, mithilfe von Skizzen, Entwürfen, Modellen, Visionen und Visualisierungen, etwa von Projekten wie der „Unité d’Habitation“ in Marseille oder der bekannten Kapelle Notre-Dame-Du-Haut von Ronchamp. Fotografien von Richard Pare helfen dabei, Entwürfe und Realisationen zu kombinieren. Abgerundet wird diese Sektion mit einem Videofilm des Künstlers Kay Walkowiak über die Stadt Chandigarh.

Im Teil Recherche erhält der Besucher Einblick in den Arbeitsalltag Le Corbusiers in seinen zwei Pariser Ateliers. Auch werden seine Sammlung „natürlicher Gegenstände“, zahlreiche Fotos und Postkarten gezeigt, alles Zeugnisse seiner Inspirationen. Abschließend dokumentiert die Schau seine Vortragstätigkeit. Die sorgsam getätigte „Kontextualisierung“ von Leben und Werk Le Corbusiers stützt sich auf die Studie „Le Corbusier, die Juden und der Faschismus. Eine Klarstellung“, die von Historiker Jean-Louis Cohen 2012 erarbeitet wurde. Die von Dr. Martin Waldmeister vom Zentrum Paul Klee kuratierte Ausstellung wird von einem 256 Seiten starken Katalog mit 240 Abbildungen begleitet. Dieser ist beim Verlag Scheidegger & Spiess, Zürich, erschienen.

Im an das Zentrum angegliederten Kindermuseum „Creaviva“ läuft bis zum 5. Oktober „Tohuwabohu. Geordnetes Chaos“, eine interaktive Ausstellung für ein jüngeres Publikum. Mehr Informationen zum Zentrum und Le Corbusier-Begleitprogramm gibt es auf zpk.org/Le Corbusier.ch.