Dienstag23. Dezember 2025

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Im KinoEin filmischer Appell: „Heldin“ führt in den harten Alltag von Pflegekräften ein

Im Kino / Ein filmischer Appell: „Heldin“ führt in den harten Alltag von Pflegekräften ein
Leonie Benesch in dem Spielfilm „Heldin“ Quelle: imd.com

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„Heldin“, ein schweizerisch-deutscher Spielfilm von Regisseurin Petra Volpe, beleuchtet die Herausforderungen und Belastungen, mit denen Pflegekräfte in einem überlasteten Gesundheitssystem konfrontiert sind. In der Hauptrolle ist Leonie Benesch als junge Pflegefachfrau zu sehen, über die Volpe den Blick auf gegenwärtige Strukturprobleme im Gesundheitswesen schärfen will.

Nahezu einer Extremsportlerin gleich, muss die Pflegerin Floria von Krankenzimmer zu Krankenzimmer eilen, von mehreren Patienten zugleich gefragt. Ein pausenloser Höchstleistungsakt wird da abgerufen, in ständiger Konzentration, in nahezu ungebrochenen Bewegungsabläufen. „Heldin“ – der Titel ist programmatisch gesetzt, zu keinem Moment geht es der Schweizer Filmemacherin Petra Volpe in ihrem neuen Film um eine kritisch-distanzierte Perspektive auf ihre Hauptfigur. Ihr Publikum soll Zeuge der Herausforderungen werden, die Pflegekräfte täglich bewältigen müssen, und der emotionalen Erschöpfung, die oft mit diesem Beruf einhergeht.

Pflege als Heldinnenakt 

Mit ihrem Vorgängerfilm „Die göttliche Ordnung“ (2017), der die Geschichte des Frauenwahlrechts in der Schweiz behandelt, hat Volpe bereits aufgezeigt, wie wichtig ihr gesellschaftliche Themen und menschliche Beziehungen sind. „Heldin“ nun nimmt sich das Buch „Unser Beruf ist nicht das Problem: Es sind die Umstände“ von Madeline Calvelage, die selbst jahrelang als Gesundheits- und Krankenpflegerin arbeitete, zur Vorlage, um einen weiteren filmsprachlich intensiven Appell zu formulieren: Im Zentrum des Films steht die junge Krankenschwester Floria, gespielt von Leonie Benesch, die zum Kraftfeld des gesamten Films wird. Die Patientenwünsche nach Zuneigung und Aufmerksamkeit nehmen dabei unterschiedliche Ausdrucksformen an: Aus einfachen Gesprächen werden berechtigte, fordernde Fragen zur Medikamenteneinnahme oder zu Arztgesprächen – Volpe zeigt diesen Austausch konkurrierender Erwartungen auch als spannungsgeladenen Ausdruck der Aufrechterhaltung der jeweiligen menschlichen Würde.

Hinter jeder Zimmertür steckt ein anderes Schicksal: Immerzu sind es Menschen, die im Angesicht ihres baldigen Ablebens, ihres körperlichen Zerfalls, versuchen, um ihre Würde zu ringen, dabei merklich und unmerklich im Begriff sind, die Würde der Krankenpflegerin außer Acht zu lassen. Verbale Erniedrigungen muss Floria stillschweigend über sich ergehen lassen. In dieser permanenten Stresssituation lastet über ihr obendrein die allumfassende Verantwortung, dass jeder Handgriff, jede Medikamentendosierung sitzen muss – ja, in einen nahezu beiläufig-routinierten Bewegungsablauf gegossen werden muss. Daraus gewinnt der Film sein thrillerartiges Spannungsmoment und seine erzählerische Brisanz: Die Heldin an die absolute Belastungsgrenze zu führen, ist Volpe ein filmdramaturgisches Anliegen.

Filmische Umsetzung

Um ihren engagierten Appell möglichst direkt auf das Publikum wirken zu lassen, ohne dabei jemals zu sehr agitatorisch zu verfahren, wählt die Regisseurin einen semidokumentarischen Stil: Handgetragene Kamera und lange Einstellungen sowie ungebrochene Kamerafahrten verleihen dem Film seine intensive Wirkung unmittelbarer Dringlichkeit, das Hineinwerfen des Publikums in die direkte Erlebnissituation einer Pflegekraft im Krankenhaus ist hier das vordergründige Gestaltungsprinzip. Umso prägnanter entfaltet sich dieses Prinzip, weil Volpe die Erlebnisse einer Nachtschicht im Krankenhaus auf die neunzigminütige Spieldauer des Films konzentriert.

Dazu konträr verhält sich indes die Tendenz der formalsprachlichen Überakzentuierung: Die gesetzte Affirmation der heldenhaften Leistungen der Krankenpflegerin wird immerzu mit musikalischen Einsätzen nahezu überbetont. Diese Betonung scheint überflüssig, zumal die dem Film inhärente Überzeugungslogik evident ist: Aus der Verdichtung, die „Heldin“ anstrebt, erwächst für das Publikum die Erkenntnis, dass die hier geschilderte Extremsituation den Alltag im Gesundheitswesen bedeutet. Dass dahinter strukturell bedingte Probleme stehen, wie etwa der akute Fachkräftemangel und die damit einhergehende Überbelastung des Pflegepersonals, erschließt sich ganz von selbst.

Heute Abend, 10. April um 18 Uhr, läuft der Film u.a. im „Kulturhuef Grevenmacher“.