Warum jetzt ein Porträt von Leonardo da Vinci? Kunstgeschichte ist auch in unseren Zeiten wichtig, geht es doch darum, sowohl Momentaufnahmen aus einer bestimmten Epoche, den Zeitgeist von damals zu erfassen, als auch die Entwicklung der Kunst, ihren jeweiligen Stellenwert in Erinnerung zu rufen, auch um diese wesentliche Komponente der Gesellschaft korrekt einzuordnen. Ein Meister wie Leonardo da Vinci zieht heute noch Millionen Besucher in Museen, etwa zur „Mona Lisa“ in den Louvre, in die Uffizien in Florenz und zum „Abendmahl“ nach Mailand oder begeisterte, betuchte Sammler, wie den Käufer des noch nicht so lange wiederentdeckten Werkes „Salvater Mundi“, das vor einigen Jahren für zig Millionen Dollar den Besitzer wechselte.
Geboren in Vinci, Lehrjahre in Florenz
Leonardo da Vinci wurde am 14. April 1452, also vor 573 Jahren, in Vinci (Toskana) geboren und verstarb am 2. Mai 1519 in Frankreich. Seine Grabstätte ist auf Schloss Amboise, wo er seine letzten Lebensjahre verbrachte. Gibt es um seine Eltern Spekulationen, so steht fest, dass er später bei seinem Vater lebte und mit diesem nach Florenz zog, wo er bei Künstler Andrea del Verrocchio in die Lehre ging. In Verrocchios Atelier ging es um Bildhauerei, Malerei, aber auch Tätigkeiten im Bereich der Goldschmiede. Sowohl als Schüler als auch nach Beendigung seiner Lehre wurde Leonardo an der Gestaltung von Gemälden beteiligt und früh für sein Talent geschätzt. 1472 wurde er von der Malergilde in Florenz aufgenommen. Es waren bewegte Zeiten, Leonardo sah sich in seinen Notizbüchern als „Schüler der Natur, berufen, die Schönheiten der Natur selbst und diese im Zusammenspiel mit Menschen darzustellen“. Eine frühe Zeichnung, „Arnolandschaft“ von 1473, ist heute neben anderen seiner Arbeiten in den Uffizien in Florenz zu bewundern. Hier wirkte er bis 1481, um dann an den Hof der Sforza, der Herzöge von Mailand, zu ziehen. Er war von den Medici dorthin empfohlen worden.
Umjubelte „Mona Lisa“
Bereits damals sah er sich als Bauingenieur, Architekt, Maler und Bildhauer zugleich. Er arbeitete rund zwanzig Jahre für diese Familie. Er entwarf dort sowohl Bühnenbilder als auch Pläne zur sanitären Neuordnung der Stadt nach der Pestepidemie. Neben diversen Entwürfen dokumentierte er Ergebnisse seiner Studien. Bewegungsformen von Pferden beschäftigten ihn genauso wie ein stattliches Reiterstandbild. 1490 weilte er in Pavia und betrieb u.a. mathematische und physikalische Forschungen. Seine bekannten Studien der Körperproportionen nach Vitruv stammen aus dem Jahre 1492.
Hier begann er auch an seinem Buch „Von der menschlichen Figur“ zu arbeiten. In der Mailänder Zeit sind zahlreiche Werke entstanden, etwa das bereits erwähnte „Das Abendmahl“ in den Jahren 1494 bis 1498. Wer Mailand besucht, sollte dieses Wandgemälde nicht verpassen. Bekanntlich passt dieses im Auftrag von Sforza geschaffene Fresko in diese vorösterlichen Tage. Man könnte viel über die hierbei angewandte Technik und die vom Meister gehegten Gedanken schreiben, besser ist, es vor Ort anzuschauen. Mit Luca Pacioli arbeitete er gemeinsam am Buch „Über das göttliche Verhältnis“ (Goldener Schnitt).
Infos
„Porträt – Leonardo da Vinci“ am 19. April um 20.15 Uhr auf Arte und noch bis zum 17. Juli in der Mediathek.
Über die sogenannten „Wanderjahre“ des Künstlers um die Jahrhundertwende 1500 wäre ebenfalls viel zu sagen, Gemälde wie „Anna zu dritt“ (heute im Louvre) stammt aus dieser Zeit, vor allem aber folgte er seinem Arbeitgeber Cesare Borgia auf seinen Reisen, um schließlich nach Florenz zurückzukehren. Hier eröffnete er sein eigenes Atelier. Bedeutende Werke entstanden, etwa die weltberühmte „Mona Lisa“ alias Lisa del Giocondo (1503-1506), in dieser Schaffensperiode. Nach dem Tode seines Vaters 1504 und seines Onkels 1506 zog er nach Mailand, wo er für den französischen Hof arbeitete. Sein Arbeitsfeld war vielseitig, doch als sein Mäzen Charles d’Amboise 1511 verstarb, wechselte er nach Rom, um dort im Dienste des Vatikans zu wirken, doch Rivalitäten und Intrigen machten ihn unglücklich und so stürzte er sich eher in Ingenieurtätigkeiten.
Das Schicksal wollte es, dass er einer Einladung des französischen Königs nach Frankreich folgte, wo er seine letzten, recht aktiven Jahre verbrachte und wo sich seine Grabstätte befindet. Auch nach seinem Tod sorgte da Vinci noch für aufregende Momente um seine letzte Ruhestätte und seinen Nachlass.
Meister und Visionär
Im Arte-Magazin präsentiert Boris Pofalla Leben und Werk von Leonardo da Vinci, unterstreicht dabei, dass er neben dem „populärsten Gemälde der Welt“ auch „futuristische Geräte“ geschaffen und Körper erforscht hat*. Er zeichnet seinen Weg nach und schildert, wie da Vinci zum „Universalgenie“ wurde und wie die Kunstwelt sich heute mit seinem Werk beschäftigt. Vor Jahren hatten wir in Brüssel die Chance, eine Schau mit von da Vinci entworfenen Geräten und Maschinen, etwa ein „Automobil“ oder ein „Zahnradgetriebe“ und andere gewagte Konstruktionen, zu bewundern. Er war für seine Epoche ein echter Visionär. Von seinen Modellen können Experten auch heuer noch etwas lernen. Neben seinen rein malerischen Gesten werden darüber hinaus immer wieder seine Besessenheit, anatomische Darstellungen und den menschlichen Körper perfekt zu inszenieren, hervorgehoben. Der Künstler sah sich eben der Wissenschaft verpflichtet, was in seinem schriftlichen Nachlass deutlich wird.

Biografen erforschen gerne nicht nur das Wirken und die Werke eines Künstlers, sie dringen wohl auch in das Privatleben ein. Dazu wäre wohl viel zu sagen. 2019 wurde der 500. Todestag von Leonardo da Vinci weltweit begangen. An ihn erinnern nicht nur seine zahlreichen Gemälde, Zeichnungen und Entwürfe in Museen und Sammlungen, auch weiß jeder Rom-Reisende, dass der Flughafen Rom-Fiumicino nach ihm benannt ist.
In seinem Begleitartikel zu den beiden Sendungen über Leonardo da Vinci an diesem Samstag auf Arte zitiert der Autor den Meister u.a. mit den vielsagenden Worten: „Der Mensch wurde im Altertum als Welt im Kleinen bezeichnet, und dieser Name ist ganz richtig gewählt, denn wenn der Mensch aus Erde, Wasser, Luft und Feuer besteht, so verhält es sich ebenso mit dem Körper der Erde.“ Und da dieses Prinzip einer „Verbindung zwischen Mensch und Erde“ sich in der „Mona Lisa“ wiederfindet, sollte wohl jeder dieses Bild auch gesehen haben.
*Boris Pofalla zitiert da Vinci in „Das Fenster zum Kosmos“, Arte-Magazin 4/25.
De Maart
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können