Seit ein paar Fotografen und Journalisten das Andenken an Edward Steichen vor vielen Jahren aufgegriffen haben und sich mehrere Institutionen (CNA, MNHA, Stadt Luxemburg, Mudam oder Spuerkeess) in dieser oder jener Form mit dem künstlerischen Erbe des luxemburgisch-amerikanischen Fotografen Edward Steichen auseinandergesetzt haben, ist der Name Steichen hierzulande ein Begriff. 1965 konnte die 1955 zum ersten Mal im New Yorker Museum of Modern Art gezeigte Ausstellung „The Family of Man“, die Luxemburg 1964 als Geschenk von der amerikanischen Regierung auf Steichens Anregung hin erhalten hatte, im Staatsmuseum präsentiert werden. Die mittlerweile restaurierte Sammlung hat seit 1994 ihren festen Platz im Schloss von Clerf. 2025 wird die Ausstellung 70 Jahre alt. Ein Konferenzzyklus soll daran erinnern.

Ist der Name Edward Steichen vor allem mit dem – für die Restauration der in den 50er-Jahren zusammengestellten, weltweit bekannten Fotoausstellung „The Family of Man“ zuständigen – CNA (Nationales Institut für Bild und Ton) verbunden, so sind die „Steichen Collections“ mittlerweile zu einem nationalen Anliegen und Kulturgut geworden. Über den 1879 in Luxemburg geborenen und 1973 in den USA verstorbenen Fotografen, Maler, Blumenzüchter und zeitweise in der US-Army dienenden Steichen ist viel recherchiert, geschrieben und publiziert worden. 2029 wird bestimmt ein interessantes Jubiläumsjahr zu seinen Ehren. Der für die Pflege des Steichen-Erbes im Kulturministerium zuständige Beauftragte Paul Lesch wird wohl ein gediegenes Programm in Luxemburg zusammenstellen, umso mehr da trotz bisheriger Forschung dies- und jenseits des großen Teichs immer wieder neue Facetten des intensiven Lebens von Steichen entdeckt werden.
Steichen unterschiedlich präsentiert
Aktuell zeigt das Mudam die Expo der Lisa Oppenheim, die sich mit Steichens Vorliebe für Blumen auf ihre Weise fotografisch auseinandergesetzt hat (s. „T“ vom 20.2.2025), derweil in der Galerie Nosbaum Reding die Expo „Echo (After Steichen)“ von JKB Fletcher in seinen Malereien „Fotografie-Techniken“ eingesetzt hat (siehe Tageblatt vom 6. Februar 2025) und die Steichen-Stiftung den nach ihm bekannten „Award“ regelmäßig in den Fokus rückt. Fotos von Steichen sind im MNAHA und im „Espace Steichen“ der Spuerkeess zu sehen, doch geht es heute bei der 70-Jahre-Feier darum, die Schau „The Family of Man“ in Clerf näher zu beleuchten.
Paul Lesch hat sich ausgiebig mit der Geschichte der Sammlung auseinandergesetzt. Diese umfasste bei ihrer Erstausstellung in New York 503 Fotografien von 273 Fotografen aus 68 Ländern. Sie geriet zu einer bedeutenden Wanderausstellung in mehreren Ländern (über 10 Millionen Besucher), wurde teils auseinandergerissen und musste, nachdem sich das CNA dieser angenommen hatte, in den Jahren 1989-1991 restauriert werden. Ab 1994 zog sie im Schloss von Clerf ein und wurde 2003 in die Unesco-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Sie versteht sich als „Manifest für den Frieden“, hier durch die „humanistische Fotografie der Nachkriegszeit“ ausgedrückt. Unter den Fotografen befinden sich bekannte Namen wie Robert Capa, Henri Cartier-Bresson, August Sander, Ansel Adams oder Wayne Miller, um nur diese zu nennen.

Experten haben diese von Steichen und seinen Helfern in den Jahren 1951-1955 zusammengetragene Sammlung in allen Einzelheiten analysiert, die recht unterschiedlichen Lichtbilder in ihren Kontext gesetzt, die Grundgedanken des Autors dargelegt, wobei dieser selbstredend nicht nur „The Family of Man“ in Szene gesetzt hat. Eine weitere bedeutende Expo von ihm, „The Bitter Years“, war jahrelang im Waassertuerm-Pomhouse in Düdelingen zu sehen, ist derzeit aber abgebaut.
Wenn von „Humanismus“ im Zusammenhang mit „The Family of Man“ die Rede geht, sei der Duden zitiert: „Humanismus ist Denken und Handeln im Bewusstsein der Würde des Menschen.“ Diese Würde wird im übrigen auch in Artikel 1 der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ unmissverständlich angemahnt und hat universellen Charakter. Diese Grundeinstellung war für Steichen eine Herzensangelegenheit, hatte er doch in seinem Leben und im Kriegsgeschehen allzu viel „Unmenschliches“ und viele „Ungerechtigkeiten“ sowie soziale Misere in vielen Ländern erfahren. Seine „Menschen-Familie“ umfasst eindrucksvolle Porträts, einige Bilder greifen auch Kriegsgeschehen, etwa die Bombe von Hiroshima, direkt auf, doch meist spielen sie indirekt darauf an. Die Expo dokumentiert auch menschliche Einzelschicksale mit einprägsamen Ansichten.
„Ode an den Humanismus“ im Cercle Cité
Über Ursprung und Erfolg dieser Ausstellung weiß Paul Lesch eine Menge zu erzählen, ihm geht es darum, den Menschen Edward Steichen, aber vor allem die den tief empfundenen Humanismus ausstrahlende Sammlung „The Family of Man“ hervorzuheben. Um 70 Jahre „Family of Man“ – die neu aufgemacht in Clerf zu sehen ist – zu feiern, hat Lesch seinen Konferenzzyklus in vier Themen unterteilt und passende Konferenzorte ausgesucht.
Angefangen hat die Reihe am 1. März im Schloss von Clerf mit einer „Ode an den Humanismus“. Diese Ode wurde auch gestern im Resistenz-Museum in Esch/Alzette vorgetragen und der nächste gleichnamige Abend wird am 27. März im Cercle Cité in Luxemburg-Stadt sein.
Mehr Infos?
Details zu Sammlungen und Konferenzen auf steichencollections.lu.
Ab dem 30. April geht es dann weiter mit „Steichen und sein Engagement während den Kriegen“, erneut in Esch/Alzette sowie in Clerf und in Luxemburg-Stadt. Um Steichen als „Meister des Star-Porträts“ geht es am 21. Mai im Cercle Cité (später auch in der Konschthal und im Cube 521), derweil die Reihe mit drei Konferenzen, in denen „Steichen méconnu“ an den gleichen Orten vorgestellt wird, abgerundet wird. Die Vorträge wechseln sich in drei Sprachen ab. Interessenten sollten sich besser auf der Webseite steichencollections.lu über die jeweiligen Einzelheiten informieren.
Die Schau in Clerf hat bislang viele Besucher aus dem In- und Ausland angezogen. Der Konferenzzyklus „70 Jahre The Family of Man“, der sich bis Dezember 2025 hinzieht, soll Edward Steichen besser bekannt machen und in Vorbereitung auf sein Jubiläumsjahr 2029 ein weiterer Anreiz zu einer Visite in Clerf sein.
De Maart
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