Das Grundproblem ist bekannt: Laut den Prognosen der „Inspection générale de la sécurité sociale“ (IGSS) wird das System der Finanzierung der Renten im Privatsektor ab 2026 in die roten Zahlen rutschen. Erwartet wird nächstes Jahr ein Defizit von 100 Millionen Euro und 2027 von 300 Millionen Euro. In den folgenden Jahren wird sich die Zahl der neuen Rentner dann weiter beschleunigen. Bis 2050 soll das Defizit, bei gleichbleibender Politik, dann auf rund 2,5 Milliarden angestiegen sein.
Diese Entwicklung soll jedoch vermieden werden. Die Regierung hat zu einer großen Debatte aufgerufen und Meinungen über eine Webseite gesammelt. Vor rund zwei Wochen hatten die politischen Parteien die Möglichkeit, sich zu äußern. In der Zeit, bis die zuständige Ministerin Martine Deprez im Juni ein Projekt vorlegen will, werden noch Arbeitsgruppen tagen. Am Donnerstagabend hat die Denkfabrik der Handelskammer der Ministerin nun ihre Ideen übergeben.
Gegenüber Vertretern der Presse erklärte Vincent Hein von Idea im Vorfeld, dass es ihnen darum gehe, möglichst konkrete Vorschläge zu der öffentlichen Debatte beizutragen. Ziel des „document de travail n° 31 – Pensions: un quatuor de réformes“ sei es, die Zukunft der ersten Säule des Rentensystems, also der gesetzlichen Rentenversicherung, zu skizzieren. Hier finanzieren die aktuell erwerbstätigen Versicherten, nach dem Umlageverfahren, mit ihren Beiträgen die Renten der heutigen Rentner. Zum Thema der privaten Zusatzrenten wurde am Donnerstagnachmittag nichts gesagt.
Acht Prinzipien habe man sich vor den Überlegungen auch vorgegeben, so Hein weiter. Dazu zählen die langfristige finanzielle Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit, Transparenz, sowie ein Gleichgewicht zwischen schrumpfenden Leistungen und zusätzlichen Einnahmen. Man plädiere nicht für eine Revolution, sondern für eine Entwicklung.
Projekt „Eichhörnchen“
Herausgekommen bei den Arbeiten sind vier unterschiedliche, mögliche Reformszenarien, die ihrerseits aus 15 „Ziegelsteinen“ bestehen, die jeweils anders zusammengesetzt werden.
An den Anstrengungen beteiligen sollen sich derweil nicht nur angehende Rentner, sondern jedermann, auch bereits Pensionierte. Das sei eine Frage der Gerechtigkeit zwischen den Generationen, so Hein. Auch gelten sollen die Vorschläge für die Menschen im staatlichen Pensionssystem. Als Stichdatum für ein Umsetzen der Ideen wünscht man sich Januar 2027.
Das erste Reformszenario bezeichnen die Mitarbeiter von Idea als „Ecureuil“ (Eichhörnchen). Hier wird der Fokus aufs Sparen gelegt. Die vorgeschlagenen Bausteine setzen sich zu zwei Dritteln aus Kürzungen und zu einem Drittel aus neuen Einnahmen zusammen.
Zu den Ziegelsteinen zählt eine Verringerung der „allocation de fin d’année“ und eine deutliche Kürzung der jährlichen Anpassung an steigende Gehälter. Beides soll so gestaffelt werden, dass es höhere Renten stärker trifft als niedrige, erläutert Muriel Bouchet. Auch würde man die Berechnungsart der Rente gerne verändern.
Zusätzlich wünscht man sich, dass der Staat für die jährlichen Verwaltungskosten der Behörde (rund 60 Millionen Euro) aufkommt. Als neue, zusätzliche Einnahme könnte Idea sich eine leichte Erhöhung der „contribution dépendance“ vorstellen. Diese sei besser geeignet als die Rentenbeiträge selber, da dort mehr Menschen einzahlen.
Das zweite Szenario, die „réforme sociale“, beinhaltet fast alle Bausteine des vorherigen Szenarios. Hinzu kommt jedoch noch eine Erhöhung der Mindestrente um zehn Prozent und eine Aufhebung der aktuellen Beitragsbegrenzung bei Gehältern von über 13.200 Euro. Jedoch sollten auf dem darüber liegenden Gehalt nicht mehr Beiträge von 3 mal 8 Prozent (Staat, Arbeitgeber, Arbeitnehmer), sondern nur von 3 mal 3 Prozent gezahlt werden. Dabei müssten diejenigen, die höhere Beiträge zahlen, dafür auch leicht mehr Rente erhalten. Auch das sei eine Frage von Gerechtigkeit, so Bouchet.
Länger leben – länger arbeiten
Das Szenario der „réforme sociale“ ist übrigens das einzige, in dem die Renten (anteilsmäßig) nicht für jedermann nur schrumpfen. In allen anderen Reformszenarien von Idea schrumpfen auch die kleinen Renten (von um die 2.500 Euro). Die hohen Renten spüren die Reformen meist jedoch deutlich stärker als die kleinen.
Die dritte Reformmöglichkeit nennt Idea „la réforme d’âge“. Hier schlägt man Bausteine wie eine Verlängerung der Arbeitszeit vor. Da die Menschen bis 2050 im Schnitt zwei Jahre älter werden sollen, könnte beispielsweise auch das Renteneintrittsalter zwei Jahre nach hinten verschoben werden. Zudem solle der Renteneintritt flexibler möglich sein, und die Menschen, die länger arbeiten als vorgesehen, sollen belohnt werden.
Die vierte Option, der „pilotage automatique“, will das Problem der Ungewissheiten bei langfristigen Prognosen umgehen. Sie sieht vor, dass die Leistungen des Systems automatisch gekürzt würden, sobald ein Ungleichgewicht bei Einnahmen und Ausgaben entsteht.
Das aktuelle System sei zwar „nicht schlecht“, schlussfolgert Muriel Bouchet. Doch sei es besser, schnell zu handeln als später heftiger handeln zu müssen. Wenn man schnell handle, könne man bis 2050 mit zwölf Prozent kleineren Renten auskommen, so Hein. Würde man jedoch abwarten, dann würden Kürzungen von 30 Prozent erforderlich. Idea wünscht sich, dass die Politik die Bausteine nun zusammensetzt.
Bei allen vier Szenarien würde langfristig kein Defizit entstehen, hebt Bouchet weiter hervor. Die Pensionsreserve würde ihrer Rechnung nach bei jeweils vier Jahren Leistung bleiben. Hoffen könne man, dass bei einer guten Rendite der Reserve einige Maßnahmen abgeschwächt werden könnten.

De Maart

Die ideale Lösung wäre wohl abzuwarten bis die aufgebauten Reserven um 50% gefallen sind und dann einfach die Beiträge der Arbeitnehmer und des Staates zu erhöhen, nicht die der Arbeitgeber wegen der Kompetivität mit dem Ausland...und nicht an Anrechnung von Studienjahre und Babyjahren zu verzichten.....
"und die Menschen, die länger arbeiten als vorgesehen, sollen belohnt werden."
Hund wie lange willst du noch leben!
Was machen mit Leuten die nicht mehr so fit für ein verlängertes Arbeitsleben sind? Habe kürzlich 2 „Arbeiter“ aus dem Baugewerbe kennen lernen dürfen, Mitte 50, sehnen sich nach der Rente, da die Knochen nicht mehr so wollen. Belohnen geht hier nicht?
Bitte mal nachfragen was die IDEA Frauen und Männer so während ihres Arbeitslebens gemacht und verdienen!