Im Zuge eines Trump-Dekrets, mit dem in US-Behörden und bei deren Auftragnehmern alle Pläne der „Diversity, Equity and Inclusion” (DEI) untersagt werden, wurde auch den US-Botschaften die Anweisung gegeben, diesen Beschluss umzusetzen. Das bekommen inzwischen zahlreiche Unternehmen in Europa zu spüren, die von den diplomatischen Vertretungen der USA Aufträge für die Lieferung von Materialien, Versorgungsgütern oder für sonstige Dienstleistungen erhalten.
Die US-Botschaft in der spanischen Hauptstadt Madrid verschickte zum Beispiel an die örtlichen Zulieferbetriebe ein Schreiben mit folgendem Wortlaut: „Alle Auftragnehmer müssen bescheinigen, dass sie keine Programme betreiben, die Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion fördern.“ Wer diese Bescheinigung nicht unterschreibe, müsse damit rechnen, keine weiteren Aufträge mehr zu bekommen, heißt es weiter. Die Botschaft warnte zudem, dass eine Weigerung zur Einstellung von Zahlungen führen könnte.
Es wird keinen Schritt zurück bei den Rechten von Frauen und der LGBT-Gemeinschaft geben. Weder in unserer Gesellschaft noch in spanischen Unternehmen.
Die spanische Regierung reagierte mit Entschiedenheit auf den Versuch, europäischen Unternehmen Trumps „Anti-Woke-Kurs“ aufzuzwingen: „Es wird keinen Schritt zurück bei den Rechten von Frauen und der LGBT-Gemeinschaft geben“, erklärte Außenminister José Manuel Albares. „Weder in unserer Gesellschaft noch in spanischen Unternehmen.“ Und: „Die Regierung Spaniens hat Gleichheit und Vielfalt als zentrale Säulen ihrer Politik verankert.“
Die spanische Arbeitsministerin Yolanda Díaz bezeichnete das Vorgehen der USA als einen klaren Verstoß gegen spanisches Recht: „Es ist eine flagrante Verletzung der geltenden Gesetze unseres Landes. Wir werden nicht zulassen, dass Unternehmen Normen umgehen.“ Díaz kündigte an, dass Betriebe, die versuchen sollten, den Vorgaben der Trump-Regierung nachzukommen, mit Ermittlungen durch die Arbeitsinspektion rechnen müssten.
Die Sprecherin des US-Außenministeriums, Tammy Bruce, bestätigte derweil in Washington, dass entsprechende Anweisungen an die US-Vertretungen in aller Welt verschickt wurden: „Wir betrachten dies als einen Schritt zur Einhaltung des Erlasses des Präsidenten.” Es handele sich um ein Verfahren zur Sicherstellung der Erfüllung der Vorgaben. „Es geht darum, klarzustellen, welche Standards wir im Zusammenhang mit Produkten, Geschäftsbeziehungen, Verträgen und unternehmensinternen Richtlinien erwarten.”
Auch Kultureinrichtungen werden nicht verschont
Spaniens sozialdemokratischer Regierungschef Pedro Sánchez hatte bereits zuvor kritisiert, dass Washington international tätige US-Konzerne wie etwa Google, McDonald’s, Ford oder die Unternehmensberatung McKinsey dazu drängt, auch in Europa ihre Diversitäts- und Inklusionspolitik aufzugeben. „Ich habe unsere Minister für Wirtschaft und Gleichstellung angewiesen, die betroffenen Unternehmen einzuberufen und klarzustellen, dass Spanien nicht von seinem Ziel der Gleichberechtigung abweicht.“ Sprich: Für in Spanien operierende internationale Unternehmen gelten die spanischen Gesetze. „Wir werden nicht zulassen, dass sich irgendjemand, auch keine privaten Unternehmen, von diesem Ziel entfernt.“
Spanien gilt als eines der progressivsten Länder Europas in Bezug auf Gleichberechtigung, Anerkennung von geschlechtlicher Diversität und Antidiskriminierung. Gleichstellungsprogramme sind für Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern verpflichtend. Sie zielen darauf ab, berufliche Benachteiligung – etwa bei Aufstiegschancen und Entlohnung – zu bekämpfen und die Gesellschaft entsprechend zu sensibilisieren.
Auch europäische Kulturinstitutionen bleiben von Trumps Antidiversitätskurs nicht verschont. So erhielt zum Beispiel das Rathaus in der Mittelmeerstadt Barcelona die Aufforderung, jegliche Gleichstellungs- und Inklusionsmaßnahmen in der städtischen Ignasi-Iglésias-Bibliothek einzustellen. Diese Einrichtung betreibt seit 2016 in Zusammenarbeit mit dem US-Konsulat das kulturelle Austauschprogramm „American Space Barcelona“. Das Kulturprogramm, in dessen Rahmen auch Englischunterricht angeboten wird, wurde bisher von den USA gefördert.
Barcelonas Bürgermeister Jaume Collboni reagierte empört: „Der Trump-Erlass hat weder rechtliche Gültigkeit noch Legitimität in Barcelona. Wenn die Trump-Regierung ihre Finanzierung einstellen will, soll sie es tun – wir werden andere Mittel finden.“
De Maart
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