Seit Anfang März feiert die Pinault Collection in der Bourse de Commerce eine umwerfende Schau mit rund 100 Werken bekannter Künstler zum Thema „Corps et âmes“. Anfang Mai kommt in der Fondation Pernod Ricard u.a. Chantal Akerman zu Wort. Und ab dem 7. Mai verwandelt sich der Petit Palais in eine Parade der Haute Couture. Dazu gesellt sich ab dem 4. April die Expo „Matisse and Marguerite –Through Her Father’s Eyes“ im Musée d’Art moderne. Unsere kleine Vorschau beschränkt sich auf diese vier der zahlreichen neuen sehenswerten Ausstellungen in der Lichterstadt.
Die Zeit der jährlichen Modeschauen in Paris ist vorbei. Erneut haben sich die bekannten Häuser exquisiter Damen- und Herrenbekleidung in Szene gesetzt und sich etwas einfallen lassen – umso mehr dürfen Freunde der Haute Couture sich auf „Worth“, eine Rückbesinnung auf einen maßgebenden „Erfinder“ der hohen Kunst der Damenroben freuen. Charles Frederick Worth, der von 1825 bis 1895 lebte, ergo inzwischen 200 Jahre alt geworden wäre, hat mit seinem Haus Modegeschichte geschrieben, stand er doch mit seinen Kreationen für das damalige Paris des Luxus.

Auf über 1.100 m2 wird sein Parcours anhand von rund 400 authentischen Objekten und Modellen aufgerollt. In der Tat, es geht hierbei nicht nur um Kleider, sondern auch um Accessoires und Bilder, wobei die Kuratoren sich nicht allein auf Werke des Modeschöpfers beschränken, sondern auch Arbeiten aus seinem Umfeld beleuchten. Die Schau verläuft chronologisch vom zweiten „Empire“ bis zur Zeit zwischen den Weltkriegen. Die Ausstellungstücke stammen aus der Sammlung des Palais Galleria, des Philadelphia Museum of Art, des MOMA, des Victoria und Albert Museums, des Palazzo Pitti sowie aus Privatbesitz. Eröffnung ist am 7. Mai.
„Férocité à domicile“
Wer regelmäßig nach Paris reist, weiß um mehrere Stiftungen, die dort ihren Sitz haben und aufwendige Ausstellungsräumlichkeiten unterhalten oder gar spektakuläre Neubauten als Museum (Fondation Louis Vuitton) aufweisen. Die Fondation Pernod Ricard gehört nicht zu den bekanntesten Stiftungen, doch zeigt sie nun eine sehenswerte Ausstellung unter dem Titel „Férocité à domicile“, die vom 16. Mai bis 19. Juli organisiert ist. Gibt es aktuell in Deutschland eine Expo mit dem Schwerpunkt „Bild der Mutter“, so beschäftigt sich diese Präsentation mit der „spezifischen Relation“ zwischen Kind und Mutter. Es geht nicht, wie die Organisatoren betonen, um die Muttergefühle in Verbindung mit ihrem Kind, sondern um die Bindung von Kind und Mutter, selbst im Erwachsenenalter. Um dieser komplexen Relation auf die Spur zu kommen, reicht es nicht, nur positive Muttersorgen und -pflichten hervorzuheben, nein, da spielen auch mögliche Momente wie Vernachlässigung oder Abwesenheit eine Rolle. Mutterliebe drückt sich eben nicht einseitig aus. Sie kann sich vielseitig und gar widersprüchlich artikulieren und auf mannigfaltige Weise zur Identitätsbildung der Betroffenen beitragen.
Mehr Infos
Bourse de Commerce/Pinault Collection: „Corps et âmes“ / boursedecommerce.fr
Fondation Pernod Ricard: „Férocité à domicile“ / claudinecolin.com
Musée d’Art Moderne de Paris: „Matisse and Marguerite-Through Her Father’s Eyes“ / mam.paris.fr
Petit Palais: „Worth“ / petitpalais.paris.fr
„Férocité à domicile“ greift dieses anspruchsvolle Thema anhand von bestehenden Kunstwerken oder extra für diese Schau geschaffenen Arbeiten von Künstlern wie Chantal Akerman, Tolia Astakhishvili mit Simon Lässig und Maka Sanadze sowie Cudelice Brazelton, Rosa Joly, Harilay Rabenjamina, Rosemarie Trockel und Sebastian Wiegand auf. Einen anderen Blick auf das Verhältnis Tochter/Vater bietet die Expo „Matisse and Marguerite“, in der es um die Sicht von Matisse auf seine älteste Tochter Marguerite Duthuit-Matisse, die bis 1982 gelebt hat, geht. Zeichnungen, Malereien, Fotografien und Archivmaterial spüren diese Verbindung künstlerisch auf.
Körper und Seele
Seit der Mega-Kunstsammler Pinault seine Kollektion in der umgebauten Bourse de Commerce in Paris zur Schau trägt, ist dieser Ort für Kunstfreunde zu einem Ankerpunkt in Paris geworden. Mit „Corps et âmes“ präsentiert die Pinault Collection eine Ausstellung der Superlative. Wie stellt sich der Körper in der Kunst dar? Auguste Rodin und Duane Hanson, Georg Baselitz oder Ana Mendieta, David Hammons und Marlene Dumas oder Niki de Saint Phalle geben gemeinsam mit rund 40 Künstlern ihre Antwort auf diese Frage. Sie nutzen diverse Darstellungstechniken der bildenden Kunst.

Die Ausstellung ist fein gegliedert, reicht von einem „Vestibule“ mit aufrechter Figur von Baselitz und einem von Gideon Appah und Ana Mendieta geprägten „Salon“ zum Auftakt über eine Darstellung des „corps témoin“, u.a. mit einer Figur von Duane Hanson, über den „corps exposé“ mit mehreren Werken, u.a. von Auguste Rodin, Marlene Dumas und Niki de Saint Phalle, bis hin zur Repräsentation der „âme au corps“ – eine Abteilung, in der wir Arbeiten von Michael Armitage, Miriam Cahn, Peter Doig, Marlene Dumas und wiederum Ana Mendieta finden. Abgerundet wird die Expo durch „Avignon“, ein 2014 von Georg Baselitz geschaffenes achtteiliges Werk, das zum ersten Mal 2015 auf der Biennale in Venedig gezeigt wurde. Die kopfüber hängenden, in spezieller Technik gemalten Körper drücken, so der Kurator, „une nudité crucifiée qui s’exhibe et toise le regardeur“ aus.
Die Hängung erfolgt, wie das in der Bourse üblich ist, in mehreren Räumen und Galerien, wobei neben der thematisch eingangs angeführten Ausstellung parallel noch andere kleinere Präsentationen, etwa bis 25. Mai mit Filmen von Arthur Jafa, anzuschauen sind. Für interessierte Besucher bietet die Pinault Collection auch Rahmenprogramme, u.a. mit Musik, sowie einen ausführlichen, unter der Leitung von Emma Lavigne gestalteten, rund 150 Seiten starken Katalog für 45 Euro an. Angesichts der zu erwartenden Besucherzahl gilt es, Reservierungen vorzunehmen. Die „Bourse“ ist täglich von 11 bis19 Uhr geöffnet. Dienstags ist sie geschlossen.
De Maart
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