Dienstag28. Oktober 2025

Demaart De Maart

RambruchTradition zum Anfassen: Der „Fierkelsmaart 2025“ als Schaufenster des kulturellen Erbes

Rambruch / Tradition zum Anfassen: Der „Fierkelsmaart 2025“ als Schaufenster des kulturellen Erbes
Der „Fierkelsmaart“ lädt zum gemütlichen Bummeln und Entdecken ein Fotos: Carole Theisen

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Beim „Fierkelsmaart“ in Rambruch zeigen ein Folkloreverein und ein Handwerkerteam, wie kulturelles Erbe lebendig bleibt – mit Tanz, Tracht und handgemachten Gehstöcken.

Wenn – wie am vergangenen Sonntag – der jährliche Rambrucher „Fierkelsmaart“ ruft, strömen Tausende aus allen Himmelsrichtungen in die Gemeinde. Sie kommen, um einen Tag zu erleben, der zwischen ländlicher Nostalgie und lebendiger Gegenwart pendelt. 125 Stände, Essen, Getränke, Kinderschminken, Alpakas, Musik – und mittendrin Geschichten, die mehr sagen als jedes Verkaufsargument. Zwei Gruppen stachen in diesem Jahr besonders hervor: der Folklore-Tanzverein „Vallée des Sept Châteaux“ aus Mersch und das Handwerkerteam der „Gremlischter Bengelen“. Zwei Welten – aber beide mit Herz, Hand und Haltung. 

Der Folklore-Tanzverein „Vallée des Sept Châteaux“

Sie tanzen in Röcken, die aussehen wie aus einer anderen Zeit – und trotzdem fühlt sich bei ihnen nichts angestaubt an. Der Folklore-Verein „Vallée des Sept Châteaux“ aus Mersch hält seit fast 75 Jahren Volkskultur am Leben.

Die Tänzerinnen und Tänzer des Vereins „Vallée des Sept Châteaux“ bringen folkloristische Tradition auf die Bühne des „Fierkelsmaart“
Die Tänzerinnen und Tänzer des Vereins „Vallée des Sept Châteaux“ bringen folkloristische Tradition auf die Bühne des „Fierkelsmaart“

„Der Verein ist damals, 1952, anlässlich eines Braderie-Umzuges in Mersch entstanden“, erzählt Margarete Schömann, 56 Jahre alt, Deutsch-Luxemburgerin und seit 25 Jahren Teil des Vereins. „Damals wollten ein paar Leute den verkaufsoffenen Sonntag ein bisschen lebendiger machen – mit Tanz.“ Seitdem hat sich viel getan – aber die Mission ist geblieben: kulturelles Erbe zeigen, leben, teilen.

Die Tänze, die sie aufführen, sind alles andere als starr. „Was mir gefällt, ist dieses Volkstümliche – und dass man nicht einen festen Partner hat“, sagt Margarete. „Man wechselt ständig. Es ist Teamwork.“ Die Dynamik spiegelt sich nicht nur in den Schritten, sondern auch in den Köpfen: Der Club ist altersübergreifend und multikulturell– hier tanzen sogar Leute aus Brasilien mit.

Roberta Züge zum Beispiel. Die Brasilianerin mit luxemburgischen Wurzeln ist vor vier Jahren nach Luxemburg gekommen und hat sich sofort ihren Platz ertanzt. „In Brasilien haben wir über 30.000 Leute mit Luxemburger Wurzeln. Viele von uns tanzen Folklore – vielleicht sind es sogar mehr als hier in Luxemburg!“

Und weil sich dieser Rhythmus weiterverbreiten soll, arbeitet der Verein gerade an einem Online-Archiv. „Wir dokumentieren jede Bewegung, jeden Schritt – auf Französisch, Englisch, Luxemburgisch“, erzählt Roberta. Das Projekt wird vom Kulturministerium unterstützt. Ziel: weltweit zugängliche Tutorials.

Die Kleider? Historisch inspiriert, aber angepasst. „Früher waren die Röcke länger – wir haben sie zehn Zentimeter gekürzt, weil wir sonst beim Tanzen ständig hängen geblieben sind“, lacht Margarete. Die Stoffe sind neu, aber die Muster bleiben authentisch. Vieles wird selbst genäht.

Und was sagen sie jungen Leuten, die denken, Volkstanz ist nur was für Omis? „Kommt vorbei und tanzt mit“, sagt Margarete. „Wir waren letztens auf einer Geburtstagsparty – die jungen Leute haben das gefeiert!“ Kein Witz. Kein Klischee. Nur ehrlicher Spaß an Kultur und Tradition.

Die „Gremlischter Bengelen“

Ein kleines Zelt. Ein alter Holztisch. Zwei Männer über 70 mit einer lebendigen Laune wie zwei Jungs beim Basteln. Das ist das Team der „Gremlischter Bengelen“, und was sie tun, ist einzigartig: Sie machen „Bengelen“ – handgemachte Gehstöcke, die früher im ganzen Ösling zum Alltag gehörten. Heute sind es eher Raritäten mit Seele. Alfred Boentges (83) und Romain Berscheid (76) erzählen von einem Handwerk, das beinahe in Vergessenheit geraten ist,

Alfred Boentges (l.) und Romain Berscheid (r.) zeigen auf dem „Fierkelsmaart“, wie ein „Gremlischter Bengel“ entsteht
Alfred Boentges (l.) und Romain Berscheid (r.) zeigen auf dem „Fierkelsmaart“, wie ein „Gremlischter Bengel“ entsteht

„Früher haben die Bauern abends zusammengesessen und in der ,Uuscht‘, wie man sagte, ihre ,Bengelen‘ geschnitzt“, erzählt Romain Berscheid. „Handwerk, das aus Notwendigkeit entstanden und irgendwann einfach verschwunden ist.“ Doch dann wurde beschlossen, diese jahrhundertealte Tradition zurückzubringen.

Heute arbeitet das vierköpfige Team um Boentges und Berscheid jeden Mittwoch im Winter in ihrem Atelier „op der Schleef“. Im Sommer? Märkte. Kein Businessplan, sondern Herzenssache. „Wir machen das nicht fürs Geld. Ein ,Bengel‘ kostet 30 Euro, aber wir sitzen locker zehn Stunden daran. Das macht man nur, wenn’s einem wirklich Spaß macht.“

Die Gehstöcke der „Gremlischter Bengelen“ sind kleine Meisterwerke des ländlichen Handwerks
Die Gehstöcke der „Gremlischter Bengelen“ sind kleine Meisterwerke des ländlichen Handwerks

Der Entstehungsprozess klingt fast meditativ: Das Holz kommt direkt aus den umliegenden Lohhecken – alte Eichen, gewachsen in den Hügeln des Éislek. „Das Holz wird zunächst in heißem Wasser eingeweicht, sechs bis sieben Stunden“, erklärt Berscheid. „Dann pressen wir es mit einer Schablone in seine typisch gekrümmte Form – und da bleibt es erst mal eine Woche lang.“ Danach wird geschliffen, geglättet, lackiert. Manchmal kommt unten eine Messingspitze dran – für den Einsatz im Wald. Oder ein Gummipuffer – für zu Hause oder in der Stadt.

Jeder Stock ist ein Unikat. Einer der schönsten Momente: Als sie 1997 im Auftrag eines luxemburgischen EU-Delegierten personalisierte „Bengelen“ als Gastgeschenke für Kollegen aus ganz Europa fertigen durften. „Die wurden richtig feierlich überreicht – das war schon was Besonderes“, erzählt Boentges.

Und nein, gelernte Handwerker sind sie nicht. „Ich hab mein Leben lang bei der Bank gearbeitet“, sagt Berscheid. „Es geht um Gemeinschaft – und um eine Tradition, die uns wichtig ist.“ Was sie tun, haben sie sich selbst beigebracht. „Es gab keine Anleitung, keine Fotos. Zwischen den Weltkriegen ist all das Wissen einfach verloren gegangen“, sagt Berscheid.

Einige Modelle stechen heraus: der „Koubengel“ zum Beispiel – früher von Viehhändlern genutzt, um Kühe zu führen oder sich auf dem Markt durchzusetzen –, die Version mit eingebauter Ablage für Jäger – „damit man die Flinte ablegen kann“, wie Boentges bemerkt –, oder sogar der lange „Bengel“ für den Kleeschen, wenn er im Dezember die Luxemburger Dörfer besucht.

Heute sind ihre Gehstöcke im ganzen Land bekannt. Auf Märkten, in Sammlungen, manchmal sogar als Ruhestandsgeschenk – für den Spaziergang in eine neue Lebensphase.

Und wer die Macher live treffen will: Am 25., 26. und 27. April sind sie beim „Patrimoine naturel“ auf der place d’Armes mit dabei – Holz, Humor und jahrhundertealtes Know-how inklusive.