Fangen wir mit den schockierenden Fakten an: Die Zahl der Frauen, die in bewaffneten Konflikten ums Leben gekommen sind, hat sich seit 2022 verdoppelt. Nun werden Sie vielleicht einwenden: Gaza, Libanon, Ukraine, Sudan, wir leben in Zeiten, die kriegerischer, ja, tödlicher sind als zuvor. Die Zahl der bewaffneten Konflikte hat zugenommen. Und wo mehr Krieg ist, sterben mehr Menschen. Ist alles richtig, lässt aber trotzdem einen ganz entscheidenden Aspekt außer Acht: Gewalt, auch und vor allem in bewaffneten Konflikten, hat immer eine geschlechterspezifische Dimension.
Dort, wo Gewalt herrscht, trifft sie besonders stark die vulnerabelsten Teile der Gesellschaft. Frauen, Kinder, Minderheiten. In jüngster Zeit haben Vergewaltigung und sexualisierte Gewalt als Kriegswaffe eine traurige Renaissance erlebt, in der Ukraine, in Israel. Auch hier sind die Zahlen gestiegen. „Alle Konflikte haben eine disproportionale Auswirkung auf Frauenrechte“, sagt Yuriko Backes. Die DP-Politikerin steht an diesem Freitagmittag in doppelter Funktion im Empfangssaal des „Bâtiment Mansfeld“ – als Verteidigungsministerin und als Ministerin für Gleichberechtigung. Zum zweiten Mal gibt sich Luxemburg einen nationalen Aktionsplan „Frauen, Frieden und Sicherheit“.
Feministische Außenpolitik
Hinter diesem poetischen Titel verbirgt sich die nationale Umsetzung der UN-Resolution 1325, die in diesem Jahr 25 Jahre alt wird. Damals, im Jahr 2000, forderte der UN-Sicherheitsrat alle Parteien bewaffneter Konflikte auf, Frauen und Mädchen vor geschlechtsspezifischer Gewalt zu schützen. Ein Meilenstein in der Anerkennung der besonderen Position von Frauen und Mädchen in Kriegen und Konflikten.
Andererseits, und das ist die zweite große Säule der Resolution, ging es dem Sicherheitsrat damals auch darum, Kriege und Konflikte zu lösen, indem viel mehr Frauen als bis dahin üblich an Friedensgesprächen beteiligt werden sollten. Eine Forderung, die in den folgenden Jahren zentral für das Konzept der sogenannten „feministischen Außenpolitik“ werden sollte. Der Fokus verschiebt sich in der Verteidigungspolitik von rein militärischem Denken auf den Schutz und die Rechte von besonders vulnerablen und marginalisierten Gruppen.
Auch wenn im Koalitionsvertrag der aktuellen CSV-DP-Regierung – anders als zu „Gambia“-Zeiten – das Stichwort „feministische Außenpolitik“ nicht mehr im Text auftaucht, erfüllt das, was Yuriko Backes an diesem Freitag präsentiert, alle Erfordernisse. Frauen seien als Opfer besonders von Kriegen betroffen, so die Ministerin. Deshalb bedürften sie spezifischen Schutzes. Gleichzeitig, sagt Backes, brauche es für nachhaltigen und gerechten Frieden auch mehr Frauen in Verhandlungspositionen. Konfliktlösung „von Männern und Frauen, für Männer und Frauen“, wie es die Ministerin ausdrückt. Doch auch in diesem Bereich sind die Zahlen rückläufig. Frauen sind mit weniger als zehn Prozent an internationalen Verhandlungstischen beteiligt. „Ein dramatisches Tief“, sagt Backes.

Diskussionsrunde (v.l.): Botschafterin Fleur Thomas, General Steve Thull und Claire Schadeck vom CID Fraen an Gender Foto: Editpress/Alain Rischard
Das war auch schon anders. In der auf Backes’ Präsentation folgenden Diskussionsrunde erinnert Fleur Thomas, die britische Botschafterin in Luxemburg, an ein historisches Beispiel aus der Zeit des Nordirlandkonflikts, die Northern Ireland Women’s Coalition (NIWC). Eine religiös gemischte Gruppe katholischer und protestantischer Frauen, deren Teilhabe an den Verhandlungen das Karfreitagsabkommen mitprägte. „Ohne diese Frauen wäre das anders gelaufen“, sagt Thomas heute.
Der luxemburgische Plan der Gegenwart besteht aus vier Säulen: Partizipation, Prävention, Protektion und Promotion. Darin vorgesehen sind u.a. eine obligatorische Fortbildung aller Mitarbeiter von Armee und Verteidigung zur Genderthematik, ein sogenannter „Gender Advisor“ als Berater für den Verteidigungsapparat sowie eine Null-Toleranz-Charta für die Armee. „Es gibt weder in der Armee noch sonst wo Platz für Gewalt oder Belästigungen“, so Backes. Das große Ziel der Verteidigungsministerin ist jedoch: mehr Frauen für die luxemburgische Armee. Aktuell liegt deren Anteil noch bei zehn Prozent. In der Podiumsdiskussion führt Armee-Chef Steve Thull das Nachbarland Frankreich ein, das mit 17 Prozent Frauenquote die Armee mit den viertmeisten Frauen bildet. Großbritannien habe sich für 2030 ein Ziel von 30 Prozent gesetzt, so Botschafterin Thomas. Sie erinnert daran: Wer einige Frauen in Führungspositionen möchte, braucht viele Frauen im Berufseinstieg.
Mehr Perspektiven, bessere Lösungen
Für Luxemburg wäre solch ein 30-Prozent-Ziel zu ambitioniert, sagt Thull. Der General zieht insgesamt eine positive Bilanz der bisherigen „Feminisation der Armee“. „Es ist absolut keine Barriere da“, sagt Thull. Frauen in leitenden Funktionen bräuchten Zeit, „dann kommt das ganz natürlich“. Thull zeigt sich in Sachen Frauen und Verteidigung ganz pragmatisch: Globale Probleme bräuchten globale Lösungsansätze. Und je mehr Perspektiven mit einfließen, desto besser werden die Lösungen. Bei der Armee arbeiten heute mehr Frauen als früher, sie sind sichtbarer geworden. Der General merkt aber auch an: Während die Zahl der Frauen in zivilen Posten gestiegen ist, gibt es weniger Soldatinnen. „Das hat was mit der Situation draußen zu tun“, sagt Thull. Fördern kriegerische Zeiten am Ende doch traditionellere Rollenverteilungen?
In der Diskussionsrunde im Verteidigungsministerium stellt Claire Schadeck, Projektleiterin beim CID Fraen an Gender, neben der Armee auch die Rolle der Zivilgesellschaft beim Thema sexualisierte Gewalt in den Fokus. Schadeck begrüßt den Aktionsplan, weil darin die Verantwortung der einzelnen Ministerien für bestimmte Teilaufgaben klar festgelegt seien – und so kritisch kontrolliert werden könnten. Sie endet mit einer wichtigen Einordnung, die über den aktuellen Plan hinausreicht: Sexualisierte Gewalt in bewaffneten Konflikten gibt es, weil es sie im Alltag gibt. Wer das Problem bekämpfen will, muss an die Wurzel ran. Ministerin Backes und ihr Team arbeiten zurzeit an einem Aktionsplan gegen geschlechterspezifische Gewalt.
De Maart

Wow, nun ist wirklich nicht die Zeit, die Armee durch sinnfreie Ideologie weiter zu schwächen und Steuergelder in solchem Umfang zu verschwenden. Auch der Widerspruch in der Logik des Artikels sagt schon alles... "...trifft sie besonders stark die vulnerabelsten Teile der Gesellschaft. Frauen, Kinder, Minderheiten. ", sprich nur weiße Männer sind nicht vulnerabel und nicht schützenswert, also Kannonenfutter. Aber ja klar, lasst und nun mehr Frauen in die Armee bringen, aber bitte wieder nur in Führungspositionen, also mindesten General muss es schon sein, bloss nicht an die Front, das wäre dann zuviel Gleichberechtigung, man ist ja vulnerabel...
Dann gehen sie doch schon mal mit gutem Beispiel vor, Frau Backes. Wo die Flinten zu finden sind wissen sie ja.
ëch perséinlëch së nët fiir eng Arméi, weder fiir Männer nach fiir Frâën
well eng Arméi gët ausgebild fiir an een eventuelle Krich den eventuel op ons lauert
mä ee Krich soll een nët schüren, ët soll een de Fridden als Ziil gesin a nët ëmgedréint
Psychologische Kriegsführung sag ich nur. Das zermürbt den besten Soldaten. Aber dafür müsste es dann auch einen Waffenschein geben.