Seit Monaten schieben wir diese Aufgabe vor uns her. Bereits im November hatte uns Corinne Kox geraten, gleich zu Beginn die Philosophie unseres Weins zu definieren. Eine gemeinsame Richtung festzulegen, ist in einer Gruppe nie einfach – das wusste auch sie. Vielleicht war genau das der Grund, warum wir das Thema so lange vor uns hergeschoben haben. Doch es lag auch daran, dass wir damals schlicht keine Vorstellung davon hatten, was die „Philosophie eines Weins“ eigentlich bedeutet – geschweige denn, wie man sie festlegt.

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Das Projekt ist ambitioniert und soll Einblicke in die Welt der Winzer verschaffen. Die Tageblatt-Redaktion wird in den kommenden anderthalb Jahren versuchen, ihren eigenen Wein herzustellen, in einer wöchentlichen Serie über Erfolg und Misserfolg berichten und dabei tiefere Einblicke in die Welt des Weinbaus geben.
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Heute sind wir zwar ein Stück weiter, aber die endgültige Antwort haben wir noch nicht gefunden. Deshalb haben wir uns auf einen kleinen Roadtrip entlang der Mosel begeben, Winzerinnen und Winzer getroffen und von ihnen gelernt, worauf es ankommt. Sie haben uns nicht nur wertvolle Tipps gegeben, sondern auch einige Flaschen Rivaner mit auf den Weg – zum Probieren, Vergleichen und Verstehen der Vielfalt, die dieser Wein bieten kann. Über die Verkostung und die redaktionsinternen Diskussionen zur Philosophie des Tageblatt-Rivaners berichten wir nächste Woche. Heute geht es zunächst um die Grundlagen: Wie definiert man die Philosophie eines Weins? Und worauf muss man dabei achten?
Philosophie beginnt im Weinberg
Wir sind zu spät dran. Das ist die erste Erkenntnis nach unserem Ausflug entlang der Mosel. Denn eines haben uns alle Winzerinnen und Winzer mit auf den Weg gegeben: Die Philosophie eines Weins beginnt im Weinberg – lange bevor die ersten Trauben reifen. Schon bei den Winterarbeiten, die wir mittlerweile abgeschlossen haben, wird die Grundlage gelegt. Das bedeutet: Wir haben unsere Philosophie bereits mit dem Rückschnitt der Reben beeinflusst, ohne uns dessen bewusst zu sein.

Unsere Parzelle besteht aus alten Rivaner-Rebstöcken, die wir nach der Methode des sanften Rebschnitts auf eine Fruchtrute zurückgeschnitten haben. Doch für die Arbeiten im Frühjahr sollten wir mit einem klareren Plan an die Sache herangehen – und genau wissen, was wir wollen.
Mehrere Winzer haben uns jedoch auch daran erinnert, dass Wein ein Naturprodukt ist. Man kann eine Richtung vorgeben, aber Wetter und Jahrgang spielen immer eine entscheidende Rolle. Es kann also gut sein, dass unsere Philosophie letztlich nicht allein von uns bestimmt wird – sondern auch von der Natur selbst.
In welche Richtung will man gehen?
Der Rivaner hat in Luxemburg nicht das beste Image, wenngleich einige Winzer einen Anstieg der Nachfrage beobachten. Das wäre jedenfalls nachvollziehbar, denn es ist eine Rebsorte mit vielen Facetten. Er kann entweder klassisch ausgebaut werden – fruchtig, frisch, mit wenig Säure und wenig Restzucker – oder man entscheidet sich für einen moderneren Ausbau mit gezielter Förderung von Thiolen, also Molekülverbindungen aus Schwefel und Wasserstoff. Dadurch bekommt der Wein eine verstärkte Kräuternote und eine komplexere Aromatik. Ob klassisch oder modern, der Rivaner ist kein langjähriger Wein und sollte relativ frisch getrunken werden.
Diese Winzer haben uns beraten
Abi Duhr – Château Pauqué
Michèle Mannes – Domaine Häremillen
Ben Schram – Domaine Schram
Tom Schumacher – Domaine Schumacher
Jean-Paul Risch – Institut viti-vinicole
Nicolas Bentz – Caves René Bentz
Martine Schumacher – Domaine viticole Schumacher-Knepper
Andreas Sonnen – Domaines Vinsmoselle
Mathieu Schmit – Maison viticole Schmit-Fohl
Die Rivanertraube kann auch zur Herstellung von Strohwein genutzt werden. Hierfür müssen die Trauben nach der Lese noch wochenlang getrocknet werden. Der Ertrag ist dann wesentlich kleiner – dafür entwickelt der Wein eine ausgeprägte Muskatnote und zeichnet sich durch seine Süße aus.
An wen richtet sich das Produkt?
Durch seinen milden, fruchtigen Geschmack und den niedrigen Säuregehalt spricht der Rivaner eine breite Zielgruppe an. Vor allem im Sommer ist er als leichter Wein mit niedrigem Alkoholgehalt beliebt – sowohl als Aperitif als auch als Begleitwein, etwa beim Grillen.
Die Vielseitigkeit des Rivaners lässt uns also viel Gestaltungsspielraum. Umso wichtiger ist es, dass wir uns darüber klar werden, an wen sich unser Wein richten soll. Als Winzer muss man seine Kundschaft kennen. Das ist in unserem Fall als Neuwinzer natürlich schwierig, sodass wir wohl eher nach unserem eigenen Geschmack gehen werden. Die endgültige Richtung bleibt noch offen: Noch hat sich nicht jeder aus der Redaktion geäußert.
Holzfass: Gute Idee oder absolutes No-go?
Soll der Rivaner im Holzfass ausgebaut werden? An dieser Frage scheiden sich die Geister. Während es für einige Winzer ein absolutes No-go ist, da der Rivaner dadurch seine typischen Eigenschaften verliert, sehen andere das als eine interessante Alternative. Entlang der Mosel gibt es nur wenige Winzer, die ihren Rivaner im Holzfass ausbauen. Wie diese und andere Rivaner in der Tageblatt-Redaktion ankamen und ob ein Ausbau im Holzfass eine Option für den Tageblatt-Rivaner ist, erfahren Sie hoffentlich am nächsten Mittwoch in unserer Serie. Bis dahin dürften noch einige interne Diskussionen nötig sein.
Tipps und Feedback
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