„Adoption ist kein Recht, ein Kind zu haben, es ist das Recht des Kindes, eine Familie zu haben“, stellt Charles Weiler klar. Der CSV-Abgeordnete erläutert den Gesetzentwurf, der die Beratungs- und Kommissionsphase hinter sich gebracht hat. Auf Anraten des Ombudsmanns für Kinder und Jugendliche (Okaju) und der nationalen Ethikkommission (CNE) soll ein Zustimmungsrecht für die adoptierten Kinder eingeführt werden. Diese Voraussetzung soll sich nicht an einem festen Alter, sondern an der Urteilsfähigkeit des Kindes orientieren. Der einzige Punkt der Gesetzesreform, in dem sich alle Fraktionen am Mittwoch einig sind.
Regelungsbedarf seit 2007
Dass das luxemburgische Recht in Bezug auf Adoption von gestern ist, weiß man in der Politik bereits seit 2007. Damals erlaubte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg die Adoption eines Mädchens durch eine alleinstehende Frau. Seitdem ist in juristischer Hinsicht nichts passiert, Alleinstehende müssen nach wie vor die Anerkennung einer Adoption vor Gericht erzwingen. Die letzte Reform des Adoptionsrechts erfolgte im Jahr 2014 im Zuge der Gleichstellung homosexueller Paare.
In den vergangenen Jahrzehnten, so Charles Weiler, habe sich die gesellschaftliche Realität verändert. Es gebe viel mehr Alleinerziehende und Patchwork-Familien. Der Staat wolle dem Rechnung tragen und Kindern ermöglichen, in dieser Realität eine Familie zu finden.
ADR gegen Alleinerziehende
Die Legalisierung der Adoption durch eine alleinstehende Person erhöhe das Armutsrisiko für das Kind, sagt Dan Hardy (ADR). Der Abgeordnete weist auf das Problem der Kinderarmut in Luxemburg hin. Die Beschäftigung des Parlaments mit dem Thema in den letzten Monaten habe gezeigt, dass gerade Kinder von Alleinerziehenden einem hohen Armutsrisiko ausgesetzt seien.
Sam Tanson („déi gréng“) tritt nach Hardy ans Rednerpult, lässt die Aussage so nicht stehen. Man müsse das Armutsproblem bei Alleinerziehenden lösen, statt ihnen eine Adoption zu verbieten. Die gesellschaftliche Realität zeige, dass die From der Familie nicht maßgeblich sei, sondern emotionale Sicherheit und Fürsorge. „Tradition darf kein Grund sein, einem Kind die Chance auf eine Zukunft zu nehmen“, so Tanson. Auch Marc Baum („déi Lénk“) lässt sich auf die Aussage Hardys ein. „Wenn es in Verbindung mit Kindern ein Armutsproblem gibt, muss man die Armut bekämpfen und darf nicht Familienformen, die Kind und Eltern wünschen, infrage stellen“, so Baum. Der Piraten-Abgeordnete Sven Clement fordert schnellere Verfahren, um die Entwicklung des Kindes nicht unnötig zu beeinflussen. Darüber hinaus, so Clement, brauche es bessere Unterstützung der jungen Familien, auch in psychologischer Hinsicht.
Justizministerin Elisabeth Margue (CSV) würdigt in ihrer Rede auch die Arbeit der Vorgängerregierung aus DP und LSAP. Man habe, so Margue, dieses Projekt gemeinsam vorangebracht und nun gemeinsam abgestimmt. Die Chamber votiert am Mittwoch klar für die Reform. 55 Abgeordnete stimmen dafür, fünf enthalten sich. Die ADR hatte ihre Enthaltung angekündigt. Die Oppositionsparteien „déi gréng“, „déi Lénk“, die Piraten und die LSAP unterstützten den Gesetzentwurf.
De Maart
2024 hat Frankreich das Recht auf Abtreibung in seiner Verfassung verankert, was weltweit als vorbildlich gilt. Dabei geht es ausschliessich darum, allen Frauen das Recht zu garantieren, selbst über ihren eigenen Körper bestimmen zu dürfen (my body, my choice), also um ein grundlegendes Menschenrecht.
In Luxemburg hat die Partei déi Lenk die Initiative ergriffen dem französischen Vorbild zu folgen und zusätzlich vorgeschlagen, das Recht auf Verhütung ebenfalls in die luxemburgische Verfassung zu integrieren.
Dieser Initiative von déi Lenk fand bislang bereits eine sehr breite Zustimmung in der Luxemburger Zivilgesellschaft sowie die klare Unterstützung der beratenden Menschenrechtskommission.
Selbstverständlich bleiben dadurch die Rechte aller Frauen, welche für sich selbst eine Abtreibung ablehnen unberührt.
Demzufolge scheint es mir nur logisch, dass die Initiative von déi Lenk auch im Parlament eine parteiübergreifende Unterstützung aller Abgeordneten, denen die Menschenrechte wichtig sind, erhält.
@Gretel: Ausgezeichnete Initiative!
Vielleicht könnte man als nächstes auch mal den Umgang mit Pflegefamilien liberalisieren. Bis jetzt ist es nämlich so, dass Alleinstehende (und möglicherweise auch unverheiratete Paare sowie Homosexuelle) kaum eine Chance haben, Pflegekinder aufzunehmen. Zur Erinnerung: Hierzulande landen die meisten Pflegekinder immer noch im Heim.
Zum Kommentar von GM: Die Erweiterung des Adoptionsrechts mit Abtreibungsgesetzen zusammenhängend zu sehen ist absurd. Zudem: So manch alter weisser männlicher Abtreibungsfanatiker wird sich noch wundern, wie viele nicht-weisse (und weisse) junge Frauen protestieren werden, sollte dieses (Un)Recht je in der Verfassung verankert werden.
Schön, dass dieser gute Gesetzentwurf die einstimmige Zustimmung aller demokratischen Fraktionen erhält.
Zwar langsam aber stetig macht Luxemburg Fortschritte. Als nächstes gilt es das Recht auf Abtreibung und Verhütung in der Verfassung zu verankern, dieser Vorschlag müsste eigentlich ebenfalls die Unterstützung aller Demokrat*innen erhalten.