Nachdem im Juli der Betrugsskandal bei der Caritas aufgeflogen war, wurde zwei Monate später eine Nachfolgeorganisation ins Leben gerufen. „Hëllef um Terrain“ (HUT) wurde von einem Netzwerk aus Angehörigen der konservativ-liberalen lokalen Bourgeoisie (siehe Grafik) gegründet. Ein Teil dieser Gruppe war schon nach der Trennung der Kirche vom Staat im Jahr 2015 maßgeblich an der Restrukturierung traditioneller katholischer Institutionen beteiligt – etwa am Verkauf der Verlagshauses Saint-Paul (Herausgeber des Luxemburger Wort) an das flämische Medienkonzern Mediahuis, an der Zusammenlegung der Kongregationsspitäler zu dem Krankenhausunternehmen Hôpitaux Robert Schuman oder beim Umbau des Erzbistums selbst mit seinen Immobiliengesellschaften (Lafayette SA, Maria Rheinsheim SA, Carrefour SA). Auch die Gründung der Stiftung Sainte-Irmine im Jahr 2012, deren Ziel nicht nur die Förderung des pastoralen Bereichs (Seelsorge) der Kirche ist, sondern zunehmend auch die Unterstützung humanitärer Projekte etwa im Bereich der Flüchtlingshilfe, geht auf einen Teil dieser Gruppe zurück.
In letzterer Hinsicht bestehen durchaus Überschneidungen mit der Caritas Luxemburg. Allerdings ist die Fondation Sainte-Irmine wesentlich überschaubarer, der Kirche ideologisch näher steht als die in den letzten Jahren zusehends politischer gewordene Caritas und Kardinal Jean-Claude Hollerichs (und Papst Franziskus’) jesuitischen Vorstellung von Diakonie entspricht. Mitte September sagte Hollerich der Revue: „Die Caritas war eine äußerst professionelle Organisation, die sehr viel Gutes getan hat. Allerdings war ihr Schaffen nicht direkt mit der Glaubensgemeinschaft verbunden.“ Bei der Fondation Sainte-Irmine, die künftig auf einen Teil der Spenden und Vermächtnisse hoffen kann, die zuvor an die Caritas gingen, ist das anders. Genau wie HUT verzichtet sie auf ein politisches Plädoyer.
Unklare Kommunikation über die Neugründung
Dem Wort sagte Jean-Claude Hollerich Ende September: „Ich bin erst sehr spät von Herrn Billon kontaktiert worden. Niemand hat uns in die Pläne eingeweiht, außer ganz am Ende.“ Diese Aussage widerlegte Generalvikar Léo Wagener teilweise am 12. März im parlamentarischen Sonderausschuss Caritas. Dort berichtete er den Abgeordneten, dass im August 2024 die Gründung einer neuen Einheit namens „Caritas Newco“ im Raum gestanden habe, die die Tätigkeiten der Caritas übernehmen sollte. Wer die Schaffung dieser neuen Einheit veranlasst hatte, war nicht zu erfahren.
Dass das Bistum erst am 12. September per Pressemitteilung über die Gründung von HUT erfahren habe, wie Léo Wagener dem Sonderausschuss ebenfalls erzählte, scheint angesichts der engen Verbindungen, die das Bistum zu den Gründern von HUT hat, unwahrscheinlich. Der Generalökonom des Bistums, Marc Wagener, Enkel des früheren DP-Abgeordneten Émile Hamilius und des langjährigen Paul-Wurth-Direktors Joseph Wagener sowie Neffe des ehemaligen DP-Ministers Jean Hamilius, sitzt zusammen mit dem HUT-Mitbegründer Pit Hentgen in Verwaltungsräten mehrerer kirchlicher Immobiliengesellschaften. Auch zu CSV-Premierminister Luc Frieden pflegen manche Gründungsmitglieder von HUT enge Beziehungen, sodass es genauso unwahrscheinlich ist, dass Frieden nicht – zumindest informell – in die Neugründung der Caritas-Nachfolgeorganisation eingebunden war.
PWC mischt bei HUT mit
Verglichen mit der Umstrukturierung anderer katholischer Institutionen des einstigen CSV-Staats ist an HUT vielleicht neu, dass das multinationale Wirtschaftsprüfungsunternehmen PricewaterhouseCoopers (PWC) aktiv daran beteiligt war. Als „Architektin“ der neuen Einheit „Hëllef um Terrain“ gilt Tiphaine Gruny, Partnerin bei PWC Luxemburg, Tochter der konservativen französischen Senatorin (Département Aisne) Pascale Gruny (Les Républicains) und Schwiegertochter von HUT-Mitbegründer Paul Mousel.
Tiphaine Gruny ist bei PWC auf die Prüfung internationaler und lokaler Vereinigungen, öffentlicher Einrichtungen, Verbände und Stiftungen sowie von alternativen Strukturen spezialisiert. Sie ist außerdem Co-Leiterin der Gesundheitsbranche bei dem Wirtschaftsprüfungsunternehmen, das sich im sozialen und Nichtregierungs-Sektor neue Geschäftsfelder erschließt.
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De Maart

HUT ist kaum eine ASBL. Ich glaube eher an ein Skandal.
HUT eine Asbl? kaum zu glauben.